Diskussionskultur

Status
Für weitere Antworten geschlossen.

Mahananda

Registriertes Mitglied
Hallo Tom,

Dem widerspreche ich.

Nachdem ich mich noch einmal kundig gemacht habe, stimme ich Dir hierin zu, weil ich meine Position des de facto widerrechtlichen Agierens nicht länger aufrecht erhalten kann. Artikel 16a, Absatz (5) Grundgesetz liefert hier Klarheit:

Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

Daraus folgt, dass man das Grundgesetz nicht gegen völkerrechtliche Verträge ausspielen kann, in denen bei Beachtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten Zuständigkeitsregelungen getroffen werden, die das Asylrecht betreffen. Und die Zuständigkeitsregelung, die hier relevant ist, ist das Dublin-III-Abkommen.

Ich ziehe damit meine Position bezüglich der Rechtswidrigkeit der derzeitigen Asylpraxis zurück.

Viele Grüße!
 

Aries

Registriertes Mitglied
meine Frage hierzu ist, warum Herr Gauland hierfür eine Wortwahl verwendet, die Dich an Heinrich Himmler erinnert hat, und warum solche Wortwahlen aus der Zeit des 3.Reiches regelmässig bei Repräsentanten der AfD zu hören sind.
Die Wortwahl hat nicht mich sondern TomS an Himmler erinnert. Er hat ihn ja zitiert. Ich teile die Beobachtung nicht.

Das fasst sehr treffend zusammen, worum es im Kern geht.

Es geht nämlich nicht nur darum, dass Parteien und Gruppierungen unterschiedliche Ansichten zum Asylrecht hätten, sondern dass einige deutsche Parteien und Gruppierungen sowie einige europäischen Staaten und einige deren Politiker unterschiedliche Ansichten zu diesen Werten haben, dass sie diese Werteordnung gezielt und bewusst in Frage stellen und aktiv an ihrem Umbau bzw. der Entwertung arbeiten.
Das Eintreten für z. B. konservative Werte und nationale Identität bedeutet nicht, dass humanistische Werte nicht auch eine wichtige Rolle spielen würden. Es gab aber nie einen Konsens, dass humanistische Werte die einzig zulässigen Werte sind, und alle anderen bekämpft werden müssen. Vielleicht war Merkel mit Rotgrün zu lange allein im Bundestag, sodass dieser Eindruck entstehen konnte.

Oder meinst du, dass extrem rechte, jedoch noch nicht verfassungsfeindliche Positionen durch den falschen Gebrauch der Begriffe "Nazis" und "Rechtsextremisten" delegitimiert werden sollen? Ja, das darf vso nicht sein.

Man darf natürlich eine Gegenposition beziehen, jedoch nur mit seriösen Argumenten.
Ja das meine ich, und das trifft nicht nur extreme Rechte sondern mehr oder weniger alle, die sich nicht in die Machtstruktur der etablierten Parteien einordnen. Beispiel:

Die Zuschreibungen vom rechten Rand an der Asylpraxis in Deutschland als „Herrschaft des Unrechts“ (Seehofer, AfD, sonstige Rechtsextreme, sonstige Linksextreme wie Wagenknecht) sind daher völlig unzutreffend.
Auf der rechten Seite haben wir das nun lange genug durchgekaut, aber was rechtfertigt die Darstellung von Frau Wagenknecht als Linksextremistin?

Wer jeden Kritiker der offenen Grenzen gleich welche Motive er hat als Extremisten hinstellt, und gleichzeitig bemängelt, dass demokratische Standards nicht gesichert wären, der hat die Demokratie nicht verstanden.
 

TomS

Registriertes Mitglied
Jetzt gehst du sogar weiter als ich. Ob andere Rechtsverstöße auszuschließen sind, vermag ich nicht zu entscheiden.

Es geht ja um etwas anderes: dieselbe Partei, die einen grund- und völkerrechtswidrigen Schusswaffengebrauch gegen illegale Grenzübertritte diskutiert hat, beruft sich nun auf das selbe Grundgesetz gegen die Regierung.

