Die Geburtswehen junger Sterne
Redaktion
astronews.com
16. Februar 2005
Geburten sind bei Menschen keine einfach Sache und oft mit schmerzhaften Wehen
verbunden. Auch bei Sternen sprechen Astronomen von einer "Geburt" und somit
sollte es ja folgerichtig auch hier "Geburtswehen" geben. Sie gibt es in der Tat
und genau diese sollen im Rahmen des Europäischen Netzwerkes "JETSET" in den kommenden vier
Jahren gründlich untersucht werden. Auch Wissenschaftler der Landessternwarte in
Thüringen sind dabei.
Der Jet eines jungen Sterns: Der Jet ist die Kette roter Punkte.
Der helle, weißliche Punkt an seinem Ende ist der junge Stern,
der den Jet ausstößt. Die grünliche Wolke am anderen Ende des
Jets ist seine Kopfwelle. Dies ist die Stoßwelle, die entsteht,
wo der Jet auf das vor ihm liegende Medium trifft (ähnlich der
Schneewalze, die ein Schneepflug vor sich herschiebt). Foto:
Thüringer Landessternwarte Tautenburg [Großansicht] |
In den kommenden vier Jahren werden unter irischer Führung zwölf
Wissenschaftlerteams aus acht Ländern so genannte Jets junger Sterne untersuchen
und dabei auch untereinander Wissenschaftler und Doktoranden austauschen. Die
Europäische Union hat dafür jetzt im Rahmen eines Marie Curie
Forschungs-Trainings-Netzes 3,9 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, woraus
unter anderem acht Wissenschaftler- und elf Doktorandenstellen finanziert
werden. Eine Wissenschaftlerstelle und eine Doktorandenstelle sind dabei auch an
der Thüringer Landessternwarte Tautenburg angesiedelt.
Außer der Landessternwarte Tautenburg ist nur noch die Landessternwarte
Königstuhl Heidelberg als deutscher Partner in diesem Netzwerk dabei, das die
Jets in Simulationen, Experimenten, Theorie (SET) und durch Beobachtungen näher
erforschen wird. "Jets sind Materiestrahlen, die bei Sterngeburten entstehen,
über die jenseits der Theorie aber bisher nur wenig bekannt ist", erläutert der
Direktor der Landessternwarte Prof. Dr. Artie Hatzes, der in Personalunion
Professor für Astronomie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena ist.
Sterne entstehen aus Gas-Staub-Wolken, die um ihr Zentrum rotieren. Die
Fliehkraft dieser Rotationsbewegung macht aus der Wolke eine Scheibe. Das
Material spiralt ins Innere dieser Scheibe und stürzt größtenteils auf den sich
dort bildenden Stern. Andere Teile werden wie in einem Strahl nach unten und
oben ausgestoßen. Warum diese Bewegungen nach unten und oben - die so genannten
Jets - aber einerseits fast den ganzen Drehimpuls und andererseits kaum
Teilchenmasse aufnehmen, will das europäische Forscherteam nun aufklären. Fest
steht bisher nur, "dass ohne Jet kein Stern entstehen kann", sagt der
Tautenburger Projektleiter Dr. Jochen Eislöffel.
Hatzes und sein Team werden im neuen Projekt vor allem die Rotation und die
Magnetfelder der Jets und ihrer Quellen, also des rotierenden Sterns,
erforschen. Außerdem werden die Thüringer Astronomen die Bewegungen und die
Anregungen der Jets von jungen Sternen auf atomarer Ebene untersuchen und
molekulare Analysen der Ausströmungen erstellen. Im sichtbaren Bereich bietet
dafür das Tautenburger Teleskop beste Voraussetzungen. "Denn das Gas in dem
Strahl leuchtet", erklärt Eislöffel, "da es durch das Material, mit dem es
zusammenstößt, angeregt wird".
Alle Ergebnisse des europäischen Verbunds sollen nicht nur zu einem besseren
Verständnis der Jets und der beteiligten astronomischen Phänomene führen. Die
neuen Erkenntnisse - so hoffen die Forscher - werden auch für andere
Wissenschaften und Anwendungen von großem Interesse sein. Im Bereich von
Plasmafusionen, bei dynamischen Klima-Simulationen, im Fahrzeugbau und in der
medizinischen Bildgebung werden Anknüpfungspunkte gesehen.
"Wir stehen erst am
Anfang und werden noch große Anstrengungen bewältigen müssen, um wenigstens die
Jets zu verstehen", warnt Prof. Hatzes vor verfrühter Euphorie. Der Thüringer
Astronom amerikanischer Herkunft ist sich aber sicher: "Durch dieses
interdisziplinäre europäische Netzwerk haben wir gute Aussichten, auf diesem
Gebiet Weltspitze zu werden - und wir werden die Chance nutzen".
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