Überraschende Entdeckung im Marsuntergrund
Redaktion / ESA
astronews.com
14. Dezember 2006
An Bord der europäischen Marssonde Mars Express
befindet sich mit dem Radargerät MARSIS ein Instrument, mit dessen Hilfe auch
der Untergrund des roten Planeten untersucht werden kann. Dort spürte das Radar
nun Überraschendes auf: Unter der glatten Oberfläche verbergen sich alte
Einschlagkrater und deutlich rauerer Untergrund. Marsforscher sind begeistert
und sprechen von einzigartigen neuen Erkenntnissen.
Projektion der MARSIS-Ergebnisse auf die Marsoberfläche. Der
Ausschnitt zeigt ein Radarecho, das auf einen unterirdischen
Krater hindeutet.
Foto:
ESA / ASI / NASA /Univ. of Rome / JPL / Smithsonian [Großansicht] |
Die Beobachtungen von MARSIS, dem ersten Radargerät, das für
Bodensondierungen zur Erforschung eines Planeten eingesetzt wird, geben Grund zu
der Annahme, dass sich unter den glatten, flachen Ebenen der nördlichen
Marshalbkugel alte Einschlagkrater befinden. Die Technik von MARSIS nutzt die
Echos von Funkwellen, die die Marsoberfläche durchdringen.
MARSIS erbrachte den Beweis, dass diese verschütteten Einschlagkrater mit
einem Durchmesser von 130 bis 470 Kilometern fast überall in den Bodenschichten
des nördlichen Flachlandes zu finden sind. Die Forschungsergebnisse werden in
der heutigen Ausgabe der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht.
MARSIS "verleiht einem geradezu einen Röntgenblick", erläutert Thomas R.
Watters vom Zentrum für Erd- und Planetenforschung des Nationalmuseums für Luft-
und Raumfahrt in Washington und Hauptverfasser der Ergebnisse. "Neben den bisher
unbekannten Einschlagbecken konnten wir zudem bestätigen, dass einige der
flachen, annähernd runden topographischen Senken in den Ebenen ebenfalls auf
Einschläge zurückgehen."
Studien über die Entwicklung des Mars helfen, die frühe Erdgeschichte besser
zu verstehen. Einige der Kräfte, die vor mehreren Milliarden Jahren wirkten,
sind auf der Erde schwieriger nachzuweisen, weil ihre Spuren durch Tektonik und
Erosion ausgelöscht wurden.
Dank dieser neuen Forschungsergebnisse verstehen die Planetenforscher eines
der größten Rätsel der geologischen Entwicklungsgeschichte des Mars besser. Im
Gegensatz zur Erde weist der Mars beachtliche Unterschiede zwischen seiner Nord-
und seiner Südhalbkugel auf. Während fast die gesamte südliche Hemisphäre von
rauen, stark zerklüfteten Bergen geprägt ist, ist die Oberfläche der
Nordhalbkugel wesentlich flacher und glatter.
Da praktisch überall auf einem Planeten Einschläge auftreten können, die
Krater hinterlassen, wird die Oberfläche von Gegenden mit weniger
Einschlagkratern im Allgemeinen als jünger angesehen, da man davon ausgeht, dass
geologische Vorgänge die Einschlagsnarben verwischt haben. Die Oberfläche der
Nordebenen des Mars ist jung, glatt und mit großen Mengen vulkanischem Lava- und
Schichtgestein bedeckt. Die neuen MARSIS-Daten weisen jedoch darauf hin, dass
die darunter liegende Kruste sehr alt ist.
"Die Zahl der verschütteten Einschlagkrater mit einem Durchmesser von über
200 Kilometer, die wir dank MARSIS entdeckt haben, deutet darauf hin, dass die
darunter liegende Kruste extrem alt sein muss und auf das Frühe Noachian
zurückgeht, das von der Geburt des Planeten bis zum Zeitalter von vor vier
Milliarden Jahren reichte", so Jeffrey Plaut, MARSIS-Co-Hauptexperimentator vom
Jet Propulsion Laboratory der NASA in Kalifornien. Während des Frühen
Noachians war die Einschlagsaktivität im gesamten Sonnensystem sehr hoch.
Die Ergebnisse lassen vermuten, dass die Kruste der Nordebenen so alt ist,
wie die älteste Kruste an der Bergoberfläche im Süden des Planeten, die
ebenfalls auf das Noachian zurückgeht. Die Unterschiede zwischen der Nord- und
der Südhalbkugel bildeten sich wahrscheinlich sehr früh in der Geschichte des
Mars heraus.
"Diese Ergebnisse sind wirklich äußerst interessant und einzigartig", meint
auch MARSIS-Hauptexperimentator Prof. Giovanni Picardi von der
La-Sapienza-Universität in Rom. "Mit seiner Analyse der Oberflächen- und der
Untergrundstruktur leistet MARSIS einen Beitrag zum Verständnis der
Marsgeologie. Außerdem erhalten wir durch eine detaillierte Analyse der Daten
wertvolle Informationen über die Zusammensetzung der Marsmaterie."
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