Das hat zum einen Methode im völkischen Lager: ich verbiege Rechtsauslegungen entsprechend der Zielgruppe, auf die sie anzuwenden wären (Artikel 1 gilt aber nicht nur für Deutsche). Zum anderen hat es grundsätzlich Methode in jedem extremistischen Lager - siehe z.B. die Diskussion um das Kontaktsperregesetz gegen die RAF 1977. Es geht immer um das selbe: Aushöhlung oder Zerstörung humanistischer, demokratischen und rechtlicher Standards unter dem Schutz eben jener Standards. Kurz: “dass ich diese Werte und Rechte zerstören darf, steht mir aufgrund dieser / meiner einklagbaren Rechte zu und muss von dem Staat geschützt werden, dessen Rechte und Werteich angreife”.
 

TomS

Registriertes Mitglied
Die meisten Politiker der AFD und der Linken - z.B. Frau Wagenknecht - sind keine Extremisten (siehe dazu die o.g. Definitionen).
 

galileo2609

Registriertes Mitglied
Hallo Aries,

Es gab aber nie einen Konsens, dass humanistische Werte die einzig zulässigen Werte sind, und alle anderen bekämpft werden müssen.
doch diesen Konsens gibt es unter aufgeklärten Menschen. Und er ist auch in nicht wenigen Abkommen kodifiziert worden, die mehr oder weniger völkerrechtliche Bindung haben. Ausgehend von den Erfahrungen mit den zivilisatorischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts ist dieser Konsens auf der Basis der historischen Formulierung unveräusserlicher subjektiver Menschenrechte Bestandteil von Verfassungen oder der Verfassungswirklichkeit von Nationalstaaten und transnationalen Bündnissen geworden.

Nur weil dieser Konsens nach wie vor von dezidierten Machtgruppen mit Füssen getreten wird, bedeutet das nicht, dass dieser Konsens unter zivilisierten Menschen grundsätzlich verhandelbar wäre.

Das Eintreten für z. B. konservative Werte und nationale Identität bedeutet nicht, dass humanistische Werte nicht auch eine wichtige Rolle spielen würden.
Im Konservatismus sind humanistische Werte mit Sicherheit inkludiert. In der Priorität ob ihrer subjektiven Geltung in den unterschiedlichen Ausprägungen konservativer Programmatiken ggf. unter Druck. Das gilt allerdings auch für eher als links verortete Programme und Ideologien entsprechend. (Wobei das die Grundsatzdiskussion aufruft, was ist konservativ und was ist links. Für den Zweck dieser Diskussion hier ist es ausreichend, von dem jeweils vorhandenen Vorverständnis auszugehen.)

Bleiben wir vorerst auf der rechten Seite des politischen Spektrums, so ist es historisch nachvollziehbar, dass der Konservatismus nicht selten zur ideologischen Überhöhung nationaler und gelegentlich völkischer Identität neigte und neigt. Diese mystische Sehnsucht geht dann immer zu Lasten unteilbarer subjektiver Menschenrechte. Es steht dir frei, diesen Widerspruch mit deinem Eintreten für nationale Identität zu erläutern.

Grüsse galileo2609
 

TomS

Registriertes Mitglied
Das Eintreten für z. B. konservative Werte und nationale Identität bedeutet nicht, dass humanistische Werte nicht auch eine wichtige Rolle spielen würden. Es gab aber nie einen Konsens, dass humanistische Werte die einzig zulässigen Werte sind, und alle anderen bekämpft werden müssen.
Wenn das alles wäre, dann hättest du recht.

Aber er aus der AFD wurde z.B. ein Schusswaffengebrauch gegen den Grenzübertritt vorgeschlagen.

Das einzige Vergehen dieser Menschen bestünde darin, dass sie sich nicht an europäische Abkommen halten. Alles weitere bleibt Unterstellung.

Ein derartiges Gesetz würde - wenn es denn verabschiedet wäre - vom Verfassungsgericht kassiert werden (man darf auch keine Flugzeuge abschießen, wenn der Verdacht auf einen Terrorangriff besteht).

