Rundflug über das Marsgesicht
Redaktion / DLR
astronews.com
24. Oktober 2006
Vor einem Monat präsentierte die ESA detaillierte Bilder des
so genannten Marsgesichts, das dank der Aufnahmen der Viking 1-Sonde vor
rund 30 Jahren zweifelhafte Berühmtheit erlangte. Aus dem neuen Datenmaterial
und Bildern der NASA-Sonde Mars Global Surveyor errechneten die
Wissenschaftler einen Kurzfilm, der einen Rundflug um das Marsgesicht simuliert
und eindrucksvolle Ansichten dieses Inselbergs bietet.

3D-Animation des "Marsgesichts" aus Stereo-Farbbilddaten der
HRSC-Kamera und Schwarz-Weiß-Bildern der Mars Global
Surveyor-Kamera (MOC) (Videoausschnitt). Bild/Video: ESA
/ DLR /FU Berlin (G. Neukum) / MSSS |
Vor Kurzem wurden Bilder vom berühmten, so genannten Marsgesicht in der Cydonia-Region veröffentlicht, die mit der vom Deutschen Zentrum für Luft- und
Raumfahrt betriebenen High Resolution Stereo Camera (HRSC) auf der
ESA-Raumsonde Mars Express aufgenommen wurden. Die Aufnahmen der HRSC
zählen zu den spektakulärsten Bildern, seit die Kamera vor beinahe drei Jahren
auf Mars Express in Betrieb genommen wurde. Auf der Grundlage der
HRSC-3D-Bilddaten wurde vom HRSC-Wissenschaftsteam nun eine Animation erstellt,
die einen Rundflug um den Inselberg simuliert und eine Vielzahl von Ansichten
des vermeintlichen Marsgesichts bietet.
Der Kurzfilm wurde durch eine Kombination von Datensätzen zweier Kamerasysteme
erzeugt – zum einen aus Stereo-Farbbilddaten der HRSC auf Mars Express
vom 22. Juli 2006, und zum anderen aus hochauflösenden Schwarz-Weiß-Bildern der
Mars Global Surveyor-Kamera (MOC) auf der NASA-Marssonde Global
Surveyor aus dem Jahr 1998. Dabei wurden die MOC-Bilddaten, die keine
Höheninformation enthalten, geographisch ganz genau über ein vom DLR erzeugtes
digitales Geländemodell der Cydonia-Region gelegt. Daraus konnte dann eine
perspektivische Ansicht des ominösen Inselberges erzeugt werden, die im Computer
zu bewegten Bildern animiert wurde. Die 3D-Animation beginnt mit einem Blick in
Richtung Osten und endet mit einem nach Süden blickenden Standbild.
Die Cydonia-Region befindet sich etwa bei 41 Grad nördlicher Breite und 350 Grad
östlicher Länge in einer Umgebung namens Arabia Terra. Das Gebiet markiert die
Übergangszone zwischen dem südlichen Marshochland und den Tiefebenen der
nördlichen Hemisphäre.
Das sogenannte Marsgesicht – das nichts anderes ist als ein von der Erosion
verschonter Restberg – wurde erstmals in einer Aufnahme der amerikanischen
Viking 1-Sonde am 25. Juli 1976 aufgenommen. Die NASA veröffentlichte das
Bild wenige Tage später und schrieb im Begleittext, der Berg "ähnle einem
menschlichen Kopf." Wissenschaftler der NASA erklärten diesen visuellen Eindruck
umgehend als eine optische Täuschung, die durch den niedrigen Sonnenstand
hervorgerufen wurde: Die Form der Erhebungen auf dem Inselberg und die dadurch
erzeugten Schatten schienen der etwa drei Kilometer langen Formation Augen, eine
Nase und einen Mund verliehen zu haben.
Phantasievolle Interessierte interpretieren diese Erhebung seit drei Jahrzehnten
hartnäckig als ein von einer fortschrittlichen Zivilisation erstelltes Objekt.
Aber auch die HRSC-Aufnahmen von diesem Sommer belegen, dass es sich bei dem
Berg in der Cydonia-Region um eine natürliche, von der Erosion gestaltete
Formation handelt.
Das Kameraexperiment HRSC auf der Mission Mars Express der Europäischen
Weltraumorganisation ESA wird vom Principal Investigator Prof. Dr. Gerhard Neukum (Freie Universität Berlin) geleitet. Das Wissenschaftsteam besteht aus 45
Co-Investigatoren aus 32 Instituten und zehn Nationen. Die Kamera wurde am
Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR) entwickelt und in Kooperation mit
industriellen Partnern gebaut. Sie wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof
in Zusammenarbeit mit ESA/ESOC betrieben.
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