(...)gibt es für jedes δ>0 ein ε>0 (...)
Hallo infinity,
hier steckt der "Fehler" in Deiner Argumentation: Es geht nicht darum, für jedes δ>0 ein ε>0 zu finden, sondern darum, für jedes ε>0 ein δ>0 zu finden.
Natürlich kann man die ganze "Epsilontik" auch als "Deltaik" aufziehen, dann ist halt alles umghekehrt, aber es ist so, dass das ε und das δ eine gewisse
Rolle einnehmen und diese Rolle muss man korrekt zuweisen.
So ist bei diesen Konvergenzkriterien und daraus folgend auch Stetigkeitsbetrachtungen usw. die Rolle des ε diejenige, dass es
für alle ε>0 zu gelten hat, während δ streng genommen eine Funktion von ε ist, also δ(ε)>0.
Kleiner Exkurs, das zu veranschaulichen (wird wohl eher verwirrend sein ...):
Die Konvergenz ist im "für alle" einerseits und im ">"-Zeichen andererseits versteckt: da es nämlich für alle zu gelten hat, muss es auch für
alle sehr kleinen gelten ε (immer noch echt grösser 0), und diese sehr kleinen kann man bespielsweise durch Halbierung erzeugen und die Idee ist natürlich schon die, dass diese sehr kleinen gegen 0 gehen. Nun ist es aber im Allgemeinen so, dass dieser Grenzwert im endlichen noch verfehlt wird, d.h. erst im "Unendlichen" erreicht wird, und da wissen wir ja nicht so genau, was das ist. Man braucht es aber auch nicht zu wissen, es genügt völlig, wenn man es für alle endlichen weiss. Die frühen Folgenglieder sind dabei unerheblich, d.h. von Bedeutung sind nur die späten (also die mit einem hohen Index). Und zwar die besonders späten von ihnen, also di emit besonders hohem Index.
Man muss sich dann noch daran "gewöhnen", dass alle endlichen Folgenglieder "frühe" Folgenglieder sind und somit unerheblich, aber dank des Induktionsprinzipes wissen wir ja, dass es zu jedem beliebigen Index n noch einen Index n+1 gibt, d.h. es gibt noch spätere Folgenglieder. Diese sind natürlich auch unerheblich (ja ja, sogar alle die wir benennen können, sind unerheblich - eine Situation, an die man sich gewöhnen muss), aber diese Unerheblichkeit spielt keine Rolle, da wir dank des Induktionsprinzipes garantiert haben, dass es stets spätere Folgenglieder, also solche mit höherem Index, gibt.
Das ist dieselbe Situation wie die, wenn man versucht, die natürlichen Zahlen durch die ersten endlich vielen anzunähern. Da diese nur endlich viele sind, ist die Menge der grösseren nach wie vor unendlich gross ......
Diese Situation kann man eben mit diesen "für alle ε>0", zu denen es "mindestens ein δ(ε)>0" geben muss, formal korrekt beschreiben. Ich musste mir das übrigens im 1.Semester meines Studiums in den Übungen schmerzlich und hart erarbeiten - ich war mir diese Art Exaktheit vom Gymnasium her nicht gewohnt.
Genau das ist es übrigens, was Volki im letzten Absatz seines letzten Beitrages geschrieben hat.
Freundliche Grüsse, Ralf