Wahrscheinlichkeit und Einzigartigkeit von Leben

Puma

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Hallo Jonas!

Danke für den Hinweis. Habe auch in diesen Artikel hineingesehen. Allerdings sind meine Englischkenntnisse nicht so besonders und der Artikel doch ziemlich lang.
Also habe ich mir vorwiegend die Grafiken angeschaut. Dort habe ich allerdings Ergebnisse vorgefunden, die meine Aussagen unterstützen, so u.a. Temperaturen im Juli in der heutigen Polarregion mit bis zu 100° C und im heutigen tropischen Bereich im Januar mit Minustemperaturen. Außerdem sind starke Windgeschwindigkeiten im Äquatorbereich verzeichnet (immer vorausgesetzt, ich habe dies richtig interpretiert).
Aber, gibts den Artikel vielleicht irgendwo ins Deutsche übersetzt ?

Gruß
Puma
 

jonas

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Hi Puma:

Zu den Winden, die in den Grafiken gezeigt werden: Dies sind die Windverhältnisse in 10 km Höhe, also in der Höhe, in der Verkehrsflugzeuge fliegen. Die Skala in den Grafiken reichen bis zu 80 m/s oder 288 km/h. Zum Vergleich: der Jetstream, der auf unserer heutigen Erde herrscht, erreicht Geschwindigkeiten von bis zu 150 m/s oder 540 km/h.

Zur Sprache: Der Artikel verwendet ein simples englisch. Wo es aber schwierig wird, das sind die nicht vermeidbaren Fachausdrücke, z.B.
Obliquity - Schiefe der Erdachse gegen die Ekliptik
Latitude - Breitengrad
Equinox - Tag- und Nachtgleiche
Solstice - Sonnenwende
Precipitation - Niederschlag
Sturtian, Varanger - Bezeichnungen für Epochen in der Frühzeit der Erde

Ich habe mir mal die Mühe gemacht die Zusammenfassung des Artikels zu übersetzen. Wegen der Länge des Texts mache ich dafür ein eigenes Posting.
 

jonas

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Vorbemerkung: Dies ist eine von mir erstellte Übersetzung der "Conclusion" des Artikels Extraordinary climates of Earth-like planets: three-dimensional climate simulations at extreme obliquity von Darren M. Williams und David Pollard, erschienen in International Journal of Astrobiology 2 (1) : 1–19 (2003)

Zum besseren Verständnis der Szenarien, hier eine kurze Beschreibung:
PRES23, PRES54, PRES70 und PRES85 sind Planeten mit einer Verteilung der Kontinente, so wie sie heute auf der Landkarte sind. Die Zahlenwerte geben die angenommene Achsneigung gegen die Ekliptik an. PRES23 entspricht also unserer Erde heute und PRES85 entsricht unserer heutigen Erde, aber mit Ekliptikschiefe wie Uranus.

HICO2:23, HICO2:54, HICO2:70 und HICO2:85 sind wie die PRESxx Szenarien, nur unter der Annahme einer CO2 Konzentration, wie sie auf der Früherde geherrscht haben könnten, von 3450 ppmv (zum Vergleich: die Pres Szenarien hatten ein CO2 Level von 345 ppmv)

PRES0: Gegenwärtige Landkarte, aber Achse senkrecht, d.h. keine Jahreszeiten, CO2 345 ppmv
STUR0: gerade zerbrochener Superkontinent in Äquatornähe, bei Achsneigung Null, CO2 von 345 ppmv

STUR85: Wie STUR0 ist der Superkontinent in Äquatornähe, Achsneigung 85 Grad, CO2 ist bei 420 ppmv aber Solarkonstante nur 94% des heutigen Wertes.
VARA85 Gerade zerbrochener Superkontinent, über dem Südpol gelegen, bei 85 Grad Achsneigung, CO2 420 ppmv, Solarkonstante 94% des heutigen Wertes.

