An die historischen Daten zu kommen, war für Joseph Miller, Professor an der
Universität von Süd-Kalifornien, eine wahre Odyssey, die die Tücken der
vermeintlich so modernen Welt der elektronischen Daten offenbarte: Im August und
September 1975 starteten die beiden Viking-Sonden von Cape Canaveral aus
zum roten Planeten. An Bord der Lander befanden sich zahlreiche Experimente,
unter anderem auch eines, mit dem gezielt nach Leben auf dem Mars gefahndet
werden sollte. Dabei wurde mit einem Roboterarm Marserde in ein Schälchen
gefüllt und mit einer Nährflüssigkeit beträufelt. Sollten sich nun lebendige
Organismen in der Erde befinden, würden sie Nährstoffe aufnehmen und dabei
eventuell Gase freisetzen.
Und tatsächlich entdeckten die Forscher damals ausströmendes Gas und
vermuteten hier einen deutlichen Hinweis für Leben auf dem Mars. Andere
Wissenschaftler waren da skeptischer und glaubten eher an eine chemische
Reaktion, an der keinerlei Lebensform beteiligt war. Wegen dieser
"Patt-Situation" verfolgte die NASA die Sache nicht weiter und die Daten
verschwanden in den Archiven.
Bis 1999: Da begann sich nämlich Miller, der in den frühen 80er Jahren für
die NASA gearbeitet hatte, für die Daten zu interessieren. Er schrieb gerade
einen Vorschlag für biologische Experimente auf zukünftigen Marsmissionen und
gelangte so an Berichte über die Ergebnisse der Forschungen in den 70er Jahren.
Was man damals noch nicht eindeutig auswerten konnte, könnte mit dem heutigen
Stand der Technik viel eindeutigere Ergebnisse bringen. "Ich war sofort äußerst
interessiert an den Daten", erzählt Miller, "und fragte die NASA gleich nach den
Originalergebnissen."
Nach einigen Telefonaten und insgesamt vier Monaten hatte die amerikanische
Weltraumbehörde die Daten gefunden: "Sie waren allerdings auf Computerbändern
gespeichert und in einem Format geschrieben, das nicht mehr zu lesen war. Der
Programmierer, der das gemacht hatte, war schon gestorben." Glücklicherweise
konnte die Forscher, die das Experiment in den 70er Jahren auswerteten, Miller
einen Ausdruck der Ergebnisse zur Verfügung stellen, so dass er die Daten
rekonstruieren konnte. Eine wahre Sisyphusarbeit, von der erst rund 30 Prozent
erledigt ist. Doch schon jetzt entdeckte Miller etwas sehr bemerkenswertes, das
in der ersten Auswertung unentdeckt geblieben war: "Das Signal wiederholte sich
nicht nur in einem regelmäßigen Zyklus", erläutert der Forscher, "der Zyklus
beträgt exakt 24,66 Stunden, genau die Länge eines Marstages."
Mittlerweile, so Miller, seien auch die Kritiker von damals leicht zu
widerlegen: "Die Forschung hat seither gezeigt, dass die damals vorgeschlagenen
chemische Reaktion nur sehr kurzzeitig funktionieren würde. Der hier zu
beobachtende Zyklus bleibt aber für über neun Wochen bestehen." Es würde auch
gar keinen eindeutigen Grund geben, warum geringe Temperaturschwankungen so
einen Einfluss auf eine rein chemische Reaktion haben sollten, erläutert Miller
weiter. "Zusammen mit den Bildern, die Beweise für Wasser auf dem Mars liefern
haben wir alle Charakteristika da, die wir für Leben benötigen. Schon in den
70er Jahren war die Beweislage auf Grund der Daten gar nicht schlecht: Damals
konnte man sich zu 75 Prozent sicher sein, dass es Leben auf dem Mars gibt.
Jetzt sind wir, meiner Ansicht nach, bei 90 Prozent."