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GAMMA-RAY-BURSTS
Gamma-Blitz traf Erde

Zurück zum ersten Teil: Integral registrierte gewaltigen Gammastrahlen-Ausbruch

Die riesige Energiemenge des Ausbruchs vom 27. Dezember 2004 legt eine neue Lösung für ein altes Problem der Gammastrahlen-Burstastronomie nahe: Es handelt sich um die Frage nach den Quellen dieser so genannten "Short-Duration Gamma-Ray Bursts". In den letzten 35 Jahren hat man Hunderte von kurzen (weniger als zwei Sekunden dauernde) mysteriösen Blitzen von hochenergetischer Strahlung aus den Tiefen des Raumes gemessen, ohne dass man weiß, woher diese gemessene Strahlung kommt. Eine Hypothese besagt, dass diese Strahlung bei der Verschmelzung von zwei kompakten Objekten (etwa von zwei Neutronensternen oder einem Neutronenstern mit einem Schwarzen Loch) entstehen könnte. Die neuen Beobachtungen lassen nun eine weitere Interpretation der Beobachtungen zu: Es könnte sich dabei nämlich zum Teil um Ausbrüche wie dem am 27. Dezember beobachteten handeln.

Magnetar

Magnetare sind Neutronensterne, deren Magnetfelder das 1.000fache des bei Neutronensternen üblichen Wertes aufweisen. Bild: R. Mallozzi / NASA

Diese Idee wird von Kevin Hurley von der Universität Berkeley (Kalifonien) und seinem Team vorgeschlagen. Danach können solche kurzen Ausbrüche auf Grund ihrer Intensität von sehr fernen Galaxien beobachtet werden. Ein Ereignis mit der vor kurzem gemessenen Stärke könnte bis zu Entfernungen von einigen Hundertmillionen Lichtjahren beobachtet werden. "Da sich in diesem Entfernungsbereich viele Galaxien befinden, müsste man solche Ereignisse häufig sehen. Man könnte damit also die Beobachtungen zu einem großen Teil, wenn nicht sogar ganz, erklären", meint Giselher Lichti.

Wie kann man sich nun den enormen Energieausstoß von einem solchen Magnetar erklären? Die Erfinder des Magnetar-Modells, die Theoretiker Robert Duncan (Universtät von Texas, Austin) und Christopher Thompson (Canadian Institute of Theoretical Astrophysics, Toronto), schlagen folgendes Szenario vor, um den gigantischen Energieausstoß bei einem solchen Ausbruch erklären zu können. Um ihre Idee verstehen zu können, muss man sich erst einmal das ungeheuer starke Magnetfeld eines Magnetars bewusst machen, das um einen Faktor 1.000 stärker ist als das eines normalen Neutronensterns. In solchen starken Feldern wird beispielsweise ein Wasserstoffatom so stark deformiert, dass es nadelförmig wird (rund 200 mal schmaler als lang). So ein Stern hat tief in seinem Inneren ein stark verdrilltes Magnetfeld, dessen Magnetfeldlinien sich wie eine Uhrfeder um die Rotationsachse winden. Sein äußeres Magnetfeld jedoch ähnelt mehr oder weniger dem eines Dipols eines Stabmagneten (vergleichbar dem Erdmagnetfeld).

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Man glaubt, dass das verdrillte innere Magnetfeld das Überbleibsel der schnellen Rotation ist, die der Neutronenstern bei seiner Entstehung mitbekam. Es enthält den größten Teil der magnetischen Energie des Sterns. Dieses Magnetfeld übt eine Kraft auf die ein Kilometer dicke Kruste des Sterns mit einem Radius von zehn Kilometer aus und verschiebt diese. Das hat zum einen zur Folge, dass sich das äußere Magnetfeld verdrillt und zum anderen, dass starke Ladungsströme um den Stern fließen. Wenn sich die Magnetfelder immer stärker verdrillen, dann lassen diese Ströme den Stern hell im niederenergetischen Gammabereich aufscheinen. Die Verdrillung des äußeren Magnetfeldes beeinflusst auch die Rotation des Sterns und führt zu einer stärkeren Abbremsung.

Das scheint auch mit dem Magnetar SGR 1806-20 passiert zu sein. Von März 2004 bis zum Ausbruch im Dezember hat SGR 1806-20 viele einzelne schwache Ausbrüche gezeigt, die auf eine Verschiebung der Kruste hindeuteten. SGR 1806-20 wurde also immer heller im Gammalicht, mit Emission von immer mehr harten Gammaphotonen und einer stärkeren Abbremsung. Alle diese Messungen deuteten darauf hin, dass sich das äußere Magnetfeld mehr und mehr verdrillte. In dem Modell für den Ausbruch vom 27. Dezember von Duncan und Thompson wurde die Verdrillung so stark, dass der Stern mit seiner Kruste instabil wurde. Die Spannung des äußeren Magnetfelds hat sich dann in einem enormen Ausbruch entladen und es dann in einem niedrigeren und unverdrillten Zustand neu angeordnet.

Zur Zeit des Ausbruchs war der Magnetar nur fünf Grad von der Sonne entfernt. Er befindet sich in der Konstellation Sagittarius, in der Nähe des galaktischen Zentrums. Mit Hilfe des interplanetaren Netzwerkes, einem Zusammenschluss von mehreren Satellitenmissionen, gelang es Kevin Hurley mittels Triangulation die Position des Ausbruchs mit dem Magnetar SGR 1806-20 zu identifizieren. Die Position wurde von Radioastronomen des Very-Large Array-Teleskops in Socorro, New Mexico, durch Messung eines schwächer werdenden Nachleuchtens bei Radiowellen bestätigt. Die Beobachtung dieses Nachleuchtens liefert außerdem wichtige Informationen über den Explosionsmechanismus und wird zu einem besseren Verständnis des beobachteten Phänomens beitragen.

"Für das Leben auf der Erde bestand durch den Magnetar-Ausbruch jedoch keine Gefahr, da die Atmosphäre für diese Art von Strahlung undurchsichtig ist. Diese Strahlung ionisiert die Atome der Hochatmosphäre und wird dabei absorbiert", gibt Giselher Lichti Entwarnung.

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