Ende der Vorbemerkung




Zusammenfassung

Als Laskar und seine Kollegen (Laskar et al. 1993) erstmals vermuteten, daß Episoden von starker Achsenneigung die Erde unbewohnbar machen würde, stellten sie sich höchstwahrscheinlich einen Planeten vor mit entweder völlig überhitzten Kontinenten oder gefrorene Landmassen, bedeckt von Eis und Schnee. In der Tat sind beide Extreme in der Simulation des außergewöhnlichen Szenarios VARA85 vorhanden. Dennoch, der Begriff "habitabel" wurde historisch für jeden erdähnlichen Planeten oder Mond verwendet, dessen Klima flüssiges Wasser zumindest irgendwo auf seiner Oberfläche während wenigstens eines Teils seines Umlaufs [um seinen Stern] gestattet. Im weitesten Sinne ist eine Welt "habitabel", wenn sie nicht so warm ist, daß sie in einen gallopierenden Treibhauseffekt abrutscht, oder so kalt, daß sie irreversibel zu einem globalen Schneeball wird. Alle der hier simulierten Planeten sind nach dieser breiten Definition habitabel, denn selbst die Extremwerte der Achsneigung haben nicht zu einer Klimakatastrophe geführt (obwohl die Möglichkeit hierfür nicht ausgeschlossen ist, wenn Welten betrachtet werden, die anders als die hier betrachteten sind). Generell betrachtet sind die globalen Durchschnittstemperaturen nur schwach abhängig von der Neigung der Achse, denn der globale jährliche Eintrag von Sonnenstrahlung auf einen Planeten bleibt der selbe, gleichgültig wie die Orientierung seiner Drehachse sich im Raum darstellt.

Wenn wir das Habitabilitätskriterium etwas einschränken auf Gebiete eines Planeten mit Temperaturen von, sagen wir, -10 bis +50 Grad Celsius, so können wir nun bestimmen welcher Anteil eines Planeten zu einem bestimmten Zeitpunkt (im Jahr) habitabel ist und welcher Anteil bei einer Durchschnittsbildung über alle Jahreszeiten. Fig. 23 und 24 zeigen die Anteile von einigen Planetenoberflächen, deren Temperaturen entweder unter -10 °C oder über 50 °C liegen. Gemäß Fig. 23 ist die heutige Erde (Szenarion PRES23) eine der am wenigsten habitablen Planeten, die wir simuliert haben. Etwa 8,7% der Erdoberfläche ist durchschnittluch kälter als -10 °C und dieser Anteil steigt bis zu 13,2% im Februar, aufgrund der großen schneebedeckten Landmasse in hohen Breitengraden. Die einzigen Planeten, die deutlich kälter sind als die heutige Erde sind die Simulationen, in denen die Erdachse aufrecht steht (Neigung Null): PREAS0 und STUR0. Für PRES0, mit heutiger Verteilung der Kontinente, sind 15,6% der Landfläche im Durchschnitt kälter als -10 °C. Im Gegensatz dazu hat Planet STUR0, mit kleineren Kontinenten und diese primär in Äquatornähe, eine mittlere globale Temperatur von nur 7,2 °C und 23,3% der Oberfläche mit Temperaturen unter -10°C.

Wie bereits oben erwähnt, ist Szenario VARA85 jahreszeitlich betrachtet am stärksten ausgeprägt. Fig. 23 zeigt, daß 15,6% der Oberfläche (oder ca. 65% der Landfläche) im Juli unter -10 °C fällt. Sechs Monate später, im Januar, erreichen die Temperaturen auf 9,3% der Oberfläche Werte über 50°C (Fig. 24). Diese Temperaturextreme sind etwas reduziert um die Zeit der Tag- und Nachtgleichen herum, während die Sonne über dem Äquator steht. Aber wenn die extremen Temperaturen während der Sonnenwenden [also wenn die Sonne über einem der Pole steht] über den Jahreszyklus gemittelt werden, sind knapp 7% der Oberfläche (ca. 28% der Landfläche) außerhalb des habitablen Temperaturbereichs. Diese Simulation zeigt, daß Planeten mit entweder großen Superkontinenten an einem der Pole oder mit zu geringem Anteil von Wasser an der Oberfläche am problematischsten für Leben ist, wenn die Planetenachse stark geneigt ist.

Alle anderen Szenarien dieser Studie sind wärmer als die Erde aufgrund des starken Temperaturanstiegs der Landmasse in hohen Breitengraden während der Sommersonnenwende. Die intensive Sommererwärmung auf beiden Hemisphären reicht aus, um Oberfläche und Atmosphäre auch während der verlängerten dunklen Wintermonate warm zu halten. Die Erwärmung der Antarktis und des umgebenden Ozeans zwischen November und Februar in Szenario PRES85 zum Beispiel hält den Kontinent ganzjährig eisfrei, sogar während des langen antarktischen Winters. (Fig. 9 zeigt, daß in diesem Szenario die Antarktis tatsächlich der beste Platz für von Wasser abhängigem Leben ist, wegen der gemäßigten Temperaturen und der geringen jahreszeitlichen Schwankung). Entgegen der ursprünglichen Erwartung hat keiner unserer simulierten Planeten mit hoher Achsneigung eine permanente Vereisung in der Nähe des Äquators. Dies ist ein Indiz dafür, daß die Vergletscherung in niedrigen Breitengraden während des späten Präkambriums nicht auf eine hohe Achsneigung zurückzuführen ist, obwohl solche Ergebnisse von Ogelsby & Ogg (1998) und Jenkins (2000) unter etwas anderen Randbedingungen gefunden wurden.

