Interessanter Asteroid der Pholus. Was macht ihn für dich speziell so spannend?
Hallo Jakob,
vielen Dank für Dein Interesse.
Das hat verschiedene Gründe. Zum einen habe ich in meinem Leben immer die "Kleinen" bevorzugt, auch in der Astronomie. Also nicht die grossen Planeten, sondern die kleinen Planetoiden. Später kam dann im Jahre 1977 der Zentaur Chiron dazu, der sehr ungewöhnlich war, weil er erstens für einen Planetoiden viel zu gross und zweitens viel zu weit draussen im Sonnensystem war. Damals war seine Rolle im Sonnensystem aber ebensowenig wie diejenige des damals noch als Planet gezählten Pluto verstanden.
Für mich ein Stück weit wegweisend war ein Aufenthalt im Bahnhof Locarno im Jahre 1992, als ich auf meinen Zug wartete und deswegen im Zeitungsstand umherschaute. Da gab es auch eine Ausgabe des "Astronomy", und da gab es von Alan Stern – genau: das ist der spätere Leiter der Pluto-Mission New Horizons – einen Artikel mit der Überschrift "Where have all the Plutos gone" oder so ähnlich. Ich überflog ihn und da fand ich etwas …
Pholus ! - Einen kleineren Bruder von Chiron, der es nicht in die Presse gebracht hatte. Er war kurz zuvor entdeckt worden. Sofort habe ich die Zeitung gekauft, weil ich den Artikel nun in Ruhe lesen wollte.
Alan Stern stellte fest, dass sich zahlreiche Probleme unseres Sonnensystems lösen würde, wenn es nicht nur einen Pluto, sondern etwa 10000 kleine Plutos da draussen geben würde.
Ganz nett …
Einen Monat (!!!) später fielen mir fast die Augen aus dem Kopf: der erste von ihnen war entdeckt worden: 1992 QB[sub]1[/sub]. Und im Februar dieses Jahres, also über 25 (!!) Jahre später, bekam der sogar einen offiziellen Namen. Hierzu ist zu sagen, dass die katholische Kirche "nur" 12 Jahre brauchte, um Galileo Galilei zu rehabilitieren, was für mich damals ein Grund war, fast aus der Kirche auszutreten: es war wissenschaftlich seit
Jahrhunderten bekannt, dass Galileo Galilei recht hatte, und da empfand ich es als Affront, dass "meine" Kirche 12 Jahre brauchte, um ihn zu rehabilitieren. Ich habe mich damals dann bewusst entschieden, mitzuhelfen, Missstände der katholischen Kirche mit Liebe und Nachsicht von innen und als Mitglied zu lösen, und nicht als verbitterter Aussteiger von aussen.
Ok, so kam ich also mit Pholus in Kontakt und bald einmal war er einer von vielen. Heute ist er einer von über 2500.
Ich überspringe nun das Kapitel Quaoar, Sedna und Eris, auch wenn das mein theoretisches astronomisches Leben wesentlich beeinflusst hat, mich im Jahre 2005 ins Internet gespült hat und ich anfangs auch die absurde Idee hatte, zu diesen Mitgliedern unseres Sonnensystems ein kleines Lehrbuch der 20 Euro-Klasse zu schreiben und zu veröffentlichen.
Und dann kam vor 2 Jahren der Hype um den Planeten Nine. Und um das Ganze und die Hintergründe besser zu verstehen habe ich mir endlich einmal Zeit genommen, mich mit zwei Fragestellungen zu beschäftigen; zum einen der Frage, wie hell diese Mitglieder des Kuipergürtels von der Erde aus gesehen maximal werden können, und mich einmal etwas intensiver mit den Zentauren zu beschäftigen. Gerade die erste Fragestellung hat mich sehr viel Demut gelehrt, Demut über diese riesigen Entfernungen im Kuipergürtel, die mir zuvor in dieser Form nicht bewusst waren. Und die ganzen "Sensationen" der vergangenen Jahre der vergangenen Jahre finden sich in der Liste dieser von der Erde aus gesehen hellsten Kuipergürtel-Planetoiden nicht vorne mit dabei. Nein, vorne findet man den ehemaligen Planeten Pluto und die nicht zum Planeten ernannte Eris sowie den erstentdeckten Zentauren Chiron. Dann auch die beiden Zwergplaneten Makemake und Haumea, die sind ja auch gross. Und dann folgt schon … - der Zentaur Pholus, auf Platz 6.
Direkte Durchmesser-Bestimmungen mit dem Hubble Space Teleskop wären übrigens auch nur bei 2 Zentauren möglich, nämlich Chiron und Pholus, wenn sie in ihrem Perihel stehen. Doch näherte sich Pholus seinem Aphel und ward seit 2009 nicht mehr gesehen, ehe vor 3 Tagen die freudige Kunde kam, dass man ihn wieder beobachtet hat.
Freundliche Grüsse, Ralf