Ein Blick in die Herzen von verschiedenen Galaxien soll
Astronomen helfen, die astronomische Variante der Frage nach der Herkunft
von Ei und Huhn zu klären: Was war eher da - die Scheibe einer Galaxie
oder der sogenannte Bulge im Zentrum? Neue Bilder des Hubble
Weltraumteleskops sprechen für eine salomonische Lösung: beides ist
möglich.
Die Balkengalaxie NGC 1365 auf einer Aufnahme von der Erde
(oben) und das Zentrum aufgenommen mit dem Hubble
Weltraumteleskop (unten) Fotos: Alan Sandage, John
Bedke, NASA und John Trauger
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Zwei unabhängige Teams von Astronomen fanden heraus, dass sich der Bulge,
eine Art aufgeblasener Kern im Zentrum einer Spiralgalaxie, bei einigen
Galaxien schon sehr früh gebildet hat, bei anderen hingegen erst langsam
über eine vergleichsweise lange Zeitspanne entstanden ist.
Mit dem Hubble Weltraumteleskop konnten zudem die Theorie
bestätigt werden, dass die Entwicklung von Scheibe und Bulge einer
Galaxie zusammenhängen: Der Bulge im Zentrum stabilisiert die Entwicklung
einer Galaxie und kontrolliert wie im Galaxienkern Sterne entstehen. Der
Bulge birgt daher eine ganze Reihe von Informationen über die
Entwicklungsgeschichte einer Galaxie.
Vor Verfügbarkeit der Hubble-Bilder standen den Astronomen
lediglich ausreichend detaillierte Informationen über das Zentrum unserer
eigenen Milchstraße zur Verfügung. Nun konnten die Wissenschaftler
untersuchen, wie die Verhältnisse in anderen Galaxien aussehen.
So entdeckte eine Gruppe von der Universität von Nottingham in
England, dass die Bulges eines bestimmten Typs von Spiralgalaxien
vermutlich alle zur selben Zeit im frühen Universum entstanden sind.
Grund hierfür könnte der Kollaps einer Wasserstoffwolke oder aber die
Verschmelzung noch ältere Sternhaufen sein. "Offenbar sind diese
mittelgroßen Galaxien überall im Universum relativ früh
entstanden", so Reynier Peletier aus Nottingham. "Die Bulges
dieser frühen Spiralgalaxien sind alt und zumindest die äußeren
Bereiche ihrer Scheiben sind deutlich jünger."
Ein anderes Team von der Columbia-Universität in New York fand heraus,
dass Galaxien, die eine Balkenstruktur im Zentrum zeigen, recht junge
Bulges haben, die wahrscheinlich durch einen ganz anderen Prozess in der
Scheibe der Galaxie entstanden sind. Es könnte zwar schon früh ein recht
kleiner Bulge entstanden sein, doch wuchs er im Laufe der Zeit durch den
Zufluss von Gas ins Zentrum der Galaxie beständig an. Durch die Gaszufuhr
entstanden im Kern neue Sterne, die den Bulge aufblähten. Allerdings, so
das Team, sei es unwahrscheinlich, dass diese Bulge jemals so groß
werden, wie die, die schon in der Frühphase des Universums entstanden
sind.