Ich denke nicht, dass dies noch im Einklang mit einem konservativen Wertekanon und nationaler Identität steht, sondern dass es sich - in diesem Fall - tatsächlich um eine extremistische Position handelt: zum Schutz vor einem vermeintlichen Angriff auf die nationale Identität setze ich das Recht auf körperliche Unversehrtheit außer Kraft.

Wer das unterschreiben kann, bei dem hat der von mir genannte Angriff auf unsere Werteordnung schon begonnen.
 

Mahananda

Registriertes Mitglied
Hallo galileo,

Und er ist auch in nicht wenigen Abkommen kodifiziert worden, die mehr oder weniger völkerrechtliche Bindung haben.

Richtig. Ich verweise dafür noch einmal auf Artikel 16a, Absatz 5 des Grundgesetzes:

Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

Wenn wir diese Standards aufweichen oder gar außer Kraft setzen, beschreiten wir einen Weg, der nicht nur rückwärts, sondern zugleich auch noch abwärts führt.

Viele Grüße!
 

Mahananda

Registriertes Mitglied
Hallo Tom,

Es geht immer um das selbe: Aushöhlung oder Zerstörung humanistischer, demokratischen und rechtlicher Standards unter dem Schutz eben jener Standards. Kurz: “dass ich diese Werte und Rechte zerstören darf, steht mir aufgrund dieser / meiner einklagbaren Rechte zu und muss von dem Staat geschützt werden, dessen Rechte und Werteich angreife”.

Ja, das ist das Perfide an dieser Strategie: Man bemüht die rechtsstaatlich garantierten Rechte, um dieselben Rechte im Widerspruch zu den rechtsstaatlichen Prinzipien selektiv gültig sein zu lassen und bewirkt damit folgerichtig die Aushöhlung und Bekämpfung des Rechtsstaats.

Viele Grüße!
 

galileo2609

Registriertes Mitglied
Hallo TomS,
Die meisten Politiker der AFD und der Linken - z.B. Frau Wagenknecht - sind keine Extremisten (siehe dazu die o.g. Definitionen).
ich wäre sparsamer mit solchen Vor-Festlegungen. Wenn man sich z. B. die Querfrontaktivitäten von Frau Wagenknecht ansieht, besteht zumindest Anlass zum Nachdenken.

Beispiele:
- Sie sind so bunt wie graue Mäuse (taz, 29.05.2018)
- Der unangreifbare Diether Dehm (Frankfurter Rundschau, 19.12.2017)

Bei den Politiker*innen der AfD ist die Sachlage noch eindeutiger, von den Köpfen bis zu den Gliedern.

Natürlich ist das, was man als extremistisch charakterisiert immer auch eine Frage der subjektiven politischen und weltanschaulichen Prägung. Kumulieren jedoch Angriffe auf den humanitären Konsens aufgeklärter Menschen, muss auch die Einordnung auf der Extremismus-Skala mithalten. Man kann und soll darüber diskutieren, auch streiten. Denn politische Willensbildung läuft anders ab als naturwissenschaftliche Erkenntnisgewinnung. Unter unvollständigen Bedingungen demokratischen und humanen Ausgleichs ist jedoch der politische Streit an sich erstmal nicht verwerflich. Auch wenn er sich durchaus öfter den Methoden des rationalen Diskurses bedienen sollte.

Und, um das noch zu ergänzen, auch bezüglich dieses Eingangsstatements. Die Zivilgesellschaft ist in der Investigation delegitimierter rechtsextremer Aktivitäten wesentlich konsistenter und objektiver als die staatlichen Nachrichtendienste. Auch wenn sie sich gegen beständige Angriffe auf ihr aufklärerisches Engagement verteidigen muss. Ich stelle eine (aufgrund meiner weltanschaulichen Vorprägung unterstützte) These zur Diskussion:
Die Neuen Rechten verorten ihre Kritiker ja gerne im linksextremen Lager, auch um das Bilden einer einheitlichen demokratischen Front zu verhindern. Das Gegenteil von rechtsextrem ist jedoch nicht links oder linksextrem sondern demokratisch und humanistisch.
(Gegen die AfD „Man gewöhnt sich an die Eskapaden der AfD“, Frankfurter Rundschau, 05.11.2018)

