Der
größte Diamant der Milchstraße
von Stefan
Deiters
astronews.com
17. Februar 2004
Passend zum Valentinstag am vergangenen Wochenende berichteten
Astronomen von einer Entdeckung, die manches Valentinstaggeschenk als
schmucklosen Kiesel erscheinen lassen dürfte: Sie spürten in etwa 50
Lichtjahren Entfernung den größten bislang entdeckten Diamanten auf: Er hat 10 Milliarden Billionen Billionen Karat.
Der Weiße Zwerg BPM 37093 dürfte der größte Diamant der
Milchstraße sein. Bild: Travis Metcalfe und Ruth Bazinet,
Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics. |
"Ein Juwelier würde eine Lupe benötigen, die so groß ist wie unsere Sonne, um
die Qualität dieses Diamanten zu beurteilen", so Travis Metcalfe vom
Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics, der die Forschungen leitete.
"Bill Gates und Donald Trump könnten sich sogar zusammen diesen Diamanten nicht
leisten." Andererseits dürfte man wohl auch mit Recht die Frage stellen, warum
sie diesen Diamanten kaufen sollten: Tragen kann man ihn sowieso nicht und wenn
man ihn zerteilt, würden der Diamantenpreis schnell ins Bodenlose abstürzen - es
gäbe einfach zu viel.
Doch die Astronomen um Metcalfe waren auch nicht auf der Suche nach einem
unschlagbaren Valentinstaggeschenk, sondern dabei, einen Stern in der Endphase
seines Lebens zu studieren. Der kosmische Diamant, den sie dabei aufspürten,
liegt in rund 50 Lichtjahren Entfernung im Sternbild Centaur und hat einen
Durchmesser von etwas weniger als 4.000 Kilometern. Sein Gewicht lässt sich zu
10 Milliarden Billionen Billionen Karat bestimmen, das ist eine 1 mit 34 Nullen.
"Es ist wirklich die Mutter aller Diamanten", so Metcalfe. "Manche sagen auch
einfach Lucy zu dem Stern, in Anlehnung an den Beatles-Song Lucy In
The Sky With Diamonds."
Doch der eigentliche Name von Lucy ist wenig spektakulär: Die Astronomen
nennen den Riesendiamanten BPM 37093 und wissen genau, was sie hier vor sich
haben: einen kristallisierten Weißen Zwerg. Weiße Zwerge sind die Endphase im
Leben von Sternen, die unserer Sonne ähneln. Es handelt sich bei ihnen um die
glühenden Aschereste, die von den Fusionsprozessen übrig geblieben sind.
Hauptsächlich bestehen sie aus Kohlenstoff mit einer dünnen Schicht aus
Wasserstoff und Helium darüber.
Seit vielen Jahren schon waren die Wissenschaftler davon überzeugt, dass das
Innere von Weißen Zwergen kristallisiert, doch fehlte bislang der Beweis aus
einer Beobachtung. Erst der von Metcalfe und seinen Kollegen studierte
Sternenrest brachte jetzt Gewissheit. Und dieser hat noch eine Besonderheit, die
irdische Diamanten vermissen lassen: Er schwingt wie ein riesiger Gong. "Durch
die Messung dieser Schwingungen konnten wir das verborgene Innere des Weißen
Zwerges studieren, genau wie Geologen aus Erdbebenwellen Rückschlüsse auf das
Erdinnere ziehen", erläutert Metcalfe. "Wir konnten somit ermitteln, dass der
Kohlenstoff in Inneren zum größten Diamanten der Milchstraße geworden war."
Nach Überzeugung der Wissenschaftler wird auch unsere Sonne in rund 5 Milliarden
Jahren zu einem Weißen Zwerg, dessen Inneres auch kristallisieren sollte. Im
Zentrum unseres Sonnensystems - oder von dem, was davon übrig ist - wird dann
ein gigantischer Diamant zu finden sein.
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