"Dieses ist eine der größten Studien, die bisher über die
Elementhäufigkeit von Sternen im galaktischen Halo gemacht wurde",
unterstreicht Debra Burris vom Oklahoma City Community College.
"Die Verteilung der Elemente gibt uns interessante Hinweise
darauf, wie die erste Generation von Sternen in der Milchstraße
aussah." Der Halo unserer Galaxis, also eine etwa kugelförmige
Region, in die die galaktische Scheibe eingebettet ist, gilt
gemeinhin als ältester Teil der Milchstraße. Hier, da sind sich
die Astronomen mittlerweile sicher, sind die ältesten Sterne zu
finden und auch die sogenannten Kugelsternhaufen, deren Alter oft
fast an das der Milchstraße heranreicht.
In ihrer Arbeit untersuchten die Forscher fast 100 Sterne im
Halo, die alt waren und über zehn bis 100 Mal weniger schwere
Elemente verfügten als unsere Sonne. Was für Elemente in einem
Stern vorkommen, messen Astronomen mit Hilfe von Spektren (siehe
Bild), in denen sich Elemente durch dunkle Linien verraten. Mit
einem Referenzspektrum aus dem Labor kann man diesen Linien dann
Elementen zuordnen.
"Unsere Ergebnisse sprechen dafür, dass die Geschichte der
Galaxis eng mit der Art und Weise verbunden ist mit der sich Sterne
von Generation zu Generation verändern", macht Catherine
Pilachowski vom National Optical Astronomy Observatory (NOAO)
deutlich. "Einige chemische Elemente entstehen nicht, bevor die
Sterne, in denen sie produziert werden, eine gewisse Zeit zur
Entwicklung hatten. Daher können wir aus der Zusammensetzung von
alten Sternen, die Geschichte der Sternentstehung
ablesen."
Ihre Beobachtungen erklären die Forscher durch eine Art
Entwicklungsgeschichte der Elemententstehung: In der vorstellaren
Epoche wurde im Urknall Wasserstoff, Deuterium, Helium und Lithium
produziert. Daran schloss sich eine Zeit der sehr massereichen
Sterne an, die mindestens die zehnfache Masse unserer Sonne hatten.
Sie produzierten kleine Mengen aller schweren Elemente, doch
hauptsächlich Strontium, Yttrium und Zirconium. Die Elemente wurden
durch Supernova-Explosionen ins All geblasen und in die nächste
Sternengenerationen "eingebaut".
In der Europium-Epoche, die rund 20 bis 100 Millionen Jahre
dauerte, wurde die Elemententstehung von Supernova-Explosionen von
Sternen von der acht bis zehnfachen Masse unserer Sonne bestimmt.
Sie produzierten Barium, Europium und andere Elemente. In der
anschließenden "Doppelschalen-Epoche", die von 100
Millionen bis zu einer Milliarde Jahre nach Entstehung der Galaxie
dauerte, waren hauptsächlich Sterne von drei bis sieben
Sonnenmassen für die Elemententstehung verantwortlich. Die Elemente
wie Strontium und auch Barium entstanden durch Fusionsprozesse im
Inneren der Sonnen und nicht während Supernova-Explosionen. Die
Zeit von einer bis drei Milliarden Jahren nach der
Galaxienentstehung nennen die Wissenschaftler
"Eisen-Epoche". Das namensgebende Element entstand in
Supernova-Explosionen von Weißen Zwergsternen.
Diese letzte Epoche endete vor rund zehn Milliarden Jahren und
seitdem wurde unserer Galaxis im wesentlichen mit Lithium
angereichert, dessen genauer Ursprung aber noch unklar ist. Mit
Hilfe dieser Entwicklungsgeschichte, die quasi durch Sterne vor der
eigenen Haustür gewonnen wurde, hoffen die Astronomen auch ein
gutes Werkzeug in der Hand zu haben, um weit entfernte Galaxien zu
klassifizieren, die wir vielleicht jetzt gerade in einer sehr
frühen Phasen der Elemententstehung beobachten. Doch auch in Sachen
Milchstraße gibt es noch einiges zu erforschen: Es würde am Ende
darum gehen, so ein Forscher der Gruppe, herauszufinden, wie lange
die erste Phase der Sternentstehung in der Galaxis dauerte - hundert
Millionen Jahre oder vielleicht fünf Milliarden Jahre.