YORP-Effekt erstmals beobachtet
Redaktion / MPG
astronews.com
8. März 2007
Ein internationales Wissenschaftlerteam hat erstmals einen
Asteroiden beobachtet, der seine Rotationsgeschwindigkeit ändert. Der Asteroid
2000 PH5 rotiert jedes Jahr eine Millisekunde schneller. Ein solches Phänomen -
der Yarkovsky-O’Keefe-Radzievskii-Paddack, kurz YORP-Effekt - war schon seit
Längerem theoretisch vorhergesagt, bisher aber noch nie beobachtet worden.

Das Forschungsobjekt der Astronomen - der Asteroid 2000
PH5, aufgenommen mit dem 3,5-Meter Teleskop im spanischen Calar
Alto. Bild: MPG / Stephen C. Lowry |
Europäischen und amerikanischen Wissenschaftlern ist es gelungen, den
YORP-Effekt erstmals direkt zu beobachten. Dieser
Yarkovsky-O’Keefe-Radzievskii-Paddack (YORP) - Effekt bestimmt die Art und Weise
wie kleine Körper im Sonnensystem, etwa Meteoriten oder Asteroiden, rotieren.
Der Effekt beruht auf dem Sonnenlicht, das die Oberfläche von Asteroiden und
Meteoriten trifft und deren Oberfläche erwärmt. Wenn diese die Wärme wieder
abstrahlen führt das zu einem leichten Rückstoßeffekt, der Körper erhält ein
Drehmoment und ändert seine Rotationsbewegung. Im Prinzip funktioniert so etwas
auch auf der Erde: Wenn man lange genug Licht auf ein Windrad strahlen ließe,
würde dieses irgendwann anfangen sich zu drehen.
Obwohl der YORP-Effekt eine sehr schwache und kaum zu messende Kraft ist,
könnte er die Ursache sein, dass manche Asteroiden so schnell rotieren, dass sie
auseinanderbrechen. Andere Asteroiden können durch den Effekt sogar abgebremst
werden, so dass es mehrere Tage dauert bis sie sich ein einziges Mal um ihre
Achse gedreht haben. Der YORP-Effekt spielt auch eine wichtige Rolle bei der
Beschreibung der Umlaufbahn von Asteroiden. Trotz dieser wichtigen Bedeutung
konnte bis jetzt noch nie aktiv beobachtet werden, wie der YORP-Effekt
tatsächlich auf einen bestimmten Asteroiden im Sonnensystem wirkt.
Dies gelang nun dem Wissenschaftlerteam, indem es mehrere leistungsfähige
optische und Radar-Teleskope kombinierte. Denn kurz nach der Entdeckung des
Asteroiden 2000 PH5 im Jahr 2000 wurde den Forschern klar, dass er ein idealer
Kandidat für einen Asterioden mit YORP-Effekt wäre. Mit seinem Durchmesser von
nur 114 Metern war er ziemlich schmal und deshalb anfällig für den Effekt.
Außerdem rotierte er ziemlich schnell - eine Umdrehung des Asteroiden dauert nur
12 Minuten - der YORP-Effekt musste also bereits seit einer ganzen Weile gewirkt
haben. Das Team begann daraufhin mit Langzeitbeobachtungen des Asteroiden,
um eine Änderung der Rotationsgeschwindigkeit feststellen zu können.
Über einen Zeitraum von vier Jahren nahmen die Forscher Bilder des
Asteroiden auf. Sie benutzten dafür ein breites Spektrum an optischen
Teleskopen, darunter das 8.2-Meter Very Large Telescope Array und das
3,5-Meter New Technology Telescope der Europäischen Südsternwarte in
Chile, das 3,5-Meter Teleskop im spanischen Calar Alto und einige weitere in
Tschechien, den Kanaren, Hawaii, Spanien und Chile. Besonders interessierten sie
die leichten Helligkeitsunterschiede, die durch die Rotation des Asteroiden
entstehen.
Gleichzeitig kümmerte sich die Radar-Gruppe am Arecibo Observatorium in
Puerto Rico und am kalifornischen Goldstone Observatorium um den Asteroiden. Sie
schickte Radarpulse zu 2000 PH5 und analysierten die Echos. Mit dieser Technik
konnten die Astronomen ein dreidimensionales Bild des Asteroiden konstruieren
und schließlich einen YORP-Effekt-Wert berechnen, den sie mit den Daten aus den
Messungen der optischen Teleskope verglichen.
Die sorgfältige Analyse der Daten brachte die Gewissheit: Die
Rotationsgeschwindigkeit des Asteroiden nahm zu, und zwar in einem Ausmaß, der
durch den YORP-Effekt erklärt werden kann. Schon nach einem Jahr drehte sich der
Asteroid eine Millisekunde schneller. Um vorherzusagen, wie sich der Asteroid
weiter verhalten wird, führten die Wissenschaftler Computersimulationen durch.
Wenn 2000 PH5 seine Umlaufbahn um die Sonne beibehält, könnte er eines Tages
seine Umlaufdauer auf 20 Sekunden verringern, und sich somit schneller drehen
als jedes andere bekannte Objekt im Sonnensystem. Bis es so weit ist, muss allerdings
noch etwas Zeit vergehen - und zwar 35 Millionen Jahre.
Die Astronomen aus den USA und Europa - darunter auch Hermann Boehnhardt vom
Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung - berichten über ihre
Beobachtungen und Resultate in der heute erscheinenden Ausgabe des
Wissenschaftsmagazins Science.
|