Millionen PCs sollen nach
Gravitationswellen suchen
von Rainer Kayser
4. Februar 2005
Millionen Computerbenutzer helfen im Rahmen des
SETI@home-Projektes bei der Suche nach
Signalen außerirdischer Intelligenz. Jetzt wollen sich auch
Gravitationswellen-Forscher die Rechenleistung privater PC-Besitzer zunutze
machen, stehen sie doch vor einem ähnlichen Problem wie das SETI-Team: Ihre
Detektoren liefern zwar enorme Datenmengen, doch das meiste davon ist Rauschen.

Chandra-Aufnahme des Krebs-Nebels, in dessen Zentrum sich ein
schnell rotierender Neutronenstern, ein so genannter Pulsar,
befindet. Bild: NASA / CXC / SAO |
Über eine Million Computerbesitzer sollen den Forschern künftig bei der Suche
nach Gravitationswellen helfen. Die mit zwei kilometergroßen Detektoranlagen in
den USA gemessenen Daten sollen in Pakete aufgeteilt an PCs überall auf der Welt
geschickt und dort in Arbeitspausen von einem als Bildschirmschoner agierenden
Programm analysiert werden.
Anschließend schickt der PC das fertige Datenpaket an die Forscher zurück.
"Es ist wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen: 99,99 Prozent unserer
Daten sind Rauschen", beschreibt der Physiker Bruce Allen das Problem der
Gravitationswellen-Sucher. Gravitationswellen sind Störungen der Raumzeit, die
durch sich rasch bewegende große Massen abgestrahlt werden
- zum Beispiel durch umeinander kreisende Neutronensterne.
Von Albert Einstein
1916 im Rahmen seiner Allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagt, gelang
bislang nur ein indirekter Nachweis der Existenz von Gravitationswellen. 1974
entdeckten die amerikanischen Astronomen Joseph Taylor und Russell Hulse einen
Doppel-Pulsar - also zwei sich gegenseitig umkreisende Neutronensterne - deren
Bahn langsam schrumpft. Diese Schrumpfung ist auf den Energieverlust durch die
Abstrahlung der Gravitationswellen zurückzuführen. Die Entdeckung brachte Taylor
und Hulse 1993 den Physik-Nobelpreis ein.
Ein direkter Nachweis von Gravitationswellen steht allerdings bis heute aus.
Diesen wollen die Physiker mit den beiden Detektoren des Laser Interferometer
Gravitational Wave Observatories LIGO führen. In jeweils zwei senkrecht
zueinander stehenden, vier Kilometer langen Armen messen Laserstrahlen seit 2000
winzigste Abstandsänderungen, wie Gravitationswellen sie verursachen.
Längenschwankungen so klein wie ein Atom-Durchmesser kann LIGO noch messen. Das
Problem: Es gibt eine Vielzahl von störenden Schwingungen, die ebenfalls zu
Längenänderungen in den Detektorarmen führen. Dieses Rauschen herauszufiltern
und nach echten Änderungen der Raumzeit zu suchen, überfordert die Computer von
LIGO.
"Einstein@home" soll nun helfen: das verteilte Rechnen auf Millionen von PCs.
Das Verfahren ist SETI@home nachempfunden, einem Projekt bei dem seit 1999 mehr
als fünf Millionen Computernutzer nach Signalen außerirdischer Intelligenzen
suchen. Auch für die Klima-Modellierung und die Berechnung von Protein-Faltungen
setzen Wissenschaftler inzwischen auf die Mithilfe von PC-Besitzern. Der
Einstein@home-Bildschirmschoner soll noch in diesem Monat auf der Website des
Projekts erhältlich sein.
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