Die Abwesenheit von permanenter Vereisung ist keine Garantie für sich selbst, daß eine Welt für Leben geeignet ist. Die hohen Temperaturextreme, die sich in den meisten unserer simulierten Welten gezeigt haben, würden wohl für alle außer den einfachsten Lebensformen unserer heutigen Erde problematisch sein. Die langen Perioden der Dunkelheit, die nahezu eine ganze Hemisphäre umfasst, wäre eine Herausforderung für Organismen, die auf Photosynthese basieren. Einige unserer Planeten wären möglicherweise nur geeignet für Organismen, die als Extremophile bezeichnet werden, welche den dunklen Ozeanboden bevölkern oder tief unter der Erde leben, oder Temperaturen überstehen können, welche an die 400 °C heranreichen, vorausgesetzt sie haben eine Quelle für Wasser. Solche Organismen können mit Leichtigkeit den Temperaturschwankungen widerstehen, deren außerordentliche Ausmaße wir hier simuliert haben.

Könnten unsere Planeten auch höher entwickeltes Leben unterstützen wenn die Erdachse stark geneigt ist? Unsere Ergebnisse zeigen, daß die Antwort auf diese Frage "Ja" ist, vorausgesetzt dieses Leben bevölkert nicht kontinentale Oberflächen, die saisonal unter den höchsten Temperaturen zu leiden haben. Der Fall des Szenarios HICO2:85, unser wärmster Planet, zeigt, daß im Juli auf nahezu 12% des Planeten über 50 °C herrschen, aber dies sind nur 40% der Landfläche, die dem Leben zur Verfügung steht (und 17% der Fläche für maritimes Leben). Und obwohl solche Welten Klimata aufweisen, die sich von dem der heutigen Erde stark unterscheiden (in der Tat sind sie überwältigend), werden viele von ihnen immer noch geeignet sein für sowohl einfaches als auch höheres wasserabhängiges Leben. Aus diesen theoretischen Gründen heraus ist es also nicht notwendig erdähnliche Planeten mit starker Achsneigung von der Suche nach Leben außerhalb unseres Sonnensystems auszuschließen.
 

Puma

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Hi Jonas!

Also, erst einmal Dank für Deine Mühe.
Haben die Amis im Fernsehen mal wieder Müll erzählt, ist ja nicht das erste Mal.
Die Frage die sich mir jetzt noch stellt, ist, wie würden sich die Ozeane verhalten, bei einer so starken Neigung der Achse, wenn er den Planeten in seiner heutigen Konstellation zur Erde umkreist. Würde Ebbe und Flut genauso ablaufen? Gibt es da schon Simulationen ?
So nun werde ich mir noch schnell Lesch's Wie war ihr 5. Main ansehen (geht nämlich nicht von meiner Arbeitscomputer), und hoffe dann bin ich im Bilde.

Noch mals danke
Puma
 

Mahananda

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Hallo,

@ jonas: Vielen Dank für die Übersetzung! :)

@ Lina-Inverse: Die Wahrscheinlichkeit, wie oft sich so ein Impakt ereignet, ist schwer zu bestimmen. Deutlich wurde bei den Simulationen, dass Masse, Einschlagwinkel und Auftreffgeschwindigkeit des Impaktors ziemlich genau aufeinander abgestimmt sein müssen, um die sich neu bildenden Klumpen groß genug werden zu lassen - was eine hinreichend lange Verweilzeit der herausgeschlagenen Mantelbrocken jenseits der Roche-Grenze voraussetzt, ohne dass sie sich zerstreuen. Ich weiß nicht, ob es hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit solcher "eleganten" Treffer bereits Kalkulationen gibt, aber aus dem Gefühl heraus würde ich meinen, dass so etwas äußerst selten gelingt.

