First Light in der Atacama-Wüste
Redaktion / MPG
astronews.com
15. Juli 2005
Mit der erfolgreichen Inbetriebnahme eines technologisch neuartigen
12-Meter-Teleskops in 5.100 Metern Höhe auf dem Chajnantor Plateau in der
chilenischen Atacama-Wüste hat das Atacama-Pfadfinder-Experiment (APEX) nach
rund 36 Monaten Bauzeit einen wichtigen Meilenstein erreicht - das so genannte
First Light. Das Teleskop dient als Vorstufe zum Atacama Large Millimeter
Array (ALMA).

APEX (Atacama Pathfinder Experiment), das leistungsfähigste
erdgebundene Instrument zur Erforschung der Sternentstehung, hat
nach rund 36 Monaten Bauzeit unter den klimatisch extremen
Bedingungen der 5.100 Meter hoch gelegenen chilenischen
Atacama-Wüste erste Daten geliefert. Sie beweisen, dass das
Teleskop eine nahezu ungehinderte Sicht auf
Sternentstehungsgebiete und Galaxienkerne ermöglicht. Bild: Arnaud Belloche, MPIfR |
Das APEX-Teleskop
dient der Himmelsbeobachtung im Submillimeter-Bereich bei Wellenlängen von 0,2
bis 1,5 Millimeter und hat jetzt die ersten wissenschaftlichen
Beobachtungsergebnisse geliefert. Sie zeigen, dass das Teleskop eine nahezu
ungehinderte Sicht auf Sternentstehungsgebiete und Galaxienkerne ermöglicht.
APEX eröffnet der Astronomie damit einen neuen Zugang zum "Kalten Universum" in
bisher unerreichter Empfindlichkeit und Auflösung.
Von APEX erwartet man entscheidende Fortschritte insbesondere zum Verständnis
des frühen Universums und der Prozesse der Galaxien- und Sternentstehung, die
weitere Erforschung des Südhimmels im bisher wenig erschlossenen
Submillimeter-Bereich und weiträumige Beobachtungen, die als Vorstudien
(Pfadfinder) für spätere detaillierte Arbeiten am Atacama Large Millimeter Array
(ALMA) dienen werden.
Karl Menten, Direktor der Gruppe für Submillimeter-Astronomie am
Max-Planck-Institut für Radioastronomie und leitender Wissenschaftler des
APEX-Projekts, ist begeistert: "Gleich von Anfang an haben wir wunderbare
Spektren gemessen. Diese eröffnen einen faszinierenden Blick auf die sehr
komplexe organische Chemie in der Nähe von neu entstehenden Sternen.
Außerdem
konnten wir ausgezeichnete Aufnahmen der Magellanschen Wolken, der nächsten
Nachbargalaxien zu unsere Milchstraße, machen und Moleküle in den aktiven Kernen
mehrerer ferner Galaxien beobachten. Normalerweise wendet man sich mit neuen
Instrumenten erst nach längerer Betriebszeit der schwierigeren Beobachtung von
schwachen extragalaktischen Quellen zu. Doch mit APEX können wir solche Objekte
praktisch von Anfang an untersuchen."
Die Messung von Submillimeter-Strahlung aus dem All wird durch den
Wasserdampf in der Erdatmosphäre stark beeinträchtigt. Daher wurde APEX in 5.100
Metern Höhe in der Atacama-Wüste im Norden Chiles errichtet. Die Atacama-Wüste
ist einer der
trockensten Plätze auf der Erde und bietet deshalb herausragende
Beobachtungsbedingungen. Allerdings wird eine ausgefeilte Logistik benötigt, um
ein solches Observatorium der Spitzenklasse an einem derart entfernt gelegenen
Ort zu betreiben.
Neben dem japanischen 10-Meter-ASTE-Teleskop, das in einer etwas geringerer
Höhe
in der Nachbarschaft betrieben wird, ist APEX das erste und zugleich größte
Submillimeter-Instrument auf der Südhalbkugel. Mit seiner hochpräzisen Antenne
und der großen Oberfläche wird APEX einen völlig neuen Bereich für astronomische
Beobachtungen erschließen. Denn die Millimeter- und Sub-Millimeter-Astronomie
eröffnet einzigartige neue Möglichkeiten, die zuerst im Universum gebildeten
Galaxien sowie die Entstehung neuer Sterne und Planeten zu untersuchen. Unter
anderem wird APEX den Astronomen ermöglichen, die Chemie und die physikalischen
Bedingungen von Molekülwolken zu studieren, die aus Gas und Staub bestehen und
in denen neue Sterne entstehen.
