GAMMA-RAY-BURSTS
100
Teleskope jagen GRB021004
von Rainer Kayser
10. Oktober 2002
Plötzliche Ausbrüche im Gammastrahlen-Bereich,
so genannte Gamma-Ray Bursts, gehören zu den mysteriösesten
Ereignissen im Universum. Um hinter die Ursache zu kommen, haben
Astronomen auf der ganzen Welt eine Art Frühwarnsystem eingerichtet.
Anfang Oktober konnten dadurch fast 100 Teleskope die Überreste eines
Ausbruchs beobachten.
Gammastrahlungs-Ausbruch GRB021004 Minuten nach der Entdeckung.
Foto:
NEAT/Palomar 48" Oschin Telescope |
Für die Astronomen ist es der ganz große Erfolg: Nur neun Minuten, nach dem
der Satellit HETE einen kosmischen Gammastrahlungs-Ausbruch registriert hatte,
konnte die Explosionsquelle auch mit einem optischen Teleskop auf der Erde
aufgespürt werden. Innerhalb kürzester Zeit beobachteten Forscher an fast 100
Teleskopen in elf Ländern das mysteriöse Objekt. "Das ist das große Ereignis,
dass uns nicht entwischt ist", freut sich George Ricker vom Massachusetts
Institute of Technology in Cambridge. Ricker ist Chefwissenschaftler des
HETE-Teams. Die Gammastrahlungs-Ausbrüche gehören zu den energiereichsten
Ereignissen im Kosmos. Sie dauern zumeist nur wenige Sekunden an und ihre
Ursache ist bislang unbekannt. Die Beobachtung des "optischen Gegenstücks" der
rätselhaften Strahlungsquellen soll den Astronomen helfen, die Ursache der
kosmischen Blitze aufzuklären.
Die Wissenschaftler haben deshalb eine Art Frühwarnsystem entwickelt, um
möglichst schnell auf Gamma-Ausbrüche reagieren zu können. Jeden Tag werden von
speziellen Satelliten wie HETE ein oder zwei solche Ausbrüche registriert. Am 4.
Oktober schnappte die Falle der Astronomen endlich erfolgreich zu. Bereits 11
Sekunden nach dem Ausbruch verschickte HETE automatisch eine Warnung an die
Forscher in aller Welt, 48 Sekunden später folgten genaue Positionsdaten. Derek
Fox, Astronom an der Sternwarte Mount Palomar reagierte sofort und richtete das
1,10 Meter große Oschin-Teleskop auf die angegebenen Koordinaten. Neun Minuten
nach dem Ausbruch entdeckte er dort das schwache Nachglühen der fernen
Explosion.
Inzwischen konnten Astronomen in aller Welt das langsame Verblassen der
geheimnisvollen Strahlungsquelle beobachten. Auch das Weltraumteleskop Hubble
und der Röntgensatellit Chandra wurden auf das Objekt ausgerichtet. Die
Gamma-Explosion fand vermutlich in einer zehn Milliarden Lichtjahre von der Erde
entfernten Galaxie statt. Theoretiker glauben, dass es sich bei den Ausbrüchen
um die Explosion hypermassiver Sterne in der Frühzeit des Kosmos oder um die
Kollision von Neutronensternen handeln könnte.
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