Grüsse galileo2609
 

Aries

Registriertes Mitglied
Bleiben wir vorerst auf der rechten Seite des politischen Spektrums, so ist es historisch nachvollziehbar, dass der Konservatismus nicht selten zur ideologischen Überhöhung nationaler und gelegentlich völkischer Identität neigte und neigt. Diese mystische Sehnsucht geht dann immer zu Lasten unteilbarer subjektiver Menschenrechte. Es steht dir frei, diesen Widerspruch mit deinem Eintreten für nationale Identität zu erläutern.
Ich habe mich nicht für die Überhöhung der nationalen Identität ausgesprochen, sondern gegen deren Nichtbeachtung und Bekämpfung, die Du propagierst. Ich sehe keinen Widerspruch zur Einhaltung der Menschenrechte. Wenn Menschenrechte auch außerhalb Deutschlands gewahrt werden können, müssen Migranten nicht unbedingt in Deutschland aufgenommen werden. Das ist vom Grundgesetz oder von der Erklärung der Menschenrechte so auch nicht vorgesehen.

galileo2609 schrieb:
Ich stelle eine (aufgrund meiner weltanschaulichen Vorprägung unterstützte) These zur Diskussion:
Die Neuen Rechten verorten ihre Kritiker ja gerne im linksextremen Lager, auch um das Bilden einer einheitlichen demokratischen Front zu verhindern. Das Gegenteil von rechtsextrem ist jedoch nicht links oder linksextrem sondern demokratisch und humanistisch.
(Gegen die AfD „Man gewöhnt sich an die Eskapaden der AfD“, Frankfurter Rundschau, 05.11.2018)
Es macht keinen Sinn alle politischen Fragen auf eine einzige Dimension zu zwingen und darauf diskutieren zu wollen.

Extremismus ist durch Verfassungsfeindlichkeit definiert.

Positionen wie "Deutschland verrecke" sind extremistisch da verfassungsfeindlich.
 

Aries

Registriertes Mitglied
Wenn das alles wäre, dann hättest du recht.

Aber er aus der AFD wurde z.B. ein Schusswaffengebrauch gegen den Grenzübertritt vorgeschlagen.
Ich bin dagegen, dass auf Einwanderer geschossen wird, außer die Grenzbeamten werden von diesen angegriffen. Aber um die Grenzen zu schützen, gibt es auch andere Methoden. Grenzschutz und körperliche Unversehrtheit lassen sich in Einklang bringen. Und wenn die vereinzelten Stimmen aus der AfD, die den Schusswaffengebrauch (zählen Warnschüsse eigentlich dazu?) gefordert hatten, diese Forderung zurücknehmen, dann sollte man das auch einmal zur Kenntnis nehmen.
 

galileo2609

Registriertes Mitglied
Aries,

ich finde deine Beiträge, um es gelinde zu sagen, nicht besonders diskussionsfähig, auf einem intellektuellen Niveau, das auf ein ganzes Syndrom von Inkompetenzen verweist. Und einen erschreckenden Mangel an Empathie ausweist.
Wenn du dich bei der AfD oder sonstigen Konglomeraten am rechten Rand gut aufgehoben fühlst, ist das deine Entscheidung. So what? Macht halt keinen Sinn, wenn du das auch noch irgendwie sozialverträglich zu legitimieren versuchst.

