Heidelberg könnte bald zum Zentrum für Adaptive Optik-Systeme für
Großteleskope werden: Für vier Millionen Mark entwickelt man am dortigen
Max-Planck-Institut für Astronomie jetzt ein solches System für das
Large Binocular Telescope in Arizona. Auch andere Institute in der
Stadt sind
beteiligt.
Die Kuppel des Large Binocular Telescope in
Arizona.
Foto: Universität von Arizona / John Hill |
Am Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) auf dem Königstuhl in
Heidelberg startet in diesen Tagen das Projekt "Adaptive Optik für
Großteleskope" - ein Vorhaben an der vordersten Front der Entwicklung
optischer Geräte. Scharfe, hoch aufgelöste Bilder fernster
Strahlungsquellen sind das wichtigste Ziel der beobachtenden Astronomie.
Je größer die Teleskope, desto höher ihr theoretisches Auflösungsvermögen.
Deshalb werden heute an den weltweit führenden Forschungszentren Teleskope
mit acht bis zehn Metern Öffnung gebaut, die nur am Erdboden eingesetzt
werden können. Am Bau des Large Binocular Telescope (LBT) auf dem
Mount Graham in Arizona ist das MPIA direkt beteiligt. Dieses derzeit
größte Einzelteleskop der Welt ist eine Art gigantischer Feldstecher: Es
trägt zwei Einzelspiegel mit je 8,4 Metern Durchmesser auf einer
gemeinsamen Montierung. Weiterhin betreibt die Europäische Südsternwarte (ESO)
neuerdings auf dem Paranal in den Chilenischen Anden vier Großteleskope
mit je 8,2 Metern Öffnung. Für diese Teleskope werden am MPIA extrem
aufwendige Kamerasysteme entwickelt.
Allerdings führt die Turbulenz der Erdatmosphäre zu einem schnellen
Zittern und Wabern des vom Teleskop entworfenen Bildes. Erst die diffizile
Technologie der Adaptiven Optik erlaubt die Kompensation der
atmosphärischen Schwankungen durch die laufende Messung dieser
Bildverformungen und deren Kompensation mittels rechnergesteuerter,
schnell deformierbarer Spiegel, die in den Strahlengang der Teleskopriesen
eingebracht sind: das Bild wird "entwackelt".
An der Entwicklung der Adaptiven Optik für Großteleskope sind heute weltweit die
besten Wissenschaftler und Techniker beteiligt. Dem Heidelberger Institut
ist nun gelungen, Dr. Roberto Ragazzoni von der Universität Padua nach
Deutschland zu holen: Ragazzoni hat zur gegenwärtigen rasanten Entwicklung
der Adaptiven Optik herausragende Beiträge geleistet. Dafür wurde ihm am 6. November
der Wolfgang-Paul- Preis verliehen - der höchst dotierte deutsche
Wissenschaftspreis, den das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
und die Alexander-von-Humboldt-Stiftung gemeinsam vergeben. Ragazzoni
erhielt für seine Forschung am MPIA vier Miollionen DM: Mit diesem Geld
soll im Laufe der nächsten drei Jahre das Adaptive Optik-System für das
Large Binocular Telescope entwickelt werden.
Die Adaptive Optik ist nicht nur für die astrophysikalische
Grundlagenforschung von entscheidender Bedeutung - sie wird auf
zahlreichen anderen Gebieten, beispielsweise in der Medizin, gänzlich neue
Möglichkeiten eröffnen. Aus diesem Grunde wird in Heidelberg an dieser
Technik nicht nur am MPIA sondern auch an der Universität (unter anderem
am Institut für Angewandte Physik), an der Landessternwarte und am MPI für
Biomedizinische Forschung gearbeitet. Damit wird sich Heidelberg bald zu einem
bedeutenden Zentrum der Forschung auf diesem Gebiet entwickelt.