@ Monod: Da haben Sie mich in der Tat kalt erwischt :eek: Ich bin aber wenigstens nicht so vorgegangen, dass ich ein bestimmtes Resultat erzwingen wollte, sondern ich habe einen möglichst einfachen Term gesucht, der mir mathematisch "schön" genug erschien, um als Exempel brauchbar zu sein. Wäre das Exempel anders aufgegangen (zu schnelles oder zu langsames Kettenwachstum innerhalb des zugrunde gelegten Zeitraums), hätte ich mir einen anderen Exponenten "ausgedacht". So aber ging es zufällig im "erhofften" Rahmen auf. Daher sah ich keine Veranlassung, den Exponenten zu verändern. Aber ich gebe Ihnen dahingehend Recht, dass meinerseits ein Stück Willkür dabei war. Ich hoffe, die Rechnung ist deshalb nicht wertlos, sondern kann als Anhaltspunkt für eine Abschätzung dienen, inwiefern es plausibel ist, dass Lebewesen auf der Erde mit großer Sicherheit entstanden sind. Die übrigen Annahmen, die ich zugrunde gelegt habe (Wassermenge, Monomeranteil, Reaktionsgeschwindigkeit, Verdünnungsfaktoren), sind besser begründet. :)

Viele Grüße!
 

jonas

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Puma schrieb:
Die Frage die sich mir jetzt noch stellt, ist, wie würden sich die Ozeane verhalten, bei einer so starken Neigung der Achse, wenn er den Planeten in seiner heutigen Konstellation zur Erde umkreist. Würde Ebbe und Flut genauso ablaufen? Gibt es da schon Simulationen ?
Von Simulationen solcher Situationen weiß ich nichts, aber Du kannst ja mal Google mit Stichwörtern füttern. Meiner Einschätzung nach würden sich die Gezeiten insoweit verändern, daß sie in ihrer Stärke im monatlichen Rhythmus schwanken. Wenn die Erdachse um 90 Grad geneigt ist und alles andere gleich bleibt, dann würde der Mond um die Pole kreisen. Steht der Mond über einem der Pole, dann gibt es keine Gezeiten, steht er über dem Äquator, dann gibt es Gezeiten.

PS: @Puma und Mahananda: Danke für die Anerkennung, war eine ganz schöne Tippselei. Aber das mir das nicht zur Gewohnheit wird :D
 
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mac

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Hallo Mahananda,

in Deiner Argumentationsführung (in unser beider Diskussion) konstruierst Du eine, auf Deinen Standpunkt hin maßgeschneiderte Welt. Der Tidenhub darf nicht höher sein, als die Kapillarwirkung des Küstenmaterials, und eine Durchmischung durch den Kapillarhub findet nicht statt.

Ich erlaube mir also auch eine, auf meine Argumentation hin maßgeschneiderte Konstellation: Der Planet umrundet einen Stern der K-Klasse, mit einer Masse von 1,6E30 kg im Abstand von 2/3 AE. Dann ist sein Tidenhub gut 20% größer, als der Tidenhub der Erde heute, mit Mond.

Herzliche Grüße

MAC
 

Mahananda

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Hallo MAC,

wenn der Planet nicht gebunden rotiert - kein Problem! Allerdings ist dann die Frage, ob die Habitable Zone in 2/3 AE bei einem K-Stern gegeben ist. Falls ja, dann dürften die Ausgangsbedingungen für Wattflächen hinreichend sein.

Viele Grüße!
 
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Monod

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@ Mahananda:

Ich hoffe, die Rechnung ist deshalb nicht wertlos, sondern kann als Anhaltspunkt für eine Abschätzung dienen, inwiefern es plausibel ist, dass Lebewesen auf der Erde mit großer Sicherheit entstanden sind. Die übrigen Annahmen, die ich zugrunde gelegt habe (Wassermenge, Monomeranteil, Reaktionsgeschwindigkeit, Verdünnungsfaktoren), sind besser begründet.

Plausibel ist es schon, dass das Leben seinen Start auf der Erde nahm, aber Ihr Rechenbeispiel taugt wenig dazu, dies zu untermauern. Ich nehme Ihnen ab, dass Sie die zugrunde gelegten Werte zuvor gründlich bedacht haben, aber inwiefern sind sie empirisch untersetzt? Die geringsten Probleme scheinen mir mit der Wassermenge vorzuliegen. Diese war wohl tatsächlich geringer als heute, so dass der Wert von 2^159 u angemessen erscheint. Das entspricht etwa 60 Prozent des heutigen Wertes.

