Startschuss für größtes Radioteleskop der Welt
Redaktion / idw / Universität Bonn
astronews.com
8. Mai 2006
Deutsche Astronomen haben einen wichtigen Schritt in
Richtung auf ein neues Großteleskop gemacht: Vor wenigen Tagen haben sie das
Deutsche Konsortium zur Messung langer Radiowellen (GLOW) gegründet. Gemeinsames
Ziel ist der Aufbau eines Netzes aus neuartigen Radioteleskopen. In Verbund mit
weiteren Stationen in den Niederlanden sollen sie das größte Teleskop der Welt
bilden.
LOFAR-Antennen für Radio-Wellenlängen von vier bis zehn Meter.
96 dieser Antennen bilden zusammen mit 96 weiteren für die
Wellenlängen von ein bis drei Meter eine Station. Foto:
ASTRON Dwingeloo/ Niederlande |
Am 3. Mai fand am Astrophysikalischen Institut Potsdam die erste Sitzung des
GLOW-Rates statt. GLOW steht dabei für German Long Wavelength Consortium.
Zum Vorsitzenden wurde Prof. Anton Zensus, Direktor des Max-Planck-Institut für
Radioastronomie Bonn, gewählt, Prof. Marcus Brüggen (Internationale Universität
Bremen) zu seinem Stellvertreter. Mitglieder des Konsortiums sind die
astronomischen Institute der Universitäten Bochum, Bonn und Köln, das
Max-Planck-Institut für Radioastronomie Bonn, die Internationale Universität
Bremen, das Max-Planck-Institut für Astrophysik Garching, die Sternwarte
Hamburg, das Forschungszentrum Jülich, das Astrophysikalische Institut Potsdam
und die Thüringer Landessternwarte Tautenburg.
Gemeinsames Ziel ist der Aufbau von Stationen aus Antennen, die im Verbund
mit weiteren Stationen in den Niederlanden das neue Radioteleskop LOFAR bilden (astronews.com
berichtete). LOFAR ist erstmals in der Lage, langwellige Radiostrahlung von
Wasserstoffgas aus der Frühzeit des Universums zu messen, die durch die
Expansion des Kosmos von ursprünglich 21 Zentimeter auf etwa die zehnfache
Wellenlänge "auseinander gezogen" wurde.
Langwellige Radiostrahlung stammt außerdem von schnellen Elektronen, die sich
in schwachen Magnetfeldern bewegen. Die deutschen Wissenschaftler möchten daher
mit LOFAR auch Magnetfelder in Milchstraßensystemen und in der Umgebung
Schwarzer Löcher beobachten. Planeten in anderen Sonnensystemen können ebenfalls
durch ihre langwellige Radiostrahlung aufgespürt werden. Auch die Radiostrahlung
von Eruptionen auf der Sonne lässt sich mit LOFAR mit einer bislang unerreichten
Präzision verfolgen, wodurch die Forscher hoffen, den Einfluss der Sonne auf
unsere Zivilisation besser zu verstehen.
Die deutschen Wissenschaftler möchten mit LOFAR langwellige Radiostrahlung
aus der Frühzeit des Universums, kosmische Magnetfelder und Jets von Schwarzen
Löchern in Milchstraßensystemen messen. Planeten mit Magnetfeldern in anderen
Sonnensystemen lassen sich durch ihre langwellige Radiostrahlung aufspüren. Die
Radiostrahlung von Eruptionen auf der Sonne lässt sich mit LOFAR mit einer
bislang unerreichten Präzision verfolgen.
Klassische Radioteleskope sammeln - wie die meisten optische Teleskope -
Strahlung mit parabolförmigen Spiegeln. Computergesteuerte Motoren bewegen das
Teleskop dazu entlang der scheinbaren Bahn einer Radioquelle am Himmel. Die neue
Generation von digitalen Radioteleskopen wie LOFAR benötigt dagegen keine
beweglichen Teile und Motoren mehr. Das "Teleskop" besteht aus einer großen Zahl
von Antennen, die fest am Boden montiert und in Stationen (Antennenfeldern)
angeordnet sind. Die Blickrichtung und die Größe des Gesichtsfeldes werden
elektronisch gesteuert. Ein zentraler Supercomputer nimmt die digitalen Signale
aller Dipole auf und kombiniert sie. LOFAR kann in mehrere Richtungen
gleichzeitig "sehen", also mehrere Astronomen-Teams gleichzeitig mit Daten
versorgen.
Das radioastronomische Institut ASTRON bei Dwingeloo in den Niederlanden baut
zur Zeit in Westfriesland die erste von 77 Stationen, die ab 2009, über die
gesamten Niederlande verteilt, das niederländische LOFAR bilden werden. Der
zentrale Computer Blue Gene/L, einer der schnellsten Rechner der Welt, arbeitet
bereits in der Universität von Groningen. Seine Rechenleistung von 27 Teraflops
und der Datenspeicher von 1 Petabyte (1015 Byte) reicht aus, um die
gewaltige Datenrate von 500 Gbit/s, die ständig von den Stationen eingeht, in
Echtzeit zu Radiobildern verarbeiten zu können.
Um mit LOFAR eine Winkelauflösung von einer Bogensekunde und besser zu
erreichen, reicht eine Ausdehnung über die Größe der Niederlande nicht aus.
Daher wurde beschlossen, LOFAR nach Deutschland zu erweitern. Die erste deutsche
LOFAR-Station mit einer Größe von etwa 110 mal 60 Metern wird Ende 2006 in
unmittelbarer Nähe des 100 Meter-Radioteleskops Effelsberg in Zusammenarbeit
zwischen ASTRON und dem Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie
aufgebaut. Weitere sechs deutsche LOFAR-Stationen sind bereits in konkreter
Planung. Das Ziel sind zwölf deutsche Stationen bis zum Jahr 2012. Zusammen mit
den niederländischen Stationen wird LOFAR dann zur größten über Datenleitungen
vernetzten Teleskopanlage der Welt.
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