Stuttgart deutscher Stützpunkt für Teleskop im Jumbo
Redaktion
astronews.com
23. Juli 2004
Das
DLR hat entschieden: Stuttgart soll deutscher Stützpunkt für SOFIA
werden - das in einem Jumbo untergebrachte Infrarot-Teleskop. SOFIA soll
2005 zum ersten Mal abheben und wird zweimal im Jahr auch in Stuttgart
landen. Dort kann auch die Öffentlichkeit einen Blick auf den
Astro-Jumbo werfen. Schüler dürfen sogar mitfliegen.

SOFIA soll ab 2005 aus der Stratosphäre astronomische
Beobachtungen machen. Bild:
Universität Stuttgart / IRS |
In den letzten Wochen war die Spannung am Institut für Raumfahrtsysteme (IRS)
der Universität Stuttgart groß. "Beinahe stündlich", so Institutschef Prof.
Hans-Peter Röser, erwartete man die Entscheidung, ob die Universität Stuttgart
bei der Bewerbung um den Standort des deutschen Betriebszentrums für das
Stratosphären Observatorium für Infrarot Astronomie (SOFIA) das Rennen machen
würde. Am Spätnachmittag des 19. Juli traf endlich die erhoffte Nachricht ein:
die Agentur des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) hatte die
Universität Stuttgart als Standort ausgewählt: SOFIA war in Stuttgart gelandet!
"Die Entscheidung dokumentiert nicht nur die Anerkennung der Leistungsfähigkeit
des IRS und der Fakultät für Luft- und Raumfahrttechnik und Geodäsie der
Universität, sondern ist auch als positives Signal für den Wissenschafts- und
Wirtschaftsstandort zu werten", sagte dazu Prof. Jörg Brüdern, Prorektor
Forschung der Universität Stuttgart, am 21. Juli bei der Vorstellung des
Projekts vor der Presse. Schließlich sind an dem deutsch-amerikanischen
Gemeinschaftsprojekt, bei dem die deutsche Seite 20 Prozent der Kosten trägt,
auch vier weitere Uni-Institute, der Stuttgarter Flughafen, das Planetarium
Stuttgart, die Steinbeis-Stiftung, mehr als 15 Firmen sowie mehrere Schulen
beteiligt. "Die amerikanische NASA und auf deutscher Seite das DLR und das
Bundesforschungsministerium investieren für eine Laufzeit von 20 Jahren
insgesamt rund 93 Millionen Euro", berichtete Prof. Röser.
In den nächsten 20 Jahren wird Stuttgart deutscher Heimatflughafen für die mit
einem leistungsfähigen Spiegel-Teleskop mit einem Durchmesser von 2,7 Metern
ausgerüstete Boeing 747SP sein. Damit können die Wissenschaftler unter anderem
Sterne und Sonnensysteme bei ihrer Entstehung beobachten. "Das Licht, das diese
jungen Objekte aussenden, ist von der Erde aus nicht zu empfangen, da
insbesondere der Wasserdampf für die infrarote Strahlung im Wesentlichen
unpassierbar ist", erläuterte Prof. Röser. Erst in Höhen ab etwa 13 Kilometern
ist der Weg frei für die Beobachtung.
Bisher standen den Astronomen nur die wesentlich niedriger liegenden
Observatorien wie auf Hawaii in 4.200 Metern Höhe oder hochfliegende Satelliten
zur Verfügung. Der Einsatz von Teleskopen auf Satelliten ist jedoch extrem teuer
und unflexibel. "SOFIA bietet dagegen die Möglichkeit, stets mit neuester
Technik Beobachtungsflüge auf der Nord- und auch auf der Südhalbkugel
durchzuführen und es hat im Vergleich zu Teleskopen am Boden den Vorteil, dass
es fast jeden Punkt am Nachthimmel beobachten kann", betonte Hans-Peter Röser.
Zur Erforschung des Südhimmels sind auch regelmäßige Flüge von Neuseeland aus
vorgesehen. Ein wesentlicher Pluspunkt für SOFIA ist die Möglichkeit, die
Instrumente zwischen den Flügen zu wechseln oder während des Fluges zu
optimieren.
Am Institut für Raumfahrtsysteme wird eine eigene Abteilung mit mehr als 20
Wissenschaftlern und Technikern eingerichtet, um das Flugzeug mit seinem
Teleskop zu betreuen und die Interessen der deutschen Instrumententeams zu
vertreten. "15 dieser deutschen Mitarbeiter werden ständig in den USA arbeiten",
berichtet Prof. Röser. Als besonders erfreulich wertet er die "starke
Kooperation" mit vier weiteren Instituten der Universität, dem Flughafen
Stuttgart, der Steinbeisstiftung für den Technologietransfer sowie über 15
mittelständischen Firmen aus Baden-Württemberg.
Auch im Bildungsbereich wird sich viel tun. Zur Zeit beteiligen sich bereits
fünf Schulen aus dem Stuttgarter Raum, das Planetarium und weitere vier Schulen
in Brandenburg sowie das Landesinstitut für Schule und Medien (LISUM) an der
Gestaltung des so genannten Educational and Public Outreach (EPO)
Programms. Mit diesem Programm soll die Faszination technischer Disziplinen
sowie von Astronomie und Luftfahrt bei einem breiten Publikum, insbesondere dem
Nachwuchs von Grundschule bis Gymnasium, geweckt werden. Damit wird den Schulen
die Möglichkeit geboten, sich mit ihren Schülerinnen und Schülern aktiv an den
Forschungsarbeiten zu beteiligen; auch Mitfluggelegenheiten wird es geben.
Bis es soweit ist, gilt es noch einige technologische Hürden zu meistern. Im
Herbst 2005 wird SOFIA von seinem amerikanischen Stützpunkt bei der NASA in der
Nähe von San Francisco abheben. Aber auch in Deutschland wird SOFIA zu sehen
sein: Im Vollbetrieb nach einigen Jahren wird das fliegende Labor zweimal im
Jahr für jeweils eine Woche in Stuttgart stationiert sein. In dieser Zeit werden
die Triebwerke und das Teleskop gewartet und Instrumententeams haben die
Möglichkeit, ihre Instrumente zu testen und zu verbessern. Während dieser Zeit
wird auch der Öffentlichkeit Zugang zum Flugzeug geboten werden.
|