SHEFEX
Neue Wege beim Hitzeschutz von Raumschiffen
Redaktion / DLR
astronews.com
28. September 2005
Einer der gefährlichsten Momente einer Raumfahrtmission ist der
Wiedereintritt in die Erdatmosphäre, wie etwa die Tragödie der Raumfähre
Columbia gezeigt hat. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
testet nun neue Konzepte des Hitzeschutzes von Raumschiffen. Ein entsprechendes
Experiment soll Ende Oktober starten.
SHEFEX: Der Wiedereintritt in die Erdatmosphäre erfolgt mit
siebenfacher Schallgeschwindigkeit.
Bild: DLR |
Mit dem Projekt SHEFEX (Sharp Edge Flight Experiment) hat sich das
Deutsche Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR) zum Ziel gesetzt, neue
Thermalschutzkonzepte für rückkehrende Raumfahrzeuge zu testen und gleichzeitig
die Eignung eines scharfkantigen Designs für die aerodynamische Auslegung zu
überprüfen. Das einzigartige Flugexperiment ist eine Forschungsleistung des DLR
mit Beteiligung der Industrie. Der Start von der Startanlage auf der
norwegischen Insel Andoya ist für den 27. Oktober 2005 vorgesehen.
Als Träger wird eine Kombination aus einer brasilianischen VS-30 Unterstufe
und einer HAWK-Rakete als Oberstufe verwendet, die sonst für
Höhenforschungsexperimente vorgesehen sind. Nach dem Start erreicht SHEFEX über
dem Nordmeer eine Höhe von 300 Kilometern und tritt mit fast siebenfacher
Schallgeschwindigkeit wieder in die Erdatmosphäre ein - schnell genug also, um
an der Spitze der SHEFEX Nutzlast Temperaturen bis zu 1.600 Grad Celsius zu
erzeugen. Die Experimentaleinheit bleibt während des Wiedereintritts mit der
HAWK-Rakete gekoppelt, um deren Ruderflächen zur Stabilisierung der Fluglage zu
nutzen. Nach Aktivierung des Fallschirmsystems wassert SHEFEX ca. 300 Kilometer
vom Startort entfernt und wird zur weiteren Auswertung geborgen. Die wichtigsten
Messdaten werden bereits während des Fluges an die Bodenstation übertragen.
Zur Anwendung kommt eine in Europa weit fortgeschrittene Technologie der
keramischen, wieder verwendbaren Thermalschutzsysteme. Als Werkstoff für die
Herstellung solcher Systeme wird Faserkeramik verwendet, die bei geringem
Gewicht eine extreme Temperaturbeständigkeit aufweist. Die hohen Kosten für die
Herstellung und die Qualitätskontrolle bei komplex geformten Bauteilen sollen
durch den hier verwendeten Aufbau aus plattenförmigen Paneelen und verringerter
Typenvielfalt drastisch reduziert werden.
Bei wieder verwendbaren
Trägersystemkonzepten wie dem US-Shuttle würde dieser Aufbau zu
deutlichen Einsparungen bei der Wartung und dem Austausch beschädigter Elemente
führen. Dieses Konzept könnte jedoch zu aerodynamischen Problemen und lokalen
Überhitzungen an den kantigen Übergängen der Struktur führen. Aufgrund neuester
Erkenntnisse auf dem Gebiet des thermischen Strukturverhaltens sowie neuartiger
aktiver Kühltechniken sollen diese Effekte technologisch beherrschbar werden.
SHEFEX dient zur grundlegenden Untersuchung der Machbarkeit solch
"facettierter" Außenformen sowie ihrer Flugfähigkeit. Der Flugkörper weist alle
charakteristischen Formen wie konvexe Knicke und konkave Formen auf, die eine
sinnvolle aerodynamische und strukturelle Untersuchung erfordern. Neben dem
keramischen Thermalschutzsystem beinhaltet SHEFEX daher auch eine Vielzahl an
Sensoren, die eine möglichst genaue Erfassung der thermischen und
aerodynamischen Effekte während des Fluges ermöglichen.
Die aerodynamische Auslegung, die rechnerische Vorhersage des
Strömungsverhaltens und die Tests im Plasmawindkanal erfolgten am Institut für
Aerodynamik und Strömungstechnik des DLR in Braunschweig, Köln und Göttingen.
Das SHEFEX- Experiment wurde am Institut für Bauweisen- und
Konstruktionsforschung des DLR in Stuttgart entwickelt, hergestellt und
integriert. Die Bereitstellung der Rakete sowie die Durchführung des Starts
erfolgt durch die Mobile Raketenbasis (Moraba) des DLR aus Oberpfaffenhofen. Die
Firmen EADS und MT-Aerospace sind mit weiteren Experimenten zu neuartigen
Thermalschutzsystemen am SHEFEX-Flugexperiment beteiligt. Das dreijährige
Projekt wurde im Rahmen des Programms Weltraum von der Helmholtz-Gemeinschaft
deutscher Forschungszentren (HGF) und dem DLR finanziert.
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