Leben
im Permafrost möglich?
Redaktion
astronews.com
29. Oktober 2003
Der Marsboden
enthält mehr Wasser als bisher angenommen wurde. Das ist eines der wichtigsten
Resultate des DLR-Projektes "Leben im Permafrost", dessen Ergebnisse
gestern
vorgestellt wurden. Untersuchungen des irdischen Permafrostes lieferten zudem
Hinweise für die Suche nach Lebensspuren auf dem Mars - beispielsweise mit dem
Marsbohrer "Pluto", der sich schon auf dem Weg zum roten Planeten befindet.
Der Marsbohrer PLUTO des DLR. Der Hightech-"Maulwurf" nimmt
Bodenproben aus verchiedenen Tiefen. Bild: DLR |
Auf und direkt unter der Marsoberfläche gibt es mehr gebundenes Wasser, das
flüssigkeitsartige Eigenschaften hat, als bisher angenommen. Dies ist eins der
wichtigsten Ergebnisse, die Forscher des Deutschen Zentrums für Luft- und
Raumfahrt (DLR) in ihrem soeben abgeschlossenen Projekt "Leben im Permafrost"
erlangt haben. Da flüssiges Wasser allgemein als eine der wichtigsten
Voraussetzungen für Entwicklung von Leben gilt, gibt insbesondere dieses
Ergebnis Anlass zu der Hoffnung, in den aktuellen Mars-Missionen wie Mars
Express Lebensspuren auf unserem Nachbarplaneten entdecken zu können.
Auf der Erde gibt es zahlreiche Regionen mit Permafrost. Bekannt ist, dass es in
diesem Dauereis vielfach Lebensformen gibt. Die Bedingungen dafür und die
genaueren Umstände wollten die DLR-Forscher mit ihrem im Jahr 2000 begonnenen
Projekt "Leben im Permafrost" genauer erforschen. Besondere Bedeutung erhielten
die Studie und die denkbaren neuen wissenschaftlichen Ergebnisse durch die
europäische Mission Mars Express, die ab 2004 auf dem roten Planeten nach
Lebensspuren forschen soll. Insbesondere ging es darum, aus irdischen
Forschungsergebnissen über den Permafrost Fragestellungen und Aufgaben für die
Marsforschung abzuleiten. Heute stellen die DLR-Forscher nun in Köln in einer
wissenschaftlichen Veranstaltung ihre Ergebnisse vor, die auch für die
Marsforschung in den kommenden Monaten von großer Bedeutung sein dürften.
Vier Schwerpunkte untersuchten die DLR-Experten genauer: Zum einen galt ihr
Interesse den Überlebensbedingungen einfacher Organismen unter den
UV-Strahlenbelastungen an der Marsoberfläche, die nicht den Schutz einer
Ozon-Schicht hat. Ferner führten sie physikalische Forschungen zu Zustand und
Verteilung des Wassers im oberen Marsboden durch, die durch geomorphologische
Untersuchungen zum Beitrag von Wasser und Permafrost zur Entwicklung der
Oberflächenformen des Mars ergänzt wurden. Letztlich war das Team an Entwicklung
und Fertigung des Marsbohrers und des Probennehmers PLUTO auf dem Lander
Beagle 2 der europäischen Marsmission Mars Express beteiligt.
Zu den wichtigsten Ergebnissen der Forschergruppe zählt, dass der Marsbohrer
PLUTO inzwischen auf dem Wege zum Mars ist und im kommenden Jahr ab Mitte Januar
aus unterschiedlichen Tiefen Bodenproben entnehmen soll, die in einem Minilabor
auf dem Mars auf Lebensspuren untersucht werden sollen. Die physikalischen
Untersuchungen der DLR-Forscher führten zu dem Schluss, dass im oberen, bis zu
wenigen Metern tiefen Marsboden mittlerer und niederer Breiten Wasser in der
Form von Adsorbatwasser bzw. Sorptionswasser vorhanden sein muss. Diese
Ergebnisse der deutschen Forscher wurden inzwischen durch die Untersuchungen der
NASA-Marsmission Mars Odyssey bestätigt . Durch die Vorarbeiten im DLR
konnte gezeigt werden, dass es sich hier nicht - wie ursprünglich von der NASA
angenommen - um Eis, sondern um physikalisch und chemisch gebundenes Wasser an
und in den Oberflächen der Teilchen des Marsbodens handelt.
Für die kommenden Untersuchungen auf dem Mars ist dies von besonderer Bedeutung,
denn Adsorbatwasser hat auch bei Temperaturen weit unter null Grad Celsius, wie
sie an und in der Marsoberfläche herrschen, flüssigkeitsartige Eigenschaften.
Das weiß man von Untersuchungen des "unfrozen water" im irdischen Permafrost,
das bei bis zu minus 40 Grad Celsius flüssig bleibt. Also müssten bei der
Präsenz von Adsorptionswasser auf dem Mars dort auch chemische Prozesse ablaufen
können, die ihre Energie z.B. aus der UV-Strahlung der Sonne beziehen könnten.
Die ersten diesbezüglichen Experimente im DLR bestätigen diese Annahme. Und wenn
vom Adsorptionswasser getragene chemische Prozesse dort ablaufen können, gibt es
Voraussetzungen für die Entwicklung von Leben, das ja extrem anpassungsfähig
ist. Somit ist eins der wichtigsten und damit viel versprechendsten
Projektergebnisse, dass der Mars nicht überall so trocken ist wie man bisher
annahm.
Bei den geomorphologischen Arbeiten erlaubt die globale Kartierung von
Erosionsrinnen auf dem Mars Rückschlüsse auf das Vorkommen von oberflächennahem
Wassereis oder gar flüssigem Wasser in jüngster Vergangenheit (wahrscheinlich
vor weniger als einer Million Jahren) bis in möglicherweise rezente, also
allerjüngste Zeiten, denn die Morphologie der Erosionsrinnen spricht eindeutig
für eine Entstehung durch flüssiges Wasser. Viele Quellregionen von
Erosionsrinnen beginnen direkt an der lokalen Oberfläche und treten gleich oben
unter der Oberfläche aus. Diese Beobachtung weist auf einen Entstehungsprozess
der Rinnen hin, der durch Schmelzen von oberflächennahem Wassereis ausgelöst
wird.
Bei den biologischen Untersuchungen überraschte die DLR-Forscher immer wieder,
wie anpassungsfähig lebende Organismen sein können: So können durch sehr
effektive Reparaturmechanismen Strahlungsschäden, wie sie z.B. durch die
UV-Strahlung entstehen, oftmals "ausheilen".
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