Europäische
Mondsonde auf Mondumlaufbahn
Redaktion
astronews.com
16. November 2004
Die ESA-Sonde SMART-1 absolviert derzeit ihre erste Umlaufbahn um den Mond – ein
bedeutender Meilenstein für die erste von Europas kleinen Missionen für
fortgeschrittene technologische Forschung (SMART).
Während der Reise der Sonde zum Mond und ihrer Vorbereitung auf die
bevorstehenden wissenschaftlichen Experimente wurde mit Erfolg eine Reihe neuer
Technologien erprobt, die den Weg für künftige interplanetare Missionen ebnen.

Die ESA-Sonde SMART-1. Bild:
ESA |
SMART-1 hat am 15. November um 18.48 Uhr MEZ ihren ersten mondnächsten Punkt in
rund 5.000 Kilometern Entfernung von der Mondoberfläche erreicht. Wenige Stunden zuvor -
um 6.24 Uhr MEZ - war der solarelektrische Antrieb der Sonde (das
so genannte Ionentriebwerk) aktiviert worden und wird nun für das heikle Manöver der
Stabilisierung der Sonde in der Mondumlaufbahn gezündet.
Während dieser entscheidenden Phase wird das Triebwerk während der kommenden
vier Tage fast ununterbrochen laufen und anschließend für eine Reihe kürzerer
Schübe gezündet, um SMART-1 auf immer engere Umlaufbahnen um den Mond und
schließlich auf ihre endgültige Einsatzbahn zu befördern. Ab Mitte Januar wird
die Sonde den Mond auf einer Bahn zwischen 300 (über dem Südpol) und 3.000
Kilometern
(über dem Nordpol) umrunden und mit ihren wissenschaftlichen Beobachtungen
beginnen.
Hauptziel der ersten Missionsphase, die mit der Ankunft auf der Mondumlaufbahn
abschließt, war die Erprobung neuer Technologien. Insbesondere das
solarelektrische Antriebssystem wurde auf der über 84 Millionen Kilometer langen
spiralförmigen Flugbahn zum Mond eingehend getestet. Diese Entfernung ist mit
einer interplanetaren Reise vergleichbar. Zum ersten Mal wurden von einem
elektrisch angetriebenen Raumfahrzeug Fly-by-Manöver ausgeführt, die sich
bei der Annäherung an den Mond dessen Anziehungskraft zunutze machten. Der
erfolgreiche Abschluss dieser Erprobung ist entscheidend für den Einsatz von
Ionentriebwerken für künftige interplanetare Missionen.
Mit SMART-1 wurden neue Technologien demonstriert, die eines Tages in die
autonome Navigation von Raumfahrzeugen münden sollen. Im Rahmen des Experiments OBAN wurde auf Bodencomputern Navigationssoftware getestet, um die genaue Lage
und Geschwindigkeit des Raumfahrzeugs anhand von Bildern von Himmelsobjekten zu
bestimmen, die mit der AMIE-Kamera an Bord von SMART-1 aufgenommen wurden.
Künftigen Raumfahrzeugen soll die mit OBAN demonstrierte Technologie gestatten,
ihre Position und Geschwindigkeit selbst zu überprüfen und damit das Eingreifen
des Bodenkontrollpersonals zu beschränken.
Mit den Experimenten KaTE und RSIS erprobte SMART-1 durch Funkübertragungen in
sehr hohen Frequenzen – im Vergleich zu den herkömmlichen Funkfrequenzen – zudem
die interplanetare Kommunikation. Diese Technologie soll die Übertragung immer
größerer Volumen wissenschaftlicher Daten von künftigen Raumfahrzeugen zur Erde
ermöglichen. Das Laser-Link-Experiment diente dazu, für künftige
Kommunikationszwecke nachzuweisen, dass ein Laserstrahl von der Erde auf ein sich
bewegendes Raumfahrzeug im fernen Weltraum gerichtet werden kann.
Als Vorbereitung zur wissenschaftlichen Beobachtungsphase wurden auf der Reise
vier miniaturisierte Instrumente, die zum ersten Mal im All zum Einsatz kamen,
bereits ersten Tests unterzogen: die AMIE-Kamera, die bisher die Erde, den Mond
und zwei totale Mondfinsternisse aus dem Weltraum aufgenommen hat, die
Rönteninstrumente D-CIXS und XSM sowie das Infrarot-Spektrometer SIR.
Insgesamt hat SMART-1 332 Mal die Erde umrundet und dabei 289 Mal seine Triebwerke
gezündet, die etwa 3.700 Stunden lang in Betrieb waren. Verbraucht wurden hierfür
lediglich 59 Kilogramm Xenon-Treibstoff (von insgesamt 82 Kilogramm). Das Triebwerk hat bis
jetzt absolut einwandfrei funktioniert, so dass die Sonde den Mond zwei Monate
früher als erwartet erreichen konnte.
Der verbleibende Treibstoff ermöglichte den Wissenschaftlern, die Höhe der
endgültigen Mondumlaufbahn erheblich zu verringern. Durch die größere Nähe zur
Mondoberfläche werden noch günstigere Bedingungen für die im Januar beginnenden
wissenschaftlichen Beobachtungen erreicht. Im Falle einer Verlängerung der
wissenschaftlichen Beobachtungsphase soll der zusätzliche Treibstoff auch dazu
genutzt werden, die Sonde nach der sechsmonatigen Beobachtungsphase im Juni
wieder in eine stabile Mondumlaufbahn zu befördern.
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