Dabei folgt APEX den Spuren eines 15-Meter-Teleskops SEST, das gemeinsam von der
ESO und dem schwedischen Onsala-Observatorium zwischen 1987 und 2003 im
Wellenlängenbereich von 0,8 bis 3 Millimeter auf dem ESO-Standort La Silla in
Chile betrieben wurde. Catherine Cesarsky, Generaldirektorin der ESO, bemerkte
dazu: "SEST war für lange Zeit das einzige Instrument seiner Art auf der
Südhalbkugel. Hierbei haben die ESO und ihre Partner wichtige Erfahrungen für
Beobachtungen außerhalb des optischen Spektralbereichs gewinnen können. Mit APEX
steht den ESO-Mitgliedern nun ein herausragendes neues Beobachtungsinstrument
zur Verfügung, das zugleich den Weg für ALMA vorbereiten hilft."
Mit seinem Namen weist sich APEX als ein Pfadfinder für das ALMA-Projekt aus.
So ist das APEX-Teleskop eine modifizierter Prototyp-Antenne für ALMA und zudem
direkt auf dem für ALMA vorgesehenem Standort angesiedelt. Das ALMA-Projekt
ist als eine gewaltige Anlage aus vielen 12-Meter-Antennen, die bis zu 14
Kilometer weit voneinander entfernt sind und die gegen Ende dieses Jahrzehnts in
Betrieb gehen wird. ALMA wird im Submillimeter-Bereich die Apertur
Synthese-Technik der Radioastronomie übernehmen und in der Lage sein, präzise
Aufnahmen mit einer Winkelauflösung unterhalb von Bogensekunden zu liefern.
Damit wird ALMA das jetzige VLT/VLTI-Observatorium der ESO im
Radiowellen-Bereich wesentlich ergänzen.
Für Beobachtungen im unteren Submillimeterbereich benötigt APEX eine
Spiegeloberfläche höchster Genauigkeit. Tatsächlich ist es dem APEX-Projektteam
nach einer Serie von hochpräzisen Justierungen gelungen, eine extrem genaue
Spiegeloberfläche zu erreichen. Über die gesamte Fläche der Antenne mit einem
Durchmesser von 12 Metern beträgt die Abweichung von einer idealen Parabolform
jetzt weniger als 17 Tausendstel eines Millimeters, mit anderen Worten: Die
Abweichung von der Idealform ist kleiner als ein Fünftel der durchschnittlichen
Dicke eines menschlichen Haars.
"Technologisch stellt APEX bereits jetzt einen großen Erfolg dar, da seine
Genauigkeit unsere Erwartungen bei weitem übertroffen haben", bilanziert Rolf
Güsten, Projekt-Manager von APEX. "Dieser Erfolg konnte nur dank eines sehr
engagierten Teams von Mitarbeitern von der Herstellerfirma, vom
Max-Planck-Institut für Radioastronomie und vom APEX-Team selbst erreicht
werden. Ein hoher persönlicher Einsatz aller Mitarbeiter und lange Arbeitszeiten
in oftmals großer Höhenlage waren erforderlich, ehe aus diesem ehrgeizig
geplanten Projekt Realität werden konnte."
Parallel zur Errichtung und Inbetriebnahme des Teleskops mussten bestmögliche
Detektoren entwickelt werden, die bis an die Grenzen heutiger Technologie gehen.
Für die ersten Beobachtungen mit APEX setzten die Forscher ein im
Max-Planck-Institut für Radioastronomie entwickeltes Submillimeter-Spektrometer
sowie einen
an der Chalmers Universität (OSO) entwickelten Empfänger ein.
Finanziert wird das APEX-Projekt durch das Max-Planck-Institut für
Radioastronomie, die Europäische Südsternwarte (ESO) und das Onsala Space
Observatory (OSO). Die drei Partner teilen sich auch die Beobachtungszeit, wobei
10 Prozent dieser Zeit für chilenische Astronomen zur Verfügung stehen.
Das Teleskop wurde im Auftrag des Max-Planck-Instituts von der VERTEX
Antennentechnik GmbH (Duisburg) entworfen und gebaut. Es basiert auf einer
Prototyp-Antenne, die für das ALMA-Projekt gebaut wurde. Der Betrieb von APEX
auf Chatnantor wird von der ESO betreut.
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