Die ersten Bauchschmerzen setzen bei mir bei der angesetzten Monomermenge ein. Aus dem Kohlenstoffkreislauf kann ich zwar entnehmen, dass der Anteil der Biomasse in etwa einem Millionstel der angesetzten Gesamtwassermenge entspricht. Allerdings bedeutet das nicht zugleich, dass diese Kohlenstoffmenge als verwertbare Monomerstruktur vorgelegen hat. Es kann sowohl viel mehr als auch viel weniger gewesen sein. Bereits hier treffen Sie eine willkürliche Auswahl, die nicht mit Datenmaterial gedeckt ist. Der meiste Kohlenstoff hat als CO2 vorgelegen. Wieviel davon nach dem Ausfällen des Kalksteins übrig geblieben ist, ist ebenso unbekannt wie der in der Atmosphäre verbliebene Anteil an Kohlenwasserstoffen. Dieser Restbestand unbekannter Größe war das Ausgangsmaterial für die Monomerbildung. Wieviel davon wiederum tatsächlich zu Monomeren umgesetzt wurden und wieviel davon sich zu CO2 umsetzte und im Ozeanwasser gelöst wurde, ist ebenfalls unbekannt. Somit ist Ihr Schätzwert genau genommen unbegründet und damit ebenso willkürlich festgesetzt wie Ihr Verzögerungsfaktor.

Die Reaktionsgeschwindigkeit pro Monomer legen Sie mit 1/2^6 s fest. Das ist etwa 1 Reaktion pro Minute. Mir ist nicht klar, worauf Sie diesen Wert begründen. Üblicherweise beträgt die Reaktionsgeschwindigkeit in lebendigen Zellen einige Sekunden bis einige Millisekunden (DNA-Replikation). Unter abiotischen Bedingungen stellen sich chemische Gleichgewichte ein, da die Biokatalysatoren noch fehlen. Diese Gleichgewichte sind u.U. so stark nach einer Seite hin verschoben, dass anorganische Katalysatoren nötig sind, um unter Energiezufuhr Synthesen in nennenswertem Umfang zu bewerkstelligen. Das beste Beispiel sind Peptidbindungen. Das Gleichgewicht ist in Richtung Hydrolyse verschoben, wenn die Aminosäuren in wässriger Phase vorliegen. Sie umgehen dieses Problem zwar, wenn Sie eine periodische Austrocknung im Rahmen der Gezeiten voraussetzen und die Katalysatoren im Wattsediment bereitstellen, aber Sie können daraus keine Durchschnittsgeschwindigkeit für alle Monomere ableiten, weil die mineralischen Komponenten in den Uferregionen unterschiedlich konzentriert verteilt sind. Was in der einen Uferregion möglicherweise im Sekundentakt gelingt, gelingt in anderen Uferregionen über Jahre hinweg nie. Das Problem verschwindet nicht, wenn Sie effiziente Durchmischungen anführen, weil die "potenten" Uferregionen lokal begrenzt bleiben. Damit reduziert sich zugleich die von Ihnen als Reaktionsraum zugrunde gelegte Fläche erheblich, so dass Ihr Durchmischungsszenario letztlich hinfällig wird.

In gleicher Weise könnte ich jetzt fortfahren, um die übrigen Annahmen als reine Phantasieprodukte bloßzustellen, aber ich denke, dass das bisher Gesagte hinreichend genug ist, um zu erkennen, dass Ihre "Plausibilitätsrechnung" alles andere als plausibel ist, um den Werdegang der Biogenese auf der Erde zu verorten. Ich vermute, dass es solcher Rechnungen für diesen Zweck überhaupt nicht bedarf. Das Rätsel ist ja nicht, dass Monomere und Polymere sich anreichern konnten. Das Rätsel ist die Organisation vielfältiger Reaktionswege zu einem Organismus, der sowohl seine Selbsterhaltung als auch seine Vervielfältigung organisieren kann. Zur Lösung dieses Rätsels trägt Ihre Rechnung leider in keiner Weise bei. Ich halte sie deshalb für entbehrlich.

Monod
 

jonas

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@Mahananda
Mahananda schrieb:
wenn der Planet nicht gebunden rotiert - kein Problem! Allerdings ist dann die Frage, ob die Habitable Zone in 2/3 AE bei einem K-Stern gegeben ist.
Hatte jetzt versucht herumzurechnen, aber dieses Diagramm aus Wikipedia zeigt es eigentlich viel besser. Die Venus liegt etwas weiter außerhalb als 2/3 AE. Auf Höhe des Orangen K-Sterns liegt der hypothetische Planet somit knapp außerhalb der roten Synchronisationslinie und gerade noch innerhalb des blauen Bandes der habitablen Zone.
 

mac

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Hallo Mahananda,

wenn der Planet nicht gebunden rotiert - kein Problem!
Für unser Diskussionsthema ist die, in einem solchen System schneller gebundene Rotation, im zeitlichen Ablauf noch nicht so relevant wie sie es später werden wird.



