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Home  : Nachrichten : Raumfahrt : Artikel : Teil 2  [Druckansicht]

 
RAUMFAHRTTECHNOLOGIE
Noch mal schnell zum Mars (2)

Zurück zum 1. Teil: Die Probleme mit herkömmlichen Antrieben

Die nächsten, fortschrittlicheren Raketensysteme werden wohl auf Ionentriebwerken basieren. Erste Versuche dazu wurden schon vor 30 Jahren von der damaligen Sowjetunion mit kleinen Sonden in der Erdumlaufbahn durchgeführt. Sie benutzten derartige Antriebe für die Lage- und Bahnkontrolle. Derzeitige Ionentriebwerke verwenden Edelgase wie Xenon. Das Gas befindet sich in einer von Magneten umschlossenen ringförmigen Kammer, durch die ein Elektronenstrahl geschickt wird. Wenn die Elektronen die Gasatome treffen, reißen sie ein anderes Elektron aus deren Atomhülle. Dadurch wird das Atom elektrisch positiv geladen; es wirt ionisiert. Ein elektrisch geladenes Gitter mit vielen Löchern beschleunigen die positiven Ionen, die es dann mit etwa 160 000 km/h passieren und aus der Rakete ausgestoßen werden.

Cosmos 1

Cosmos 1, eine Sonnensegel-Projekt der Planetary Society. Bild: Babakin Space Center, The Planetary Society.

Elektrische Antriebe bieten eine Reihe von Vorteilen. Beispielsweise besteht die Hälfte der Masse eines Fernmeldesatelliten aus Treibstoff. Bei einem Gesamtgewicht von 4 Tonnen könnte man 600 kg Treibstoff mit einem Ionentriebwerk einsparen. Dafür kann man entsprechend mehr Fernsehtransponder unterbringen. Der Gewinn an Nutzlast ist aber nicht der einzige Vorteil. Spezielle kleine Ionentriebwerke kann man auch zur Bahn- und Lagekontrolle eines Satelliten verwenden. Durch die geringen Kräfte kann damit sehr präzise steuern.

Interplanetare Missionen könnten so in kürzerer Zeit durchgeführt werden und die Sonden könnten unterwegs navigieren. Dadurch bieten sich mehr Möglichkeiten in den Schwerefeldern der Planeten mehr Schwung zu holen. Auch wären die Startfenster größer. Zusätzlich erhöht ein elektrischer Antrieb die Sicherheit. Erst kürzlich musste die NASA eine herben Rückschlag hinnehmen, als die die Sonde CONTOUR beim Starten des Raketenmotors, um die Erdumlaufbahn zu verlassen, offensichtlich in drei Teile zerbrach (astronews.com berichtete). Bei den geringen Kräften mit einem Ionentriebwerk besteht diese Gefahr nicht.

Aber woher bekommt man die Energie, um das Gas zu ionisieren und die benötigten elektrischen Spannungen aufzubauen? Dazu kann man Solarzellen verwenden oder auch Energie aus der Kernspaltung bzw. der Kernfusion. Die beiden letzt genannten Methoden sind momentan noch Zukunftsmusik. Bis zum Mars kann man bei unbemannten Missionen Solarzellen verwenden. Bei größeren Abständen zur Sonne oder für Missionen, bei denen es auf hohe Geschwindigkeiten ankommt, muss man aber nukleare Energiequellen nutzen.

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Ionentriebwerke haben ihre Fähigkeiten schon bewiesen. Das bekannteste Beispiel ist Deep Space 1 (DS1). Dieses kleine Testfahrzeug wurde vor fast vier Jahren am 24. Oktober 1998 gestartet und flog am 29. Juli 1999 am Planetoiden Braille und am 22. September 2001 am Kometen Borrelly vorbei (astronews.com berichtete), bevor es am 18. Dezember 2001 still gelegt wurde. Auf seiner langen Reise durch das Sonnensystem wurden zwölf verschiedene neue Techniken geprüft. Ionentriebwerke wie das von DS1 sind etwa zehn mal so effektiv wie chemische Antriebe. Der ESA-Satellit Artemis konnte nur durch sein Ionentriebwerk vor dem Totalverlust bewahrt werden, nachdem ihn eine Ariane-Rakete in die falsche Umlaufbahn gebracht hatte (astronews.com berichtete).

