Wo sind nur die Kometen geblieben, fragen sich Astronomen schon seit längerem
(astronews.com berichtete) und geben teilweise recht plausible Antworten:
Kometen, die nach einmaliger Umrundung der Sonne nicht mehr aufzufinden sind,
könnten beispielsweise einfach verdampft sein, was man auch schon beobachtet
hat. Nach Ansicht von Dr. Robert Foot von der Universität im australischen
Melbourne kommt aber auch noch eine andere Erklärung in Betracht: Die Kometen
könnten aus Spiegelmaterie bestehen, einer exotischen Form von Materie, die für
uns unsichtbar ist und an deren Existenz bislang nur eine kleine Gruppe von
Wissenschaftlern glaubt.
"Wenn es Spiegelmaterie gibt, dann sollte es auch Spiegel-Sterne,
Spiegel-Planeten und auch Spiegel-Leben geben", so erläutert Foot und betont,
dass die Theorie der Spiegelmaterie in den letzten Jahren vielen Tests
standgehalten hätte. Bester Beweis für die Existenz dieser ominösen Materie sind
für den Physiker allerdings Ereignisse, die die meisten seriösen Wissenschaftler
kaum als Indizien heranziehen würden: "Unser Planet könnte regelmäßig von
Asteroiden aus Spiegelmaterie getroffen werden, was Ereignisse wie das in
Sibirien im Jahr 1908 und kleinere Vorfälle in den letzten Jahren erklären
könnte."
Neben dem schon berühmt berüchtigten Vorfall im sibirischen Tunguska baut
Foot, der seine Theorie gerade in einem Buch zusammengefasst hat, vor allem auf
Berichte wie die aus Jordanien: Im April 2001 beobachteten 100 Zeugen, wie ein
Feuerball auf die Erde stürzte, am Boden aber kaum Schäden oder gar einen Krater
hinterließ. Lediglich einige Bäume waren verbrannt und der Boden etwas
aufgewühlt. "Diese Ereignis kann nicht durch einen normalen Himmelskörper
erklärt werden, der hätte für ein viel größeres Spektakel gesorgt", ist Foot
überzeugt.
Seine Idee der Spiegelmaterie beruht auf der physikalischen Erkenntnis, dass
die Natur offenbar nicht ganz so symmetrisch ist, wie man ursprünglich gedacht
hatte. In der Sprache der Elementarteilchenphysiker wechselwirken die Teilchen
normaler Materie "linkshändig". Es könnte also, so die Theorie einiger Forscher,
auch "rechtshändige" Teilchen, die das exakte Spiegelbild der uns bekannten
Teilchen sind. Nur wo normale Teilchen "linkshändige" Wechselwirkungen
bevorzugen, bevorzugen die Spiegelteilchen "rechtshändige."
Diese Spiegelmaterie kann normalerweise nicht mit normaler Materie
wechselwirken. Wir, die wir aus normaler Materie bestehen, können daher auch
nicht die Spiegelphotonen der Spiegelmaterie erkennen. Die Spiegelmaterie bleibt
für uns unsichtbar. Allerdings hat Spiegelmaterie auch ein Masse und die
Gravitationswirkung sollte für beide Arten von Materie gleichermaßen gelten. Es
gibt zudem die Möglichkeit, dass es eine neue Kraft gibt, die normale und
Spiegelmaterie verbindet. Teilchenphysiker glauben sogar erste Hinweise darauf
gefunden zu haben. In empfindlichen Experimenten, unter anderem am
Teilchenforschungszentrum CERN in der Schweiz, soll dies nun überprüft werden.
Diese neu entdeckte Kraft würde aber nach Ansicht von Foot ausreichen, um die
Ereignisse in Tunguska und in Jordanien zu erklären: Sie würde nämlich dafür
sorgen, dass sich die Spiegel-Asteroiden beim Eintritt in die Erdatmosphäre
aufheizen und schließlich explodieren, wodurch sie sichtbar würden. Stimmt dies,
sollten sich sowohl in Sibirien als auch in Jordanien große Mengen von
Spiegelmaterie unter der Erdoberfläche finden lassen. "Aber niemand hat bislang
danach gesucht", so Foot.
Auch die verschwundenen Kometen ließen sich mit der Spiegelmaterie elegant
erklären: "Es könnten Spiegel-Kometen sein, die mit normaler Materie verschmutzt
sind", so Foot. "Nach einmaliger Umrundung der Sonne sind die normalen Teilchen
verdampft und nur der unsichtbare Kern aus Spiegelmaterie bleibt zurück."