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KOMETEN
Komet C/2001 Q4 (NEAT) am Abendhimmel
von Hans Zekl
für astronews.com
3. Mai 2004

Auf der Südhalbkugel der Erde leuchten zurzeit drei Kometen am Sternenhimmel - ein Anblick, den wahrscheinlich noch niemand zuvor gesehen hat. Nur einer von ihnen – C/2001 Q4 (NEAT) - wird Anfang Mai auch in Mitteleuropa sichtbar werden und nach einer Pause von mehreren Jahren nach Hale-Bopp wieder ein interessantes Himmelsschauspiel liefern.

C/2001 Q4 (NEAT)

Die Position des Kometen C/2001 Q4 (NEAT) vom 8. bis 31. Mai am westlichen Abendhimmel. Grafik: Hans Zekl

Jahrhunderte lang galten Kometen als Boten bevorstehenden Unheils, tauchten sie doch scheinbar aus dem Nichts auf. So soll ein Komet über dem antiken Rom geleuchtet haben, als Julius Caesar ermordet wurde. Im Gegensatz zu den Planeten, die auf regelmäßigen Bahnen über das Firmament wandern, schienen die "Haarsterne", wie Kometen im Mittelalter genannt wurden, sich an keine Regel zu halten. Erst im 17. Jahrhundert erkannten der englische Astronom Sir Edmund Halley, dass auch Kometen den Gesetzen der Himmelsmechanik gehorchen. So entdeckte er, dass die Kometen der Jahre 1456, 1531 und 1607 fast die gleiche Bahn besaßen. Für das Jahr 1758 sagte er dann dessen Rückkehr voraus. Die meisten Kometen allerdings laufen auf Bahnen um die Sonne, für sie hunderte oder tausende von Jahren benötigen.

Jährlich kommen immer wieder einige Dutzend Kometen in Sonnennähe – 2003 waren es 83, aber die wenigsten von ihnen werden hell genug, um auch eine auffällige Vorstellung am Himmel zu geben. Der letzte wirklich große Komet war Hale-Bopp, der 1997 für mehrere Wochen unübersehbar am Firmament stand. Seit dem gab es hin und wieder einige mittelhelle Kometen, die aber eher etwas für Amateurastronomen waren.

Das könnte sich aber im Mai ändern. Dann erscheint der Komet mit dem etwas trockenen Namen "C/2001 Q4 (NEAT)" am westlichen Abendhimmel. NEAT wurde außergewöhnlich früh entdeckt. Vor fast drei Jahren, am 24. August 2001, wurde er im Rahmen des Near Earth Asteroid Tracking (NEAT) Programms am Mount Palomar Observatorium gefunden. In diesem automatischen Überwachungsprogramm wird Nacht für Nacht nach gefährlichen Kleinplaneten sucht, die der Erde zu nahe kommen könnten. C/2001 Q4 war mehr als zehnmal so weit von der Sonne entfernt war als die Erde. Er erschien damals rund 400 000 Mal schwächer, als die schwächsten mit bloßem Auge noch zu sehenden Sterne. Normalerweise werden Kometen erst entdeckt, wenn sie sich deutlich näher an der Sonne befinden. Diese frühzeitige Entdeckung ließ vermuten, dass NEAT damals entweder sehr aktiv war oder sehr groß ist. In den folgenden Jahren 2001 und 2002 wurde der Komet dann langsam heller, aber Anfang 2003 war er immer noch so schwach, dass er nur in größeren Fernrohren zu sehen war. Ab Juli 2003 zeigte er auch einen fächerartigen kurzen Schweif. Der Komet wird seine größte Helligkeit wohl Anfang Mai erreichen. Leider kann man die tatsächliche Entwicklung gerade bei neuen Kometen, die zum allerersten Mal beobachtet werden, nur schlecht vorher sagen.

Astronomen bezeichnen Kometen auch als "schmutzige Schneebälle". Sie sind Überreste aus der Entstehungszeit unseres Sonnensystems, das vor ca. 4,5 Milliarden Jahren entstand. Im Großen und Ganzen bestehen sie aus einer relativ lockeren Ansammlung von Schnee und Eis aus gefrorenem Wasser, Kohlendioxid und anderen Gasen, die mit Staubteilchen unterschiedlicher Größe durchsetzt sind. Man nimmt heute an, dass es in den Außenbezirken des Sonnensystems zwei große Reservoire gibt, in denen Kometen langsam um die Sonne wandern. In diesen kalten Außenbezirken des Sonnensystems sind Kometen praktisch tief gefroren und haben sich seit ihrer Geburt kaum verändert. Durch Störungen ihrer Bahn können sie langsam in die inneren und wärmeren Bereiche des Planetensystems driften. Langsam erwärmt sich dann die Kometenoberfläche. Unter den Bedingungen des Weltraums gehen dabei leichtflüchtige, gefrorene Gase direkt in den gasförmigen Zustand über. Um den Kometenkern bildet sich dadurch eine Gashülle, die Koma, die durch das Sonnenlicht zum Leuchten angeregt wird. Je näher ein Komet der Sonne kommt, umso größer wird die Koma. Wenn man einen Komet sieht, beobachtet man eigentlich nur seine Hülle. Der eigentliche Kern selbst bleibt unsichtbar im Zentrum der Koma verborgen. Er ist viel zu klein – Hale-Bopp war gerade mal 40 Kilometer groß.

