RINGFÖRMIGE SONNENFINSTERNIS
Verdunkelter
Sonnenaufgang über Europa
von
Hans Zekl
für
astronews.com
30. Mai 2003
Totale Sonnenfinsternisse sind sehr beeindruckende Erlebnisse. Aber auch
partielle Finsternisse können ihren ganz besonderen Reiz haben. Als drittes
astronomisches Ereignis im Mai kommt es am letzten Tag des Monats zu einer seltenen Sonnenfinsternis
während des Sonnenaufgangs.
11. August 1999 - nach langer Zeit war in Deutschland wieder eine totale
Sonnenfinsternis zu sehen. Auch außerhalb der Totalitätszone sorgte die
Finsternis für erhebliche Aufmerksamkeit.
Am morgigen Samstag, den 31. Mai, ist nun wieder eine Sonnenfinsternis von
Deutschland aus zu beobachten - 15 Tage nach der totalen
Mondfinsternis, die am 16. Mai bei gutem Wetter schön zu sehen war, schiebt sich
der Mond wieder einmal vor die Sonne.
Sonnenfinsternisse sind spektakuläre aber seltene Ereignisse. Insbesondere
messen sich die Abstände für das Auftreten von totalen Sonnenfinsternissen in
einer Region oft in Jahrhunderten. Morgen ist daher in Mitteleuropa auch nur eine partielle
Verfinsterung zu beobachten - dafür aber eine ganz besondere.
Diese Sonnenfinsternis ist nämlich nirgendwo auf der Erde total. Das allein ist nichts
besonderes, kam es doch im Jahr 2000 zu insgesamt vier Sonnenfinsternissen, von
denen ebenfalls keine total war. Am 31. Mai aber ist der Mond zu weit weg von der Erde
und erscheint deshalb kleiner als die Sonne. Selbst an Orten, an denen er sich
vollständig vor die Sonne schiebt, bleibt dann immer noch ein schmaler, gleißend
heller Ring der Sonne übrig. Diesen Finsternistyp nennt man deshalb
ringförmig. Um den "Feuerring" zu beobachten, muss man aber diesmal nach
Nordschottland, Island oder Grönland reisen.
Zusätzlich besitzt diese Sonnenfinsternis eine Besonderheit. Normalerweise
wandert der Schatten des Mondes von Westen nach Osten. Diesmal ist es genau
umgekehrt. Die Ursache dafür liegt darin, dass der Mond sich praktisch auf der
anderen Seite der Erde befindet. Sein Schatten streicht knapp über den Nordpol
und trifft dann erst die Erde. In Mitteleuropa findet die Finsternis zu Sonnenaufgang statt. Westlich einer
Linie Rotterdam, Ludwigshafen, Ulm Innsbruck geht die Sonne erst nach dem
Finsternishöhepunkt auf. Im Nordwesten Deutschlands werden 84% der Sonne vom
Neumond bedeckt, während es im Südosten Österreichs nur noch 75% sind. Knapp
eine Stunde später hat der Mond die Sonne wieder freigegeben und das Schauspiel ist
vorüber. Zur Zeit des Sonnenaufgangs erscheint langsam eine mehr oder minder
schmale helle Sichel über dem Horizont.
Trotz des hohen Verfinsterungsgrades wird man keine merkliche Verdunklung
feststellen. Der Rest der Sonne spendet noch genug Licht, um es taghell
erscheinen zu lassen. Auch ist die Korona nicht zu sehen. Allenfalls das
Farbenspiel der Morgendämmerung könnte anders verlaufen. Die Farben sind
möglicherweise fahler und blasser. Aber der genaue Eindruck wird sehr vom Wetter
und der Klarheit der Luft abhängen.
Diese Sonnenfinsternis ist ein ideales Betätigungsfeld für Fotografen, bieten
sich doch ständig neue noch nie gesehene Motive. Auch ist es nicht besonders
schwer zu fotografieren, da der Belichtungsmesser zum Ausmessen der
Aufnahmen ausreicht. Allerdings sollte man ein Teleobjektiv verwenden: Mindestens 200 mm Brennweite sollten vorhanden sein. Aber selbst damit ist das
Bild der Sonne nicht sehr groß, so dass die Aufnahmen in der Regel vergrößert
werden müssen. Selbst bei 500 mm Brennweite ist das Bild der Sonne gerade mal 5
mm breit. Aus diesem Grund sollte man einen möglichst feinkörnigen Film mit
niedrigem ASA-Wert verwenden. Filme unter 100 ASA sind für Vergrößerungszwecke
besser geeignet als empfindlichere Filme. Letztere braucht man aber, wenn ein
starkes Teleobjektiv zum Einsatz kommt.
Auch Videoaufnahmen können angefertigt werden. Auch hier gilt, dass ein guter
Telekonverter verwendet werden sollte, um ein ausreichend großes Bild der Sonne
zu erhalten.
Wer mit bloßem Auge oder Fernglas beobachten will, muss für ausreichenden Schutz
der Augen sorgen. Selbst die niedrig stehende Sonne kann schnell zu unheilbaren
Augenschäden oder Erblindung führen.
Für die Beobachtung mit einem Fernglas oder Fernrohr kann man im Fachhandel
Objektivfilter erhalten. Ein einfachere Möglichkeit besteht darin, zwei Lagen
mit Gold beschichteter Rettungsfolie vor dem Objektiv zu befestigen.
Rettungsfolie gibt es für wenig Geld in jedem guten Sportgeschäft. Nachdem man 2
passende Stücke mit einer Schere heraus geschnitten hat, legt man sie
übereinander und befestigt sie mit einem einfachen Ringgummi vor dem Objektiv.
Es muss nur darauf geachtet werden, dass die Folie keine Löcher hat und die
beiden Stücke keine Falten vor dem Objektiv aufweisen.
Diese Folie kann man auch für die Beobachtung mit bloßem Auge verwenden. Eine
Sonnenbrille ist zu schwach. Ersatzweise sind auch die braunen Endstreifen von
Diafilmen nützlich. Zwei aufeinander gelegt bieten ebenfalls einen brauchbaren
Schutz für die Beobachtung ohne Hilfsmittel. Auf keinen Fall darf man sie in
Verbindung mit einem Fernglas oder Fernrohr verwenden.
Stellt sich noch die Frage nach dem Beobachtungsplatz. Da die Finsternis zu
Sonnenaufgang stattfindet, muss man einen Platz mit freier Sicht nach Nordosten
wählen. Geeignet sind unbewaldete Höhen auf einem Berg. In Richtung der
aufgehenden Sonne darf sich kein weiteres Hindernis befinden. Andererseits kann
man auch aus einer Ebene das Schauspiel verfolgen.
|