Allerdings ist dann die Frage, ob die Habitable Zone in 2/3 AE bei einem K-Stern gegeben ist.
Für meine ‚Konstruktion’ habe ich mit Hilfe der Masse-Leuchtkraft-Beziehung den ‚passenden‘ Abstand gewählt.

Wie ich schon mal vor einigen Monaten in einer Diskussion mit Bynaus geschrieben hatte, ist zwar die Anzahl der K-Sterne größer als die Anzahl der G-Sterne, aber durch den kleineren Abstandsbereich der habitablen Zone um einen solchen Stern, wird die dadurch geringere Chance auf eine Planetenbahn innerhalb dieser Zone, die größere Anzahl dieser Sterne wieder kompensieren.



Falls ja, dann dürften die Ausgangsbedingungen für Wattflächen hinreichend sein.
wenn wir an alles gedacht haben und wenn es Planeten in der habitablen Zone mit genügend wenig Wasser, ohne eine solche monderzeugende Kollision, überhaupt gibt, ja.

Herzliche Grüße

MAC
 
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compromix

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Hallo Mahananda,

seit einiger Zeit verfolge ich hier die Diskussion.
Der mathematische Ansatz zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit von der Entstehung von Leben -wie wir es kennen-, zeigt uns, dass es überall möglich sein sollte, wo ähnliche Verhältnisse zugrunde gelegt werden können.
Die Stöchiometrie bei diesem Vorgang muß im Bereich des Möglichen sein.

Ich hoffe, die Rechnung ist deshalb nicht wertlos, sondern kann als Anhaltspunkt für eine Abschätzung dienen, inwiefern es plausibel ist, dass Lebewesen auf der Erde mit großer Sicherheit entstanden sind. Die übrigen Annahmen, die ich zugrunde gelegt habe (Wassermenge, Monomeranteil, Reaktionsgeschwindigkeit, Verdünnungsfaktoren), sind besser begründet. :)

Ich meine aber, die "übrigen Annahmen" haben den größten Einfluss.
Im Wesentlichen verbirgt sich dahinter unser Nicht- oder Wenigwissen über die tatsächlichen Entstehungsbedingungen.

Wie komplex die Probleme sind, zeigt z.B.dieser Link.
Niemals hätte ich gedacht, dass solch eine Vielfalt aus dem Weltraum kommt.

Mit freundlichem Gruß

compromix
 

JGC

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Hi..

Dazu muss man auch meiner Meinung nach zwingend bemerken, das Alleine die Möglichkeiten, DAS aus all den chemischen organisch relevanten Substanzen, aus denen in der Ursuppe das Leben hervor geht, NICHT ausreichen!!!


Chemische Verbindungen zu ermöglichen, macht noch KEIN Leben aus..

Es braucht auch eine Ordnung, sonst können diese ganzen genannten Verbindungen Milliarden von Jahren in der Suppe schwimmen und es tut sich NICHTS!!

Und das allerwichtigste ist, es braucht auch einen stetigen Energiezufluss, der nicht nur im Licht und der Wärme zu suchen ist, sondern AUCH in der regelmäßigen Tidenschwankungen und sonstigen kinetisch regelmäßig wiederkehrenden Veränderungen, so wie durch die Bahnexzentritäten der jeweils in Frage kommenden Planeten und Monde..

Ist das Leben also so gesehen nicht DOCH eine Frage von Möglichkeiten UND einem Plan??

Und ich meine jetzt nicht einen Schöpfer wie u.A. auch Kreationisten zwingend erwarten, sondern ein auch durch die jeweiligen örtlich bestimmenden Gravitationsfluß-Wirkungen erzeugten mathematisch bedingtes Verhaltens-Regelwerk, welches all die Wechselwirk-Beziehungen unter all den Elementen und der daraus möglichen jeweiligen chemischen Verbindungen bestimmt....

Das EINE geht meiner Ansicht nach NICHT ohne das ANDERE..