Grüsse galileo2609
 

Aries

Registriertes Mitglied
ich finde deine Beiträge, um es gelinde zu sagen, nicht besonders diskussionsfähig, auf einem intellektuellen Niveau, das auf ein ganzes Syndrom von Inkompetenzen verweist. Und einen erschreckenden Mangel an Empathie ausweist. Wenn du dich bei der AfD oder sonstigen Konglomeraten am rechten Rand gut aufgehoben fühlst, ist das deine Entscheidung. So what? Macht halt keinen Sinn, wenn du das auch noch irgendwie sozialverträglich zu legitimieren versuchst.
Wenn Du nicht mit mir diskutieren möchtest, ist das Dein gutes Recht, und dafür muss Du auch nicht Rechenschaft ablegen. Ich finde die Diskussion hier im Forum interessant, weil viele mit wissenschaftlichem Hintergrund mitdiskutieren, und dadurch doch eine gehaltvollere Diskussion möglich ist als anderswo, wodurch es durchaus möglich ist seinen eigenen Standpunkt weiterzuentwickeln. Das mit dem ganzen Syndrom von Inkompetenzen würde mich noch interessieren, falls es sich dabei nicht um eine bloße Verschmähung von mir handelt.
 

TomS

Registriertes Mitglied
... ich wäre sparsamer mit solchen Vor-Festlegungen. Wenn man sich z. B. die Querfrontaktivitäten von Frau Wagenknecht ansieht, besteht zumindest Anlass zum Nachdenken.

Bei den Politiker*innen der AfD ist die Sachlage noch eindeutiger, von den Köpfen bis zu den Gliedern.
Anlass zum Nachdenken besteht, keine Frage.

An sich ist der Extremismusbegriff umstritten - siehe z.B. hier:

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Extremismus


Natürlich ist das, was man als extremistisch charakterisiert immer auch eine Frage der subjektiven politischen und weltanschaulichen Prägung.
Ja, das macht es nicht leichter.

Kumulieren jedoch Angriffe auf den humanitären Konsens aufgeklärter Menschen, muss auch die Einordnung auf der Extremismus-Skala mithalten.
Das ist richtig, und das ist zugleich das Problem.

Es wird evtl. klarer durch einen Vergleich.

1) Im Falle der RAF war Gedankengut, Kommunikation, verbrecherisches Handeln und dessen Ziel - die Zerstörung der verfassungsmäßigen Ordnung - bei jeder einzelnen Person sowie bei der Gruppe = dem harten Kern der RAF alles Eins. D.h. Extremismus mit dem Ziel der Zerstörung der Strukturen Deutschlands insbs. auch in Form der Ermordung der Repäsentanten des Systems war jeweils vollumfänglich ausgeprägt. Daher ist die Charakterisierung sowohl des Einzelnen als Extremist als der der Gruppe als extremistische Vereinigung sicher einfach zu rechtfertigen.

2) Im Falle der NPD ist dies offenbar nicht mehr gegeben. Die Charakterisierung diverser Mitglieder als klar extremistisch und nationalsozialistisch mit entsprechenden juristisch geahndeten Straftaten war offenbar nicht ausreichend für eine entsprechende Charakterisierung der Organisation.

3) Im Falle der AFD fallen m.W.n kaum (keine?) echte extremistisch motivierte Straftaten aus ihren Reihen auf. D.h. man kann die AFD und möglicherweise einige ihrer Mitglieder höchstens über ihr Gedankengut, nicht jedoch über ihre Taten als extremistisch einstufen. Es ist sozusagen eine organisatorische Ferne zwischen der Partei und vielen Mitgliedern einerseits sowie rechtsextremistisch agierenden Organisationen andererseits gegeben.

Das macht es nicht unbedingt besser, wie wir gleich sehen werden, aber es macht es komplizierter. Ich wollte hier lediglich eine eher vorsichtige Haltung bzgl. des Extremismus zum Ausdruck bringen. Man muss hier differenzieren zwischen „ist ein Extremist“ und „zeigt eine gewisse Nähe zu extremistischen Positionen“. Letzteres würde ich tatsächlich vielen öffentlich auftretenden AFD-Mitgliedern unterstellen.

