Russland sieht im kontrollierten und sicheren Ende der Mir eine internationale Verpflichtung: Das De-Orbiting wird deshalb nicht nur
durchgehend von acht russischen Telemetriezentren überwacht, die Russen
werden dabei auch von anderen Stationen weltweit unterstützt. Zudem
verfolgen internationale Experten, unter anderem aus Europa und Deutschland, das Ende
der Mir im Moskauer Kontrollzentrum. Von dort wird der aktuelle Verlauf
durchgehend und direkt an das Europäische Raumfahrt-Kontrollzentrum ESOC in
Darmstadt und an die politisch zuständigen Stellen übermittelt.
Mit dem unbemannten
Raumfahrzeug Progress M 1-5, das am 27. Januar 2001 an die Mir angedockt
wurde, soll das geplante De-Orbiting-Manöver durchgeführt werden. Progress
enthält ca. 2,7 Tonnen Treibstoff; die Mir selbst hat nur kleine
Triebwerke zur Lageregelung. Die Station sinkt zurzeit durch die
natürliche Bremswirkung der Hochatmosphäre ca. 1,3 Kilometer pro Tag mit
zunehmender Tendenz. Aktuell befindet sie sich in 266 km mittlerer Bahnhöhe.
Bis zum Erreichen einer mittleren Bahnhöhe von 250 km lässt man die Station
allein durch das natürliche Abbremsen in der Restatmosphäre der Erde
absinken. Dies wird in der Zeit vom 06. bis 14. März erwartet.
Wenn Mir diese Bahnhöhe von 250 km erreicht hat, wird eine Kommission unter
Leitung des Chefs der russischen Raumfahrtagentur, Yuri Koptyev, die
Entscheidung über den konkreten Termin für das Einleiten der Bremsmanöver
und damit den Wiedereintritt treffen. Diese Entscheidung wird für den 12.
März erwartet. Bei rund 230 km Bahnhöhe - diese Bahnhöhe soll zwischen dem
15. und 21. März erreicht sein - wird die Station dann so gedreht, dass das
Triebwerk von Progress in Flugrichtung zeigt. Nun können erste Bremsimpulse
durch Zünden des Progress-Haupttriebwerks gegeben werden. Dadurch wird die
Station weiter abgesenkt und in eine elliptische Umlaufbahn gebracht, deren
erdnächster Punkt bei 150 km bereits auf der geographischen Breite des
späteren Zielgebiets liegt. Dieses erste aktive Absenken wird sich über 20
bis 30 Stunden erstrecken.
Ein letztes Bremsmanöver wird die Station
schließlich in die dichteren Schichten der Atmosphäre wiedereintauchen
lassen. Dazu wird Progress rund 800 Sekunden lang gezündet. Die Mir wird dadurch nochmals um
rund 20 Meter pro Sekunde abgebremst. Das kontrollierte
De-Orbiting eines Raumfahrzeuges ist grundsätzlich ein verhältnismäßig
häufig vorkommendes Manöver. Das dafür benutzte Progress-Raumfahrzeug hat
bei seinen bisherigen mehr als 40 Einsätzen stets einwandfrei
funktioniert.
Das vorgesehene Zielgebiet liegt bei 47° Süd und 140°
West, also rund 3.500 bis 4.000 Kilometer südöstlich von Neuseeland und westlich
von Südamerika in einer der menschenleersten Ozeanregionen der Erde und
jenseits von gängigen Schifffahrtslinien. Das Auseinanderbrechen der Mir
wird in einer Höhe von 90 bis 60 Kilometern geschehen. Unter der enormen
Reibungshitze verglüht der größte Teil der Station. Bruchstücke, die nicht
verdampfen, verteilen sich im Zielgebiet auf eine Fläche, die etwa 3.000 km
lang und 200 km breit sein wird. Russland wird nach international
etablierten Regeln vorsorglich den Luft- und Schiffsverkehr warnen. Zum
De-Orbiting der Mir hat das DLR eine Webseite eingerichtet, auf der Fragen zum
Absturz der Mir an DLR-Experten gestellt werden können.