Keine exotische Materie im Inneren
von Rainer Kayser
30. Juni 2006
Neutronensterne gehören mit zu den exotischsten Objekten,
die man im Weltall finden kann. Doch verbirgt sich in ihrem Inneren auch
wirklich exotische Materie? Genaue Messungen an einem Neutronenstern brachten
nun ein wenig aufregendes Resultat: Das Innere von Neutronensternen besteht aus
Neutronen.
EXO 0748-676 ist ein Teil eines Doppelsternsystems: Durch einen Begleiter wird der Neutronenstern (Bildmitte)
ständig mit Material versorgt. Bild: NASA
/ ESA
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Das Inneren von Neutronensternen besteht aus - Neutronen. Bislang hatten die
Astrophysiker spekuliert, unter dem hohen Druck könnten sich im Zentrum der
Sternenleichen exotische Materiezustände bilden: freie Quarks etwa oder ein so
genanntes Bose-Einstein-Kondensat. Doch die Ergebnisse einer genauen
Vermessung des Neutronensterns EXO 0748-676 durch eine amerikanische
Astrophysikerin widerspricht nun diesen Vorstellungen. Die Größe und die Masse
des Objekts lassen sich nur erklären, wenn es durch und durch aus dicht
gepackten Neutronen besteht, schreibt die Forscherin im Fachblatt Nature.
"Ein Bose-Einstein-Kondensat im Inneren führt auf große Neutronensterne mit
geringen Massen", erklärt Feryal Özel von der University of Arizona in
Tucson, "Quark-Materie auf kleine Neutronensterne mit ebenfalls geringen Massen.
Beides steht im Widerspruch zu Masse und Radius von EXO 0748-676." Denn für
diesen Neutronenstern fand Özel einen Radius von 13,8 Kilometern und die
2,1-fache Masse der Sonne - viel zu viel für die exotischen Modelle.
Neutronensterne entstehen bei der Explosion sehr massereicher Sterne am Ende
ihres Lebens. Während die Explosion die äußeren Teile des Sterns zerfetzt und
ins All hinaus schleudert, kollabiert das Sterneninnere zu einem extrem
kompakten Objekt. In einem solchen Neutronenstern ist die Materie so dicht
gepackt wie in den Atomkernen. Ein Teelöffel Neutronenmaterie würde auf der Erde
mehrere Milliarden Tonnen wiegen.
Die genaue Größe und Masse eines Neutronensterns zu messen, ist schwierig.
Daher sind diese Größen bei den meisten dieser ultrakompakten Objekte nur recht
ungenau bekannt. EXO 0748-676 ist der einzige bekannte Neutronenstern, dessen
Spektrum genügend Details zeigt, um die Rotverschiebung des Lichts durch die
starke Anziehungskraft auf der Oberfläche des Neutronensterns genau zu messen.
Dies ermöglichte Özel - zusammen mit weiteren von den Röntgensatelliten
XMM-Newton und Rossi gelieferten Beobachtungsdaten - die Masse von
EXO 0748-676 mit bislang unerreichter Genauigkeit zu bestimmen.
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