Gravitations-Wechselwirkungen interagieren direkt über Rückkopplung und Reflektives Verhalten mit all den elektromagnetischen Wechselwirkungen und schaffen doch erst SO die Basis, das Materie ein lebendiges und "intelligentes"(Zweckentsprechendes) Verhalten zeigen kann..


Chaos UND Ordnung..

Chaos ist die Mutter der Ordnung, Ordnung ist der Vater der Beständigkeit, und die daraus resultierende fortlaufende Veränderung ist das Kind der Ewigkeit...
 
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Orbit

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JGC schrieb:
Chaos ist die Mutter der Ordnung, Ordnung ist der Vater der Beständigkeit, und die daraus resultierende fortlaufende Veränderung ist das Kind der Ewigkeit...
WOW!
Dieser Aphorismus wird dereinst bestimmt in einer feministischen Aphorismensammlung Unterschlupf finden.

Orbit
 

Monod

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@ compromix:

Ich meine aber, die "übrigen Annahmen" haben den größten Einfluss.
Im Wesentlichen verbirgt sich dahinter unser Nicht- oder Wenigwissen über die tatsächlichen Entstehungsbedingungen.

Das haben Sie vollkommen richtig erkannt. Ich denke, dass die "übrigen Annahmen", die in Mahanandas Rechnung auftauchen nicht nur unzureichend genau bekannt sind, sondern zudem auch unzureichend in der Anzahl. Die Entstehung und Anreicherung von Polymeren ist zwar eine notwendige Bedingung, um Leben entstehen zu lassen, aber ist das zugleich auch eine hinreichende Bedingung? Wir wissen nicht, welche konkreten Umstände zur ersten Zelle geführt haben. Wir wissen weiterhin nicht, welche Umstände prinzipiell notwendig sind, damit Zellen entstehen können, so dass sich ein Spektrum von Möglichkeiten ableiten lässt, innerhalb dessen auf der Früherde eine (oder mehrere?) Realität geworden ist. Dieses immer noch vorhandene Nichtwissen lässt sich mit noch so ausgeklügelten Kalkulationen bestenfalls kaschieren, nicht aber überwinden. Der einzig gangbare Weg, um dieses Nichtwissen zu überwinden, ist der Ansatz, den die sogenannte "Synthetische Biologie" verfolgt. Hier wird experimentell versucht, alternative Biochemien in Zellen zu etablieren, um herauszufinden, welche Mechanismen essentiell nötig sind. Daraus soll abgeleitet werden, welche chemische Basis notwendig ist, um diese Mechanismen zu bewerkstelligen. Erst danach kann eine Lösung des eigentlichen Rätsels (Organisation von Stoffwechsel zur Selbsterhaltung und Vermehrung) auf der Basis experimenteller Daten angegangen werden. Wenn dann ein Möglichkeitsspektrum aufgestellt worden ist, lassen sich verlässlichere Kalkulationen hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit der Entstehung von Leben anstellen, die letztlich die Frage beantworten helfen, ob wir allein sind oder nicht. Flankiert werden muss diese Forschung mit geeigneten Beobachtungsprogrammen (TPF; DARWIN), um atmosphärische Nichtgleichgewichte aufzuspüren, die ein indirekter Hinweis auf Biosphären sind. Wenn das abgeschlossen ist, dann kann man sich fundierter über dieses Thema unterhalten als das jetzt möglich ist. Manchmal ist es besser, sich in Geduld zu üben, statt die Phantasie überborden zu lassen.

Monod
 

Monod

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@ JGC:

Ist das Leben also so gesehen nicht DOCH eine Frage von Möglichkeiten UND einem Plan??

Vergessen Sie es. Es gibt keinen Plan.

Chaos ist die Mutter der Ordnung, Ordnung ist der Vater der Beständigkeit, und die daraus resultierende fortlaufende Veränderung ist das Kind der Ewigkeit...

Das haben Sie aber schön gesagt. :) Belassen Sie es dabei!

Monod
 

mac

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Hallo Monod,

Zur Lösung dieses Rätsels trägt Ihre Rechnung leider in keiner Weise bei. Ich halte sie deshalb für entbehrlich.
sie mag so entbehrlich sein, wie viele andere Spekulationen auch, als überflüssig habe ich Mahananda’s Rechnung allerdings nicht empfunden, auch wenn einige seiner Annahmen mir etwas willkürlich vorkamen; ohne ihren Stellenwert wirklich ordnen zu können.

