Astrophysiker der Ruhr-Universität Bochum versuchen den nuklearen
Brennprozessen in Sternen auf die Spur zu kommen. Dabei suchen die Wissenschaftler in
gewisser Weise auch nach der eigenen Herkunft: Denn der für unser Leben nötige
Sauerstoff entstand im Inneren längst verloschener Sterne.
Das alles ein ewiger Kreislauf ist, bestätigt sich im Kosmos auf verblüffende Weise:
Sterne verbrennen während ihres nuklearen Lebens zunächst Wasserstoff (so wie unsere
Sonne zur Zeit), wobei Helium entsteht. Dieses Helium verbrennen sie in einer zweiten
Phase. Die Abfallprodukte dabei: Kohlenstoff und Sauerstoff. Manche Sterne können auch
aus diesen Verbrennungsprodukten wieder Energie gewinnen und erzeugen so weitere schwere
Elemente. Da jeder Stern im Laufe seines Lebens einen Großteil seiner ursprünglichen
Materie verliert, reichert sich der interstellare Staub mit der Zeit mit den
Verbrennungsresten der Sterne an.
Unsere Erde - und letztenendes auch wir Menschen - sind nun aus einer großen Gaswolke
entstanden, die schon über einen beträchtlichen Anteil an Kohlenstoff und Sauerstoff
verfügte, der einmal in Sternen entstanden sein muß. Die Grundlage des Lebens auf der
Erde verdanken wir also einem oder mehrerer längst nicht mehr existierender Sterne. Da
ist es nur verständlich, daß sich die Wissenschaft für den genauen Ablauf der
Sauerstoffentstehung in Sternen interessiert und die Vorgänge am liebsten im Labor
nachvollziehen möchte.
Die Astrophysiker stoßen dabei jedoch auf ein Problem: Während ein Stern viele
Millionen Jahre Zeit hat, Sauerstoff zu bilden, ist kaum ein Institut bereit, so lange auf
erste Resultate zu warten. Die Physiker an der Ruhr-Universität mußten sich also der
hohen Experimentierkunst bedienen, um die in Sternen vermuteten Vorgänge doch in
akzeptabler Zeit simulieren zu können.
Das besondere Interesse gilt dabei der Fusion von Kohlenstoff und Helium zu Sauerstoff,
da diese Reaktion nicht nur für den Sauerstoff- und Kohlenstoffanteil verantwortlich ist,
sondern auch noch die Entstehung weiterer Elemente wie beispielsweise Neon beeinflußt.
Bisher verließ man sich beim Nachweis dieser Reaktion auf die Messung einer
charakteristischen dabei freiwerdenden Strahlung. Das Problem dabei ist, daß diese
Strahlung nur sehr schwer nachweisbar ist, da sie beispielsweise von kosmischer Strahlung
überlagert wird.
Die Bochumer Astrophysiker verfolgen daher eine andere Strategie: Sie beschießen
Helium-Gas mit Kohlenstoff-Ionen und wollen die erzeugten Sauerstoffkerne direkt
nachweisen. Um jedoch die wenigen Sauerstoffkerne von den in Überzahl vorhandenen
Kohlenstoff-Ionen zu unterscheiden, ist ein Filter nötig. Und eine solche Anlage namens
"European Recoil separator for Nuclear Astrophysics" abgekürzt ERNA haben die
Bochumer Wissenschaftler nun in Zusammenarbeit mit italienischen Kollegen entwickelt.
Mit ERNA hoffen die Physiker innerhalb weniger Jahre einem der Schlüsselprobleme der
stellaren Astrophysik auf die Spur zu kommen und damit auch endgültig zu klären, wie
Kohlenstoff und Sauerstoff auf die Erde gelangten.