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SUPERNOVAE
Eine äußerst merkwürdige Sternenexplosion
von Hans Zekl
für astronews.com
25. September 2006

Bestimmte Supernova-Explosionen dienen Astronomen als sogenannte Standardkerzen, mit denen sie Entfernungen im Weltall relativ genau ermitteln können. Das dachten sie zumindest: Jetzt lässt eine ungewöhnliche Supernova bei Wissenschaftlern den Verdacht aufkommen, dass sich einige doch anderes verhalten als angenommen.

SNLS-03D3bb

Die Supernova wurde in vier Milliarden Lichtjahren Entfernung in einer kleinen, noch jungen Galaxie entdeckt. Das obere Bild zeigt die Sternexplosion während der maximalen Helligkeit. Fotos: Berkeley Lab

SNLS-03D3bb

Manche Sterne sterben einen gewaltsamen Tod. Dabei sieht alles vor der finalen Katastrophe zunächst noch friedlich aus: Im Zentrum erlischt das atomare Feuer und der Stern verwandelt sich in einen Weißer Zwerg, der rund 60 Prozent der Sonnenmasse besitzt. Zuvor hat er seine äußere Hülle in Form eines kräftigen Sternwindes abgestoßen, so dass der nackte Kern aus Sauerstoff und Kohlenstoff übrig bleibt. Auch unsere Sonnen wird eines Tages so enden.

Doch während unsere Sonne als Einzelnstern so friedlich ihr nukleares Leben beenden wird, kann die Lage anders aussehen, wenn sich ein Weißer Zwerg zusammen mit einem normalen Stern in einem engen Doppelsternsystem befindet. Wenn sein Nachbarstern altert, bläht dieser sich unter Umständen soweit auf, bis seine Hülle in den Einflussbereich der Schwerkraft des erloschenen Sterns gerät. Dieser saugt dann Material ab, wodurch seine Masse langsam aber sicher immer weiter zunimmt. Doch geht dies nur bis zu einem gewissen Moment gut.

Wie schon 1931 der indische Astrophysiker Chandrasekhar erkannt hatte, existiert eine obere Grenze, bei der ein Weißer Zwerg explodiert. Diese Chandrasekhar-Grenze liegt bei der 1,4fachen Sonnenmasse. Bei Erreichen dieses Schwellenwerts werden seine Atome in kürzester Zeit in schwerere Elemente umgewandelt, bis hin zum Nickel. Die freiwerdende Energie reißt den Stern in Stücke. Chandrasekhar erhielt für diese und andere Arbeiten über die Entwicklung der Sterne 1983 den Nobelpreis.

Die auf diese Weise entstehenden Supernovae vom Typ Ia sind so hell, dass sie über Milliarden Lichtjahre hinweg zu sehen sind. Auch ist seit 1993 bekannt, dass man aus dem Helligkeitsverlauf recht genau die Entfernung zur Supernova bestimmen kann. Gerade durch diese Eigenschaft wurde 1998 mit dem Supernova Cosmology Project und vom High-Z Supernova Search Team die beschleunigte Expansion des Universum entdeckt, die einer immer noch geheimnisvollen Dunklen Energie zugeschrieben wird.

Doch jetzt stießen Forscher aus Kanada, Frankreich, Großbritannien und den USA um den Astrophysiker Andy Howell von der University of Toronto in den Daten des SuperNova Legacy Survey (SNLS) auf ein Ereignis, das zeigt, dass das relativ einfache Bild dieser Sternexplosionen nicht ganz stimmt. Wie sie in der aktuellen Ausgabe von Nature berichten, besaß die Supernova SNLS-03D3bb offensichtlich mehr Masse als nach der Chandrasekhar-Grenze erlaubt ist und war doppelt so hell wie üblich.

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"Supernovae vom Typ Ia gelten als verlässliche Entfernungsindikatoren, weil sie alle die gleiche Menge an Brennstoff besitzen – den Kohlenstoff und Sauerstoff eines Weißen Zwergs. Sie explodieren, wenn ihre Masse die Chandrasekhar-Grenze erreicht," verdeutlichte Peter Nugent, Astrophysiker am Berkeley Lab, USA, die Bedeutung dieser Sternexplosionen für die Wissenschaft. Aber trotz ihrer großen Helligkeit dehnt sich die Explosionswolke im Vergleich mit anderen Supernovae ungewöhnlich langsam aus.

Helligkeitsunterschiede können sich durch unterschiedliche Mengen an Kohlenstoff und Sauerstoff ergeben oder auch durch asymmetrische Explosionen. Doch passt keine dieser Erklärungen wirklich zu den seltsamen Daten von SNLS-03D3bb. "Nur wenn wir annehmen, dass die Masse des Vorläuferstern der Supernova 50 Prozent über der Chandrasekhar-Grenze lag, können wir die Helligkeit erklären," berichtete Nugent. "Die Tatsache, dass SNLS-03D3bb über dieser Massengrenze lag, ist wie das Öffnen der Büchse der Pandora."

Aber wie kann das sein? Zwei Möglichkeiten werden von den Forschern vorgeschlagen. Zum einen könnte der Weiße Zwerg extrem schnell rotiert haben. Die Zentrifugalkraft hätte dann der Schwerkraft entgegengewirkt, sodass sich mehr Masse ansammeln konnte. Eine zweite Möglichkeit wäre das Verschmelzen zweier Weißer Zwerge. Solche Ereignisse sollten in jungen Galaxien im frühen Universum häufiger stattgefunden haben als heute. Falls sich dies bewahrheitet, müssen bei der Erforschung der Dunklen Energien Supernovae hinsichtlich von Abweichungen genauer unter die Lupe genommen werden.

Trotz dieser aus der Reihe tanzenden Supernova halten die Wissenschaftler die bisherigen Untersuchungen über die beschleunigte Expansion des Universums für zuverlässig. Allerdings zeigt SNLS-03D3bb, dass man zukünftig bei Entfernungsbestimmungen vorsichtiger sein muss. Ebenso muss die Theorie dieser Sternexplosionen weiter verbessert werden.

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