Analysieren wir doch noch mal die Aussage von Frauke Petry:

Er muss den illegalen Grenzübertritt verhindern, notfalls auch von der Schusswaffe Gebrauch machen. So steht es im Gesetz ... Ich habe das Wort Schießbefehl nicht benutzt ... Kein Polizist will auf einen Flüchtling schießen. Ich will das auch nicht. Aber zur Ultima Ratio gehört der Einsatz von Waffengewalt.

und Frau von Storch:

Menschen, die aus Österreich einreisen, haben kein Asylrecht (Art 16 a Abs. 2 GG). Ihnen ist die Einreise zu verweigern (18 Abs. 2 AsylG). Und wenn Sie das HALT an der Grenze nicht akzeptieren, 'können die Vollzugsbeamten im Grenzdienst Schusswaffen auch gegen Personen einsetzen.' (§ 11 UZwG).
Wer das HALT an unserer Grenze nicht akzeptiert, der ist ein Angreifer. Und gegen Angriffe müssen wir uns verteidigen. Die Menschen sind in Österreich in Sicherheit. Es gibt keinen Grund, mit Gewalt unsere Grenze zu überqueren.

(so findet man das in Auszügen aus Facebook)

Im Gesetz steht

http://www.gesetze-im-internet.de/uzwg/__11.html

Die GDP sagt dazu

Das ist gesetzlich nicht gedeckt. Waffen dürfen nur zur Abwehr einer unmittelbaren Gefahr eingesetzt werden. Die illegale Einreise von Flüchtlingen zählt dazu nicht.

Irgendetwas muss also außer dem unmittelbaren Grenzübertritt des Einzelnen noch vorliegen, um den Schusswaffengebrauch zu rechtfertigen. Denn außer dass es einigen Polizisten Mühe bereitet, den illegal Einreisenden festzusetzen, passiert zunächst - nichts - zumindest nichts bedrohliches.

Legt man die gängigen Extremismus-Definitionen zugrunde, so liegen m.E. zunächst keine extremistischen Positionen vor. Spannend ist jedoch die Verwendung der Begriffe „Angreifer“ und „Angriff“. Wer wird denn angegriffen? Der Grenzbeamte zunächst mal nicht.

Zu wem sagen die beiden AFD-Politikerinnen dies? Wer ist der Adressat dieser Botschaften?

Nimmt man dazu die Perspektive eines Menschen ein, der zwar eine gewisse Nähe zu völkischem Gedankengut hat, den man jedoch nicht als Extremist bezeichnen würde. Was kommt möglicherweise bei diesem Menschen an? Was könnte er assozieren?

Angegriffen wird Deutschland. Angegriffen wird das Volk. Es findet Überfremdung und Überschwemmung mit Asylanten statt ... Deutschland muss sich gegen diese Angriffe wehren ...

Man beachte, dass aus einem illegalen Grenzübertritt einiger Menschen ein Angriffsszenario gegen Vaterland, Volk usw. konstruiert wird. Damit wird explizit extremistischem und nationalsozialistischem Gedankengut der Boden bereitet, die Saat wird ausgebracht. Und es wird natürlich in Kauf genommen, dass Extremisten den Schutz des Vaterlandes anstelle der angeblich versagenden Exekutive selbst durchführen, d.h. die Saat geht auf.

3b) Im Falle der AFD findet Assoziation, Denken und Interpretieren, extremistisches Hetzen sowie letztlich extremistisches Handeln anderswo statt. Die AFD als Organisation hat dies sozusagen outgesourced. Sie selbst bleibt im Rahmen des Rechtsstaates und kann ja nichts dafür, wenn andere dessen Grenzen übertreten. Aber sie befördert dies massiv und auf eine hochintelligente Art und Weise.

Damit ist die AFD als Organisation anders als die RAF (1) oder die NPD (2). Auch die meisten AFD-Mitglieder und -Wähler als Individuen unterscheiden sich erheblich - die meisten werden die o.g. Assoziationen und praktischen Konsequenzen nicht mittragen. Dennoch entsteht insgs. ein recht kohärentes extremistisches Bild als wesentlicher Teil des gesamten rechten Spektrums, ohne dass man dies der AFD oder vielen Mitgliedern isoliert zuschreiben könnte.

