Die Erdachse
kippt - um 0,4 Grad
von Rainer Kayser
2. November 2004
Die Neigung der Erdachse ändert sich innerhalb der nächsten zehn Millionen Jahre
voraussichtlich um 0,4 Grad. Diese Voraussage machen französische Astronomen auf
der Basis aufwändiger Computersimulationen der Erdbewegung über einen Zeitraum
von 500 Millionen Jahren. Die Änderung der Achsenneigung könnte, so die
Forscher, auch zu einer Änderung des globalen Klimas führen.

Die Erdachse
könnte innerhalb der nächsten zehn Millionen Jahre um 0,4 Grad
kippen.
Foto:
NSSDC / NASA |
Die Rotationsachse der Erde steht nicht senkrecht auf der Erdbahn, sondern
sie ist um etwa 23,5 Grad geneigt. Diese Neigung verursacht die
Jahreszeiten: Steht der Nordpol Richtung Sonne, so ist auf der Nordhalbkugel
Sommer, auf der Südhalbkugel Winter, weist der Südpol dagegen zur Sonne, so ist
es umgekehrt.
Durch den Einfluss der Anziehungskräfte der Planeten und des
Mondes sind die Bahn der Erde und auch die Neigung der Erdachse ständigen
Schwankungen unterworfen.
Dadurch ändert sich auch die Einstrahlung der Sonne auf die Erde und somit das
irdische Klima.
Die Simulationen von Jacques Laskar vom Institut de Mécanique Céleste et
de Calcul des Ephémérides in Paris und seinen Kollegen zeigen unter anderem,
dass sich der Mond durch die so genannte Gezeitenreibung um jährlich 3,82
Zentimeter von der Erde entfernt. Dadurch verändert sich auch die Neigung der
Erdachse: Sie nimmt im Mittel um zwei Grad in einer Milliarde Jahren zu.
Doch zur Überraschung von Laskar und seinem Team zeigte sich in der
Simulation, dass in unserer unmittelbaren Zukunft eine rasantere Änderung der
Achsenneigung bevorsteht. Die Präzessionsrate der Erde - die Geschwindigkeit,
mit der die Erdachse einem Brummkreisel gleich torkelt - überquert nämlich einen
kritischen Wert, es kommt zu einer Resonanz. Dadurch kippt die Erdachse
innerhalb von rund zehn Millionen Jahren um 0,4 Grad. Dies ist die einzige
rasante Änderung der Achsenneigung innerhalb von 500 Millionen Jahren, auf die
Laskar und seine Kollegen gestoßen sind. Dass sie gerade in unserer
unmittelbaren Zukunft bevorsteht ist, so Laskar, zwar überraschend, aber reiner
Zufall.
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