Im Gegensatz dazu "leben" treibstofflose Raumfahrtzeuge von ihrer Umgebung, von den natürlichen Ressourcen im Raum. Die zwei vielversprechendsten Kandidaten sind Raumfahrtzeuge mit Sonnen- oder Plasmasegeln. Obwohl der Effekt ähnlich ist, verwenden sie dennoch gänzlich unterschiedliche Mechanismen.

Sonnensegel bestehen aus einer großen Fläche aus leichtem Material mit hohem Reflexionsvermögen. Im Weltraum wird dieses Segel entfaltet und sammelt das Licht von der Sonne. Für große Missionen könnte seine Fläche mehrere Quadratkilometer betragen. Die Photonen von der Sonne prallen gegen diese Fläche und übertragen ihren Impuls auf das Segel. Dieser sanfte Strahlungsdruck beschleunigt das Raumschiff im Laufe der Zeit auf etwa 65 Kilometer pro Sekunde, also etwa 234 000 Kilometer pro Stunde.

Diese Antriebsart nutzt nur das Sonnenlicht, nicht dagegen den Sonnenwind, einen ständigen Strom elektrisch geladener Teilchen, die von der Sonne mit 400 bis 800 Kilometer pro Stunde wegströmen. Dafür kann man ein Plasmasegel verwenden, das durch den Sonnenwind angetrieben wird. Dazu muss ein starkes Magnetfelder um das
Raumschiffes erzeugt werden. Die magnetische Blase hat einen Durchmesser von 15 bis 20 km. Der schnelle Sonnenwind drückt nun gegen diese Blase, weil die elektrisch geladenen Teilchen des Windes mit dem Magnetfeld des Raumschiffs wechselwirken. Langsam aber sicher wird das Raumfahrtzeug von der Sonne weg beschleunigt. Ein 200 kg schweres Raumfahrzeug könnte in 3 Monaten eine Geschwindigkeit von 80 Kilometer pro Sekunde erreichen. Gleichzeitig schützt das Magnetfeld die Besatzung vor energiereichen geladenen Teilchen, die bei starken Ausbrüchen auf der Sonne (Flares) entstehen.

Die beiden Techniken kommen aber wohl für bemannte Missionen nicht in Betracht. "Sie brauchen zu lange, um die notwendigen Geschwindigkeiten zur Überwindung der Erdanziehung zu erreichen", erklärt Johnson. Dennoch könnte eine Mischung verschiedener Antriebe sehr ökonomisch für bemannte Marsmissionen sein. Die Startmasse ließe sich bei einer sechsköpfigen Besatzung auf unter 450 Tonnen reduzieren.

Das Konzept könnte folgendermaßen aussehen: chemische Raketen bringt das Raumschiff in eine niedrige Erdumlaufbahn. Dort zündet dann das Ionentriebwerk oder ein Sonnensegel wird entfaltet, die das noch unbemannte Fahrzeug in den nächsten 6 bis 12 Monaten auf eine höhere Umlaufbahn bringen. Dann geht die Mannschaft an Bord und eine kleine chemische Raketenstufe bringt sie auf den Weg zum Mars. Der nächste Starttermin dafür wäre 2018. Aber vielleicht gibt es bis dahin ja noch ein deutlich bessere Antriebsart ...

Links im WWW
Solar Sail, Infoseiten der Planetary Society
SMART-1, Seite der ESA
Deep Space 1, Seite der NASA
Artemis, Seite der ESA
siehe auch
Raumfahrttechnologie: Kraftwerke im All - 16. September 2002
CONTOUR: Kometen-Sonde im All verschollen - 19. August 2002
Artemis: Logbuch einer Rettungsaktion - 15. Juli 2002
Cosmos 1: Start noch in diesem Jahr? - 12. Juli 2002
SMART-1: Europäer zieht es zum Mond - 24. April 2002
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