Nobelpreisträger Hans Bethe gestorben
von Rainer Kayser
9. März 2005
Hans Bethe war einer der bedeutendsten Astrophysiker des 20. Jahrhunderts. In
den 1930er Jahren löste er eines der großen Rätsel der damaligen Astronomie: die
Energieerzeugung der Sonne und der Sterne. Für diese bahnbrechende Entdeckung
wurde ihm 1967 der Nobelpreis in Physik verliehen. Hans Bethe verstarb am
vergangenen Sonntag im Alter von 98 Jahren in Ithaca im US-Bundesstaat New York.

Hans Bethe 1996. Die Formel an der Tafel beschreibt den
Kohlenstoff-Zyklus zur Energieerzeugung in Sternen.
Bild:
Cornell University / Michael Okoniewski |
Bethe wurde am 2. Juli 1906 in der damals deutschen Stadt Strasbourg geboren.
1928 verlieh ihm die Universität München die Doktorwürde in Physik. Nach
Forschungsaufenthalten in England und Italien übernahm er eine Stelle an der
Universität Tübingen. Doch schon kurz nach der Machtergreifung der Nazis verlor
er seinen Posten – Bethe war Halbjude. 1933 verließ er Deutschland. Nach einem
kurzen Aufenthalt in England ging er 1935 an die Cornell University in Ithaka,
wo er bis an sein Lebensende wirken sollte.
Dort entdeckte er auch den bis dahin rätselhaften
Energieerzeugungsmechanismus der Sonne und der Sterne: die Fusion von
Wasserstoff- zu Helium-Atomen. Seine 1938 veröffentliche Arbeit "Energy
Production in Stars" - "Die Energieerzeugung in Sternen" - wurde zu einem
Grundpfeiler der modernen Astrophysik.
Besorgt über deutsche Atomforschung beteiligte Hans Bethe sich ab 1943 am
amerikanischen Manhattan-Projekt. Als Leiter der theoretischen Abteilung des
Forschungslabors in Los Alamos spielte er eine wichtige Rolle bei der
Entwicklung der Atombombe. Doch schon in den 1960er Jahren wurde er zu einem
entschiedenen Befürworter einer internationalen Kontrolle der Nuklearwaffen. So
überzeugte er den damaligen Präsidenten John F. Kennedy, den Vertrag zur
Beschränkung der Atomtests zu unterzeichnen.
Bis weit in die 1990er Jahre hinein beteiligte sich Bethe aktiv an der
astrophysikalischen Forschung. Im Verlauf seiner Karriere schrieb er über 300
wissenschaftliche Arbeiten. Zudem war er bei den Studenten der Cornell
University als hervorragender Lehrer beliebt. Mit Hans Bethe hat die Welt einen
der letzten großen Pioniere der Physik des frühen 20. Jahrhunderts verloren -
jener Zeit, in der Albert Einstein, Niels Bohr, Werner Heisenberg und viele
andere das Fundament unseres modernen Weltbildes gelegt haben.
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