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PULSARE
Rätselhafte Blitze von Neutronensternen
von Hans Zekl
für astronews.com
20. Dezember 2005

Ein internationales Astronomenteam stieß überraschend auf eine neue Klasse von Pulsaren. Diese senden immer wieder gewaltige, aber kurze Radiopulse aus und sind ansonsten unsichtbar. Innerhalb eines Tages kann man sie daher nur für den Bruchteil einer Sekunde beobachten. Die Forscher tauften die neuen Objekte Rotating Radio Transients kurz RRATs.

Magnetar

Magnetare sind Neutronensterne, deren Magnetfelder das 1.000fache des bei Neutronensternen üblichen Wertes aufweisen. Bild: R. Mallozzi / NASA

Die Entdeckung bereitet den Forschern zur Zeit einiges Kopfzerbrechen, passt sie doch in kein bekanntes Szenario. Die Hinweise auf diese Objekte verbargen sich in den Daten, die das 64-Meter durchmessende Radioteleskop im australischen Parkes zwischen Januar 1998 und Februar 2002 gesammelt hatte. Die Gruppe um Maura A. McLaughlin von der Universität Manchester suchte darin nach Hinweisen auf rotierende Neutronensterne, also Pulsaren, und stieß dabei auf ein Rätsel.

Neutronensterne sind die hochverdichteten Überreste ehemals massereicher Sterne, die als Supernova explodierten. Nur ihr Kern überstand als extrem dichter Himmelskörper die Explosion. Eine Kugel mit etwa 20 Kilometern Durchmesser enthält dabei etwas mehr als die Masse unserer Sonne. Unter diesen Bedingungen zerbrechen die Atome und die elektrisch geladenen Protonen und Elektronen verbinden sich zu neutralen Neutronen. Ein Teelöffel davon würde auf der Erde einige 100 Millionen Tonnen wiegen.

Neutronensterne rotieren sehr schnell. Der bekannteste unter ihnen, der Krebspulsar im Sternbild Stier, dreht sich 33 mal in der Sekunde um seine Achse. Entdeckt wurden sie zufällig, als der englischen Radioastronomin Susan Jocelyn Bell im Jahr 1967 merkwürdige Radioimpulse auffielen, die mit großer Regelmäßigkeit empfangen wurden. Bald war klar, dass dafür rotierende Neutronensterne verantwortlich sind, die ihre Strahlung wie ein Leuchtturm in einem schmalen Bündel abgeben. Jedes Mal, wenn bei der Drehung die Erde beleuchtet wird, blitzt der Pulsar kurz auf.

Doch die jetzt entdeckten Pulsare sind von einer anderen Sorte. Hier gibt es keine offensichtlichen regelmäßigen Pulse. Insgesamt elf Objekte wurden bislang entdeckt und seit August 2003 von den Wissenschaftlern aus Großbritannien, Australien, den USA, Italien und Kanada wiederholt beobachtet. Ihre Pulsdauer beträgt zwei bis 30 Millisekunden.

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Bei zehn der elf Objekte finden sich während der Pulse Anzeichen für eine schnelle Drehung, die darauf hindeuten, dass die Objekte Rotationsperioden von 0,4 bis 7 Sekunden besitzen. Zwischen den Ausbrüchen vergehen im Mittel 4 Minuten bis zu 3 Stunden. Nur während der kurzen Blitze sind die Pulsare überhaupt sichtbar, also pro Tag weniger als eine Sekunde! McLaughlins Team gab diesen sonderbaren Objekten den Namen RRATs – Rotating Radio Transients (rotierende flüchtige Radioquellen).

Die kurze Beobachtungszeit macht ihre Erforschung extrem schwierig. Die Astronomen schätzen, dass noch viele Jahre vergehen werden, bis die wichtigsten Einzelheiten verstanden sind. Sicher ist bislang, dass die RRATs zu den hellsten Radioquellen am Himmel gehören, die während eines Ausbruchs heller als die Sonne strahlen. Auch konzentrieren sie sich wohl in der Ebene der Milchstraße.

Die bekannten Gammastrahlen-Burster dagegen verteilen sich gleichmäßig über den ganzen Himmel. RRATs befinden sich deshalb wohl in unserer Nachbarschaft innerhalb unserer Galaxis. Eine Suche im Röntgen- und Gammabereich nach diesen Pulsaren verlief ergebnislos. Eine grobe Abschätzung zeigt, dass es möglicherweise viermal mehr RRATs als gewöhnliche Pulsare gibt. Nur weil sie so extrem kurz zu beobachten sind, entgingen sie bisher einer Entdeckung.

Über die Ursache der kurzen Blitze wird gegenwärtig noch gerätselt. Aber vermutlich spielen hier starke Magnetfelder eine Rolle. Einer der RRATs zeigt Ähnlichkeiten mit einer anderen besonderen Klasse von Neutronensternen, den Magnetaren, die extrem starke Magnetfelder besitzen. Aber zwei andere ähneln in ihren Rotationseigenschaften eher gewöhnlichen Pulsaren mittleren Alters.

"Zur Zeit haben wir keine Ahnung, wie die Antwort lautet," fasst Robert C. Duncan von der University of Texas die Situation zusammen. Und Joseph Lazio vom Naval Research Laboratory weist darauf hin, dass die Forschung an solch "flüchtigen" Himmelsobjekten noch in den Kinderschuhen steckt. Vielleicht werden mit neuen Teleskopen noch ganz andere im Radiobereich sendende Objekte entdeckt.

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