Da es sich bei den hochrangigen Vertretern dieser Partei keineswegs um unintelligente Menschen handelt, und da dieses Spiel der Kommunikation, der Relativierung und der Dementies sowie des „freien Spiels der Assoziationen“ konsequent durchgehalten wird, ist eines offenbar nicht gegeben: Versehen.
 
Zuletzt bearbeitet:

TomS

Registriertes Mitglied
Und wenn die vereinzelten Stimmen aus der AfD, die den Schusswaffengebrauch gefordert hatten, diese Forderung zurücknehmen, dann sollte man das auch einmal zur Kenntnis nehmen.
Einzelne Stimmen? Zwei damals hochrangige Parteimitglieder plus diverse Beipflichtungen!

Und die fortdauernden „vereinzelten Stimmen“ plus das Zurücknehmen - zu unterschiedlichen Themen - nehme ich als Methode sehr wohl zur Kenntnis. Siehe dazu mein letzter Beitrag.
 

galileo2609

Registriertes Mitglied
Hallo TomS,
3) Im Falle der AFD fallen m.W.n kaum (keine?) echte extremistisch motivierte Straftaten aus ihren Reihen auf. D.h. man kann die AFD und möglicherweise einige ihrer Mitglieder höchstens über ihr Gedankengut, nicht jedoch über ihre Taten als extremistisch einstufen. Es ist sozusagen eine organisatorische Ferne zwischen der Partei und vielen Mitgliedern einerseits sowie rechtsextremistisch agierenden Organisationen andererseits gegeben.
ich frage dich einfach mal geradeaus: wie gut bist du informiert? Bist du der Ansicht, dass du einen ausreichenden Informationsstatus hast, um diese These belastbar vertreten zu können?

Meine Gegenthese ist, dass diese Partei, an Kopf und Gliedern sehr gut personell mit Rechtsextremisten vernetzt ist, die sowohl unmittelbare wie auch strukturelle Gewalt ausüben. Und natürlich ebensogut mit den Repräsentanten der Neuen Rechten, die eine Umwälzung unserer demokratisch verfassten Gesellschaften mehr oder weniger intellektuell theoretisch begleiten.

Grüsse galileo2609
 

galileo2609

Registriertes Mitglied
Hallo Aries,
Wenn Du nicht mit mir diskutieren möchtest, [...]
ich diskutiere sehr gerne mit Leuten vom rechten Rand.
Leider können diese Leute vom rechten Rand eben in Diskussionen meistens nicht mithalten. Und flüchten sich dann recht imkompetent weg.
Das mit dem ganzen Syndrom von Inkompetenzen würde mich noch interessieren, falls es sich dabei nicht um eine bloße Verschmähung von mir handelt.
Du bist nachvollziehbar nicht in der Lage, deine Thesen belastbar zu belegen. Was mich nicht verwundert. Leute vom rechten Rand haben normalerweise nichts auf der Pfanne, um ihre Agitationen evidenzbasiert verteidigen zu können. Da hilft euch auch kein Kubitschek et. etc. nicht weiter.

Fühl dich daher nicht persönlich verschmäht. Ihr habt es halt einfach nicht drauf.

Grüsse galileo2609
 

Aries

Registriertes Mitglied
Einzelne Stimmen? Zwei damals hochrangige Parteimitglieder plus diverse Beipflichtungen!

Und die fortdauernden „vereinzelten Stimmen“ plus das Zurücknehmen - zu unterschiedlichen Themen - nehme ich als Methode sehr wohl zur Kenntnis. Siehe dazu mein letzter Beitrag.
Du argumentierst im Grunde damit, dass die AfD Argumente benutzt, die auch Extremisten für sich nutzen können, und unterstellst Absicht. Aber ich denke, das kann man gar nicht vermeiden. Wenn man ein Problem benennt, kann immer jemand kommen und eine verfassungswidrige Art und Weise vorschlagen, es zu lösen, auch andernorts im Parteiensystem.
 

galileo2609

Registriertes Mitglied
Siehste Aries,

du hast es eben einfach nicht drauf. Ist so bei euch Leuten vom rechten Rand.

Grüsse galileo2609
 
Status
Für weitere Antworten geschlossen.
Oben