Daß eine Plausibilitätsbetrachtung zum Zeitbedarf einer solchen Kombinatorik-‚Aufgabe‘ nicht den Nachweis für die einzelnen Annahmen ersetzt, oder gar zum Nachweis für die Entwicklung einer zur Teilung fähigen Zelle taugt, war aus meiner Sicht aber zu keinem Zeitpunkt unklar.

Du hast natürlich recht mit Deiner Aussage:
treffen Sie eine willkürliche Auswahl, die nicht mit Datenmaterial gedeckt ist.
dieser Zustand ist, wie wir hier alle wissen :D natürlich immer die ‚beste‘ Basis für möglichst behinderungsarme Spekulationen.

Ich empfinde andererseits Deine sachbezogenen Argumente als außerordentliche Bereicherung dieser Diskussion. :)


Herzliche Grüße

MAC
 

Monod

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@ MAC:

... als überflüssig habe ich Mahananda’s Rechnung allerdings nicht empfunden ...

Sicher. Immerhin kann man daraus entnehmen, wie man es nicht machen sollte. Gemessen am selbstgewählten Anspruch:

Mahananda schrieb:
In der Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr ist mir bezüglich dieses Themas folgende Kalkulation eingefallen, mit deren Hilfe man abschätzen kann, wie wahrscheinlich die Entstehung von Lebewesen auf der Erde war.

erscheint das Resultat:

Mahananda schrieb:
In jedem Falle ergibt sich, dass die Entstehung von Lebewesen auf der Erde sehr wahrscheinlich war.

doch reichlich unbestimmt, so dass man einschätzen kann, dass die zwischengeschaltete Rechnung - auch in der überarbeiteten Variante - wenn schon nicht ÜBERflüssig, so doch aber zumindest äußerst DÜNNflüssig ist. Zumindest war das, was als Begleitkommentar danach noch kam, reichlich dünn, so dass ich nicht umhin kann, das Ganze als Durchfall zu diagnostizieren.

dieser Zustand ist, wie wir hier alle wissen :D natürlich immer die ‚beste‘ Basis für möglichst behinderungsarme Spekulationen.

Nach allem, was ich bisher von Mahananda lesen konnte, gehört er ja zum Glück nicht in die Sparte jener, deren Phantasie wider alle Regeln der Vernunft die wildesten Spekulationen gebiert. Da ich mich zufällig ein wenig in dieser Materie auskenne, kann ich "Argumente" wie die hier zur Sprache gebrachten adäquat einordnen, so dass Luftschlösser wie dieses hier als haltlos entzaubert werden können. Vielleicht meldet sich Mahananda ja noch einmal und kann das eine oder andere noch klarstellen. Bis dahin wünsche ich allen hier noch frohe Osterfeiertage.

Monod
 

Puma

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Hallo Experten !

Also mich interessiert dieses Thema sehr, auch wenn ich mich natürlich als Laie nur populärwissenschaftlich damit befassen kann.
Daher fand ich die Beiträge von Mahananda sehr interessant, auch wenn er sich anscheinend hier und da, nun sagen wir mal, vielleicht etwas zu weit aus dem Fenster gelehnt haben mag, wie ich den letzten Beiträgen entnehmen muß. Aber immerhin hat er seine Sichtweise der Dinge hier genannt.
Nun mag es sein, daß man als Experte an den ganzen Rechnungen Mängel findet, die ich nicht sehe. Aber das interessiert mich weniger.
Wenn man sich hier im Forum als einen bezeichnet, der Ahnung von dieser Materie hat, dann erwarte ich etwas mehr, außer nur Kritik an Mahanandas Beiträgen.
Dann sollte man vielleicht schon den Mut besitzen und seine eigene Sicht zu diesem Thema darlegen und sich dann der Kritik der anderen stellen.


Gruß Puma
 

Monod

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@ Puma:

Ich habe Mahananda ja nicht einfach nur kritisiert, um der Kritik willen. Seine Beiträge sind nach wie vor interessant und können als Diskussionsgrundlage dienen. Wenn er jedoch meinte, die Wahrscheinlichkeit der Entstehung von Leben quantifizieren zu können und ich daraufhin nachwies, dass das so nicht geht, wie er es sich gedacht hat, dann tut das seinem Sachverstand in diesen Fragen keinen Abbruch, sondern zeigt allenfalls methodische Mängel auf. Meine eigene Sicht zu diesem Thema habe ich in die Kritik einfließen lassen. Wenn Sie wünschen, können wir darüber gern diskutieren. Für mich ist das keine Mutfrage. :)

Monod
 
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