Ohne viel Sauerstoff kein höheres Leben
von Stefan
Deiters
astronews.com
7. Juli 2005
Ein Team von Astrobiologen untersuchte die Frage, welches Element für
komplexeres Leben auf jeden Fall in einer Planetenatmosphäre vorhanden sein
muss. Das Ergebnis: Ohne einen hohen Sauerstoffgehalt dürfte die Existenz von
höher entwickeltem Leben wie etwa Tieren nicht möglich sein. Durch diese
Bedingung wird die Zahl der Orte im All, auf denen es solches Leben geben
könnte, erheblich eingeschränkt.
Höher entwickeltes Leben benötigte einen
bestimmten Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre.
Foto:
NSSDC / NASA |
Astrobiologen versuchen herauszufinden, unter welchen Bedingungen Leben im All
entstehen und wie es sich entwickeln kann. Die große Schwierigkeit dabei ist es,
dass den Forschern nur unsere Erde als Anschauungsmaterial zur Verfügung steht.
Man muss sich also ständig fragen, ob ein "lebenswichtiger" Faktor generell von
Bedeutung ist oder aber nur im Spezialfall der Erde eine Rolle spielt. Professor
David Catling von der Universität in Bristol hat dies zusammen mit Kollegen
versucht: Er glaubt, dass eine sauerstoffreiche Atmosphäre für die Entwicklung
von mehrzelligen Lebensformen von entscheidender Bedeutung ist.
Allerdings war, betont Catling, die Erde nicht von Anfang an lebensfreundlich:
Fast vier Milliarden Jahre dauerte es, bis sich durch die Photosynthese der
Pflanzen genug Sauerstoff in der Atmosphäre angesammelt hatte, damit sich
komplexere Lebensformen wie etwa Tiere bilden konnten.
Vier Milliarden Jahre
aber sind auch für Astronomen eine sehr lange Zeit - immerhin fast die Hälfte
der Lebensdauer unserer Sonne. Andere Planeten, die um massereicherer Sonnen
kreisen, könnte daher Pech haben: Diese Sonnen entwickeln sich deutlich
schneller, so dass sich in den Atmosphären eventuell nicht ausreichend
Sauerstoff bilden kann. "Das ist ein sehr wichtiger begrenzender Faktor für die
Entstehung von Leben auf Planeten, auf denen grundsätzlich Leben möglich sein
sollte," so Catling.
Die Forscher haben sich für diese Untersuchung die Grundlagen des Stoffwechsels
von Organismen auf der Erde angesehen: Dabei stellten sie fest, dass die
Gewinnung von Energie aus Sauerstoff am effektivsten ist. Nur für das Element
Fluor waren die Werte besser, Chlor war etwa gleichwertig. Allerdings kommen
Fluor und Chlor im Weltall deutlich seltener vor als Sauerstoff und können sich,
weil sie sehr schnell mit anderen Stoffen reagieren, in einer Atmosphäre nicht
ansammeln. Sauerstoff-basiertes Leben kann, so die Berechnungen der Forscher,
aus einer bestimmten Menge Nahrung rund zehnmal mehr Energie gewinnen, als
Leben, das ohne Sauerstoff auskommt.
Als weiteren Beleg für seine These weist Catling zudem darauf hin, dass sich
größere Lebensformen auf der Erde offenbar parallel zum steigenden
Sauerstoff-Gehalt der Atmosphäre entwickelt haben. Entscheidend dafür, ob sich
auf einem fernen im Prinzip lebensfreundlichen Planeten also tatsächlich Leben
entwickeln kann, ist somit die Frage, wie schnell sich in der Atmosphäre eine
bestimmte Menge an Sauerstoff anreichert.
Ist es deswegen aber unwahrscheinlich,
Planeten mit komplexerem Leben zu finden? Nicht unbedingt: Vielleicht, so
spekulieren die Forscher, gibt es Planeten, auf denen es Bedingungen gibt, unter
denen die Anreicherung von Sauerstoff in der Atmosphäre noch schneller
stattfinden kann als auf der Erde. Auch ein etwas massereicherer Zentralstern
mit einer kürzeren Lebensdauer als die Sonne, wäre dann kein Problem.
Und noch etwas spricht für die besondere Rolle von Sauerstoff: Es ist eine
Komponente von flüssigem Wasser, was für Entwicklung von Leben wie wir es
kennen, absolut notwendig ist. Extrasolare Planeten mit großen Ozeanen, in denen
es einfache Lebensformen gibt, sollten also deutlich eher das Potential haben,
eine sauerstoffreiche Atmosphäre zu entwickeln, in der sich dann irgendwann
einmal komplexere Lebensformen wie Tiere bilden können.
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