INTEGRAL
Versteckte
Schwarze Löcher aufgespürt
von Stefan
Deiters
astronews.com
21. Oktober 2003
Seit einem
Jahr ist das ESA-Gammastrahlen-Teleskop Integral im All und
rechtzeitig zu diesem Jubiläum melden Astronomen den Fund eines bislang
unbekannten astronomischen Objektes: Integral spürte Doppelsternsysteme
auf, die in eine dichte Wolke aus kühlem Gas eingebettet sind und deren einer
Partner ein Schwarzes Loch oder ein Neutronenstern sein dürfte. Für herkömmliche
Teleskope blieben diese Objekte bislang unsichtbar.
So könnte das geheimnisvolle Doppelsternsystem aussehen: Ein
massereicher Stern umkreist ein kompaktes Objekt (links) -
entweder ein Neutronenstern oder ein Schwarzes Loch. Bild:
ESA |
Das erste dieser offenbar neuen Klasse von astronomischen Objekten entdeckte
Integral am 29. Januar 2003. Von dem Objekt namens IGRJ16318-4848 kannten die
Astronomen zwar nicht die Entfernung, waren sich aber ziemlich sicher, dass es
in unserer Milchstraße lag. Außerdem folgerten die Forscher aus ihren Daten,
dass es sich vermutlich um ein Doppelsternsystem handeln muss, dessen einer
Partner ein Neutronenstern oder ein Schwarzes Loch ist. Bei dem anderen dürfte
es sich um einen sehr massereichen normalen Stern handeln.
Das Gas des Begleiters wird von dem Neutronenstern oder dem Schwarzen Loch
angezogen und beschleunigt - der kompakte Objekt kannibalisiert den massereichen
Stern. Dabei wird Energie frei, die man in Form von Strahlung in den
unterschiedlichsten Wellenlängenbereichen sehen kann. 300 Objekte wie
IGRJ16318-4848 sind in unserer Galaxie bekannt, und die Entdeckung von Integral
könnte einfach nur ein weiteres auf der Liste sein. Nur, so fragten sich die
Astronomen, warum wurde es nicht
schon früher entdeckt?
Die Forscher glauben, eine Erklärung dafür gefunden zu haben:
IGRJ16318-4848 scheint von einer dicken Schale aus Material umgeben zu sein, die das Doppelsternsystem einhüllt. Dadurch sollte es nur der energiereichsten
Strahlung gelingen, aus dem Kokon zu entkommen. Integral ist auf die
Entdeckung von sehr energiereicher Strahlung spezialisiert, was erklären könnte,
dass dieses Objekt bislang übersehen wurde.
Um nun ihre These zu überprüfen, baten die Astronomen das ESA-Röntgenteleskop
XMM-Newton um Hilfe: Auch XMM ist in der Lage energiereiche Strahlung
auszumachen, liefert aber auch Informationen über möglicherweise vorhandenes
Material, was die Sicht versperrt. Und in der Tat entdeckte XMM einen dichten
Kokon aus kalten Gas um
IGRJ16318-4848, der etwa einen Durchmesser hat, der dem des Orbits der Erde um
die Sonne entspricht.
Das von XMM entdeckte Material stammt möglicherweise von einem so genannten
stellaren Wind, der von dem massereichen Begleitstern ausgeht. Das Gas wird
wiederum von dem Neutronenstern oder Schwarzen Loch angezogen, so dass sich eine
dichte Hülle um das System bildet, die nur noch von energiereicher Strahlung
durchdrungen werden kann. "Nur Photonen mit der höchsten Energie können diesen
Kokon verlassen", erläutert Roland Walter von Integral Science Data Centre
in der Schweiz. "IGRJ16318-4848
ist daher bei früheren Suchen unentdeckt geblieben und konnte auch nicht von
anderen Gammastrahlen-Missionen aufgespürt werden, da sie nicht über die
Empfindlichkeit von Integral verfügten."
Die Frage ist nun, wie viele unentdeckte Objekte dieser Art noch in unserer Galaxie
versteckt sind. Integral und XMM Newton sind das ideale Team um
diese aufzuspüren und haben bereits zwei weitere Kandidaten ausfindig gemacht.
Weitere Beobachtungen sind geplant.
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