Aber seit den Vorbeiflügen der Sonden Giotto am 13. März 1986 am Kometen Halley, Deep Space 1 an Borrelly am 23. September 2001 und Stardust an Wild 2 am 2. Januar 2004 weiß man, dass nicht die ganze Oberfläche eines Kometenkerns aktiv ist. Vielmehr schießt das Gas mit hoher Geschwindigkeit aus einigen wenigen kleinen Zentren wie aus einer Düse heraus. Während der Wanderung des Kometen durch das Sonnensystem ändern sich aber laufend die Beleuchtungsverhältnisse für diese Aktivitätszentren. Einige werden unter Umständen inaktiv, weil sie kaum noch Sonnenlicht bekommen, andere dagegen werden stärker, weil sie länger angestrahlt werden. Diese komplexen Wechselspiele beeinflussen letztlich die Kometenaktivität und somit die Helligkeit. Dementsprechend gab es in der Geschichte immer wieder Beispiele für Kometen, die anfangs sehr hell waren, aber später die Erwartungen nicht erfüllen konnten. Bekannt ist die Geschichte des Kometen Kohoutek (1973), der erst sehr aktiv war, letztlich aber dann doch nur eine bescheidene Vorstellung bot. Andere Kometen zerbrachen in tausende kleiner Teile, als der Gasdruck in ihrem Inneren zu groß wurde. Es gibt auch Gegenbeispiele wie den Kometen Bradfield, der Ende April für wenige Tage tief am Morgenhimmel zu sehen war, nachdem er offensichtlich einen Helligkeitsausbruch erlebt hatte.

C/2001 Q4 wird wohl nicht ganz die Anfangserwartungen erfüllen können. Dennoch bietet er immer noch alle Voraussetzungen, eine auffällige Erscheinung zu werden. Im schlechtesten Fall, wird er unter Stadtlichtbedingungen ohne Fernglas kaum zu sehen sein. Aber außerhalb der Straßenbeleuchtung, dort wo es sehr dunkel ist, sollte er einen eindrucksvollen Anblick bieten mit einer Schweiflänge von vielleicht mehr als 20 Vollmonddurchmesser (10 Grad).

Zurzeit ist C/2001 Q4 (NEAT) ein Südhimmel-Komet und ist nur in südlichen Breiten zu sehen. Für Beobachter in Mitteleuropa taucht er erst am 8. Mai tief am südwestlichen Abendhimmel auf, wenn er seine maximale Helligkeit erreicht hat. In den Tagen darauf gewinnt er dann aber rasch an Höhe. Den geringsten Abstand zur Erde erreicht er am 7. Mai, einen Tag bevor er sichtbar wird. Dann beträgt seine Entfernung zu unserem Planeten rund 48 Millionen Kilometer. Der Komet wandert bis Ende Mai vom Sternbild Einhorn, durch Krebs und Luchs in den Großen Bären. Am 16. Mai 2004 (MESZ) erreicht der Komet schließlich seinen kleinsten Abstand zu unserem Tagesgestirn. Die Entfernung beträgt dann rund 143,9 Millionen Kilometer.

C/2001 Q4 ist am späten Abendhimmel in westlicher Richtung zu sehen. Da die Sonne im Mai immer später untergeht, wird es Mitte des Monats erst nach 23.30 Uhr MESZ vollkommen dunkel, Ende Mai sogar erst nach 24 Uhr. Je nach Helligkeit und Höhe des Kometen, können Beobachtungen aber auch etwas früher erfolgen. In den ersten zwei Wochen stört der Mond die Beobachtungen nicht. Vollmond ist am 4. Mai - totale Mondfinsternis, am 8. geht er dann schon rechtzeitig unter. Erst nach dem folgenden Neumond beginnt er ab dem 22. Mai die Beobachtungen zu beeinflussen. Auf jeden Fall empfiehlt es sich, ein Fernglas dabei zu haben. Selbst wenn der Komet gut mit bloßem Auge zu sehen ist, im Feldstecher erscheint er noch eindrucksvoller. Empfehlenswert sind auf jeden Fall Beobachtungsplätze außerhalb des störenden Stadtlichts oder der Straßenbeleuchtung.

siehe auch
astronews.com Sternenhimmel
AstroLinks: Kometen
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