Europas
Mondmission verzögert sich
Redaktion
astronews.com
19.
August 2003
Für die europäischen Mondforscher geht das Warten weiter: Gestern kündigte
Arianespace eine erneute Verschiebung des Starts der nächsten
Ariane 5-Rakete an, die unter anderem die europäische Mondsonde
SMART-1 ins Weltall befördern soll. Grund sind weitere Tests, die an
einem kommerziellen Satelliten an Bord der Rakete durchgeführt werden
sollen.

SMART-1 ist Europas erste Mondmission. Bild: ESA |
Es heißt also weiterhin warten für die erste europäische Mondsonde, SMART-1,
die den Mond allein mit dem Schub eines Ionentriebwerks erreichen soll, das bei
dieser Mission zum ersten Mal von Europa als Hauptantriebssystem eingesetzt
wird. Die von der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) entwickelte Sonde
wurde am 15. Juli nach Kourou (Französisch-Guayana) transportiert (astronews.com
berichtete). Einen neuen Starttermin wird Arianespace in Kürze festlegen.
Die 367 Kilogramm schwere Sonde teilt sich den Ariane-Start V162 mit
zwei kommerziellen Nutzlasten: den Nachrichtensatelliten Insat 3E der
Indischen Weltraumforschungsorganisation und e-Bird der Organisation
Eutelsat. Als kleinstes Mitglied dieses Trios wird SMART-1 - in einen
zylindrischen Adapter verpackt - den untersten Platz im Nutzlastbereich der
Rakete einnehmen und daher auch zuletzt ausgesetzt.
Eine Ariane-Trägerrakete der Grundversion wird die drei Nutzlasten auf eine
Übergangsbahn zum geostationären Orbit bringen, von der aus jede ihre Reise zu
ihrer endgültigen Einsatzbahn antreten wird. SMART-1 wird ihr Ziel, den
Mond, auf einer langgezogenen spiralförmigen Flugbahn ansteuern und mit Hilfe
ihres Ionentriebwerks in etwa 16 Monaten erreichen.
Der Ionenantrieb dient der Beschleunigung der Sonde und der allmählichen
Anhebung ihrer Flugbahn, bis sie in einer Höhe von 350.000 bis 400.000 Kilometer
über der Erde in die Nähe des Mondes gelangt. Nach einer Reihe von Vorbeiflügen
am Mond zur Nutzung seiner Gravitation jeweils Ende September, Oktober und
November 2004 wird SMART-1 im Dezember 2004 vom Schwerefeld des Mondes
erfasst und beginnen, unter Einsatz ihres Triebwerks ihre Geschwindigkeit sowie
die Höhe ihrer Mondumlaufbahn zu verringern.
SMART-1 ist keine übliche Raumsonde. Als erste einer Reihe kleiner
Missionen für fortschrittliche Technologieforschung ("Small Missions for
Advanced Research in Technology") der ESA dient sie hauptsächlich der
Erprobung und dem Nachweis innovativer Schlüsseltechnologien für künftige
wissenschaftliche Missionen in den fernen Weltraum. Sobald sie ihr Ziel erreicht
hat, wird sie jedoch auch eine beispiellose wissenschaftliche Untersuchung des
Mondes durchführen. Mit einer Größe von nur einem Kubikmeter ist sie eine sehr
kleine Sonde. Ihre Sonnenzellenausleger haben eine Spannweite von 14 m und
liefern 1,9 kW Strom, wovon rund 75 Prozent für den solarelektrischen Antrieb
der Sonde genutzt werden.
In ihrer Rolle als "Beweisführerin für neue Technologien" konzentriert sich
SMART-1 hauptsächlich auf die Erprobung des solarelektrischen
Antriebssystems. Bei diesem neuartigen System wird der über die Solarzellen
gewonnene Strom zur Erzeugung eines Strahls geladener Teilchen genutzt, der die
Sonde mit einem geringen aber kontinuierlichen Schub vorantreibt. Solche
Triebwerke werden als Ionentriebwerke bezeichnet und von den Ingenieuren als
äußerst bedeutsam für künftige Missionen in die Tiefen des Weltraums betrachtet.
SMART-1 wird auch mehrere miniaturisierte Geräte sowie ein
Navigationssystem erproben, das es Raumfahrzeugen in Zukunft ermöglichen soll,
sich selbständig durch das Sonnensystem zu bewegen. Darüber hinaus wird neben
einem neuen Kurzwellen-Kommunikationssystem eine Weltraumkommunikationstechnik
getestet, bei der mittels eines Laserstrahls eine Verbindung zur Erde aufgebaut
werden soll.
Sobald SMART-1 im Januar 2005 in eine polnahe Umlaufbahn um den Mond
einschwenkt, wird sie auch als wissenschaftliche Plattform für die Erforschung
des Mondes dienen. Die Sonde wird in den Kratern der Polregionen des Mondes nach
Zeichen von Wassereis suchen, Daten zur Klärung des immer noch ungewissen
Ursprungs des Mondes liefern und durch Kartierung der Topographie und der
Verteilung von Mineralen und wichtigen chemischen Elementen auf der Oberfläche
des Mondes seine Entwicklung nachzeichnen.
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