EPIMETHEUS
Kleiner Mond mit Überraschungen
von Ulrich Knittel
für
astronews.com
29. August 2005
Die Sonde Cassini, die seit Juli 2004 den Saturn umkreist, sendet
immer neue Bilder von bislang praktisch unbekannten Welten zur Erde. Ende Juni
und im Juli machte Cassini Aufnahmen von Epimetheus, einem merkwürdigen
Mond, dessen Dichte geringer ist, als die von Eis. Mit dem Saturnmond Janus
bildet Epimetheus zudem ein kurioses Duo.

Der Saturnmond Epimetheus.
Foto: NASA / JPL / Space Science
Institute |
Saturn besitzt über 30 Monde, und die kleineren wurden von den Voyager-Sonden
bei ihren kurzen Vorbeiflügen kaum untersucht. Daher ist über diese Monde des
Ringplaneten noch wenig bekannt. Doch das beginnt sich zu ändern: Am 30. Juni
und 14. Juli dieses Jahres machte die Saturn-Sonde Cassini Fotos des
Saturn-Mondes Epimetheus.
Epimetheus ist unregelmäßig geformt und hat einen mittleren Durchmesser von nur
wenig mehr als einhundert Kilometern. Er umkreist den Saturn in einer Entfernung
von etwa 151.000 Kilometern zwischen den F- und G-Ringen. Die Fotos zeigen einen
weitgehend grau gefärbten, kraterübersäten Himmelskörper. Der größte auf den
Bildern sichtbare Krater, Hilairea, hat einen Durchmesser von rund 33
Kilometern. Die große Kraterdichte lässt darauf schließen, dass die Oberfläche
des Mondes mehrere Milliarden Jahre alt ist. Da die Formen der größeren Krater
recht "weich" sind, müssen diese schon im Frühstadium der Entwicklung dieses
Mondes entstanden sein.
Die Dichte des Mondes beträgt nur 0,63 Gramm pro Kubikzentimeter, also deutlich
weniger, als die von Wassereis. Da es kein Material mit solch einer geringen
Dichte gibt, das als Baustein von Monden bekannt ist, wird angenommen, dass der
Mond zumindert teilweise porös ist. Aber wie sollten solche Poren entstehen? Die
wohl wahrscheinlichste Interpretation ist, dass Epimetheus – ähnlich wie manche
Asteroiden –ein "fliegender Schutthaufen" ist, der aus den verschiedensten
Komponenten besteht. Da die Gravitation auf einem so kleinen Himmelskörper nur
äußerst gering ist, besteht für diese Bruchstücke kein Zwang, näher aneinander
zu rücken. Da der Albedo von Epimetheus mit 80 Prozent (man findet
unterschiedliche Angaben zwischen 50 und 80 Prozent) sehr hoch ist, dürfte Eis
auf jeden Fall ein wichtiger Bestandteil des Mondes sein.
Epimetheus weist noch eine andere Besonderheit auf: Er umkreist Saturn in
praktisch dem gleichen Orbit wie Janus; daher wurde die Existenz dieses Mondes
auch erst rund 14 Jahre nach seiner Entdeckung durch die Bilder der Raumsonde
Voyager 1 bestätigt. Im Dezember 1966 fanden nämlich die Astronomen Audouin
Dollfus und Richard L. Walker die Monde. Vermutlich fand Dollfus Janus und
Walker Epimetheus. Da man aber damals nicht wusste, dass es sich um zwei Monde
handelte, stellte es sich als schwierig - wenn nicht sogar unmöglich - heraus,
die Umlaufbahn des Mondes zu bestimmen. Erst 1978 konnten zwei Astronomen der
Universität von Arizona zeigen, dass sich die Daten gut erklären lassen, wenn
man annimmt, dass es sich um zwei Monde handelt.
Die Radien der Umlaufbahnen von Epimetheus und Janus unterscheiden sich
allerdings um rund 50 Kilometer, wodurch es zu einem interessanten Phänomen
kommt: Durch den geringen Unterschied der Orbit-Radien umkreist einer der Monde
den Saturn etwas schneller und holt dadurch den voraus laufenden Mond langsam
ein. Wenn sich der schnellere Mond dem langsameren Mond ausreichend genähert
hat, kann er diesen nicht überholen, weil die Durchmesser der Monde größer sind
als der Abstand zwischen ihnen! Daher gibt der schnellere Mond dem langsameren
einen Teil seines Bahnimpulses ab; der langsamere Mond wird nun der schnellere.
Die Monde tauschen ihre Bahnen. So gelingt es den Monden nie einander zu
überholen.
Wie diese Bahnen zustande gekommen sind, ist gegenwärtig ungeklärt, aber es
scheint möglich, dass die Monde einmal einen einzigen Mond bildeten, der durch
eine Kollision zerbrach. Für eine solche Entwicklung spricht auch die geringe
Dichte des Mondes (die von Janus ist kaum größer, als die von Epimetheus), die
der eines Trümmerhaufens aus Eis- und Gesteinsbruchstücken entspricht. Mehr
werden wir vielleicht im Dezember 2007 erfahren, wenn sich Cassini
Epimetheus bis auf 6.000 Kilometer Entfernung nähern wird, um ihm - hoffentlich
- weitere Geheimnisse zu entlocken.
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