In etwa zwei bis drei Milliarden Jahren dürften die
Bewohner der Erde Zeuge eines eindrucksvollen Schauspiels werden: Unsere
Muttergalaxis, die Milchstraße, verschmilzt dann mit unserer
Nachbargalaxie Andromeda. Und die Chancen stehen gar nicht schlecht, dass
die Erde dieses Ereignis überlebt.
Kollisionen und die anschließende Verschmelzung von Galaxien sind nichts
ungewöhnliches: Man nimmt sogar an, das in der Geschichte des Universums
viele Strukturen und riesige Galaxien nur durch diese Art von
"Kannibalismus" zu ihrer heutigen Form und Größe gelangen
konnten. Und auch in der heutigen Zeit kommen solche Kollisionen noch vor,
wenn auch deutlich seltener.
Ein gutes Beispiel liegt direkt vor unserer Haustür: "Wir
befinden uns gerade auf einem Kollisionskurs", erläutert John
Dubinski, Astronomieprofessor an der Universität von Toronto.
"Innerhalb der nächsten drei Milliarden Jahre wird die Milchstraße
von der Andromeda-Galaxie verschluckt werden und mit ihr
verschmelzen."
Das Schicksal erscheint unausweichlich: Der Abstand von 2,2 Millionen
Lichtjahren zu unserer Nachbargalaxie im All verringert sich derzeit um
500.000 Kilometer pro Stunde. Und wenn sich die beiden Galaxien näher
kommen, dürfte sich die Geschwindigkeit noch erhöhen.
Die Zukunft unserer Milchstraße ist somit auch ein faszinierender
Forschungsgegenstand für Theoretiker, die die Entwicklung der beiden
Systeme mit Hilfe moderner Computersysteme simulieren: Dank eines
neuen Supercomputers mit insgesamt 1152 Prozessoren konnten die Astronomen das Milchstraße-Andromeda-System in einem Computermodell mit
insgesamt 100 Millionen Teilchen nachbilden und so den
Verschmelzungsprozess unserer Milchstraße mit ihrer großen Schwester
genau verfolgen. Auf einem Ein-Prozessor-Computer hätte diese Simulation
drei Jahre ununterbrochener Rechnung bedurft.
"Wir haben die Andromeda-Galaxie und unsere Milchstraße als
Testfall benutzt: Zum ersten Mal sind wir durch diesen leistungsfähigen
Computer in der Lage ein komplettes Bild von Millionen von Sternen in zwei
unterschiedlichen Galaxien zu simulieren", erläutert Dubinski. Daher
hoffe man, auch bei anderen großräumigen Simulationen nun deutlich
genauere Ergebnisse bekommen zu können.
Die Kollision der Milchstraße mit der Andromeda-Galaxie muss nach
Ansicht der Wissenschaftler nicht unbedingt das Ende des Lebens auf der
Erde bedeuten: Die Wahrscheinlichkeit, dass es nämlich tatsächlich
Kollisionen zwischen Sternen oder gar Planeten gibt, ist äußerst gering.
Die wesentlichen Effekte treten durch Störungen durch die
Gravitationswirkung der Sterne auf. Wenn die Erde also Glück hat,
könnten darauf wohnende Lebewesen vermutlich zwei Milchstraßenbänder
beobachten und schon zuvor dürfte die Andromeda-Galaxie den gesamten
Nachthimmel ausfüllen.
Über das endgültige Schicksal unseres Planetensystems können die
Astronomen jedoch keine Aussage machen: Es dürfte entweder in den intergalaktischen Raum hinausgeschleudert
oder aber
ins Zentrum der Galaxie gezogen werden: Dort werden sich vermutlich viele
junge Sterne bilden und der Nachthimmel wäre von Supernova-Explosionen so
hell erleuchtet, dass man Zeitung lesen könnte - wenn es denn so etwas
auf der Erde noch gibt.