Hubble: Ein Riesenmond um Planet Kepler-1625b?

astronews.com Redaktion

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Durch Beobachtungen mit dem Weltraumteleskop Hubble haben Astronomen erstmals stichhaltige Indizien für die Existenz eines Mondes um einen extrasolaren Planeten gefunden. Der Exomond kreist um den Planeten Kepler-1625b, der rund 8000 Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Der Mond ist größer als alle Monde, die man in unserem Sonnensystem kennt. (4. Oktober 2018)

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ralfkannenberg

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Hallo zusammen,

ich bin über diesen riesigen Mond in Neptungrösse bei einem Planeten in Jupitergrösse doch einigermassen überrascht, zumal es dazu "Anschauungsmaterial" in unserem eigenen Sonnensystem gibt. Insbesondere kommen bei den Herleitungen und Simulationen zur Mondentstehung Maximalmassen für Monde von jupiter- und saturnartigen Planeten heraus.

Seien für diesen Zweck 4 Arbeiten genannt, die ich auf der Wikipedia bei den Referenzen gefunden habe:

Origin of Europa and the Galilean Satellites (Robin M. Canup, William R. Ward)
Modeling the Jovian subnebula: I - Thermodynamical conditions and migration of proto-satellites (Yann Alibert, Olivier Mousis, Willy Benz)
Origin of Saturn’s rings and inner moons by mass removal from a lost Titan-sized satellite (Robin M. Canup)
A common mass scaling for satellite systems of gaseous planets (Robin M. Canup, William R. Ward)

Da die viertgenannte Arbeit kostenpflichtig ist will ich einige Punkte aus ihr zusammenfassen (habe ich schon hier gemacht. Gemäss dieser Arbeit sind die maximalen Satellitenmassen im Verhältnis zur Mutterplaneten-Masse sowie die Summe der Masse aller Satelliten im Verhältnis zur Mutterplaneten-Masse für das Jupiter- das Saturn- und das Uranussystem in etwa konstant.

Sehr high-level beschrieben gibt es 2 Prozesse: einen Prozess, der die Satelliten bildet, sowie einen Prozess, bei dem die Satelliten ab einer "kritischen Masse" nach innen migrieren und verloren gehen, d.h. mit ihrem Mutterplaneten kollidieren. Da während der Migration der Satelliten nach innen sich wieder neue Satelliten bilden, bleibt die Satellitengesamtmasse in etwa gleich, so dass eine "steady state"-Situation vorliegt.

Erst wenn die zirkumplanetare Scheibe ausgedünnt ist, kommt dieser Prozess zum Erliegen und die Satelliten, wie wir sie heute vorfinden, sind gebildet.


Die Autoren haben das ganze simuliert und dabei festgestellt, dass allerlei Schlusssysteme verbleiben, der Median der Zahl der grossen Satelliten liegt dabei bei 7. Aufgrund von Unzulänglichkeiten der Modellierung, insbesondere der kurzen Laufzeit, bei der also spätere Kollisionen nicht mehr berücksichtigt werden, ist der wahre Median aber kleiner. Zudem wurde die Bildung kleiner Satelliten nicht gut modelliert, weil die künstlich hinzugefügten Störkörper, um Kollisionen zu simulieren, grösser sind als physikalisch zu erwarten ist. Die Autoren haben diese Fehler abgeschätzt und gelangen zu einem Simulations-Median von vier, ein Ergebnis, das man im Jupitersystem und im Uranussystem vorfindet.

In nicht wenigen Fällen liefern diese Simulationen aber auch nur einen grossen verbleibenden Satelliten, so wie man das im Saturnsystem vorfindet; in diesem Falle können sich innerhalb seiner Umlaufbahn noch einige kleinere Satelliten aus kälterem Material bilden, wie man das beim Saturn vorfindet. Wenn die Bildung der Monde genügend langsam geschieht können Eismonde entstehen und die im Jupitersystem liegt die "Eis-Stabilitätsgrenze" zwischen Europa und Ganymed. Beim Saturnsystem ist sie nach innen verschoben, weil die letzten 10% eines Satellitensystems langsam genug gebildet werden, so dass dort sämtliche grössere Satelliten Eismonde sind.

Die Bahnneigung vom Saturn ist ebenfalls erklärbar und eine Folge langsamer Änderungen der Rotationsachse, bei der das zirkumplanetare Material quasi mitkommt, also in der Äquatorialebene des Planeten verbleibt, jedoch ist das für die 98° Neigung der Uranusachse, die aufgrund einer grösseren Kollision zustandekam, nicht erklärbar. Allerdings gibt es neuere Arbeiten (dieses "neu" bezieht sich auf das Jahr 2006), die ebenfalls eine langsame Änderung der Rotationsachse des Uranus bis zu ihrem heutigen Wert erhalten.


Bemerkenswert ist der Umstand, dass der eingefangene Neptunmond Triton ebenfalls die maximale Satellitenmasse im Verhältnis zur Mutterplaneten-Masse aufweist, dies trotz seiner retrograden Umlaufbahn. Hier vermuten die Autoren, dass auch der Neptun ein solchen reguläres Satellitensystem wie die drei anderen Gasplaneten hatten, denn da Triton retrograd umläuft wäre er bei einer grösseren regulären Satellitenmasse zerstört worden.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Bynaus

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Wie schon bei 51 Pegasi b, oder bei der Häufigkeit von Planeten im Bereich 2-4 Erddurchmesser, wird unsere Vorstellung von gewissen Prozessen im Universum auch hier wieder von einer Beobachtung in Frage gestellt. Unsere Vorstellung ist halt einfach stark von unserem eigenen Sonnensystem geprägt!

Ich denke nicht, dass dieser Mond (sofern sich bestätigen lässt, dass er auch wirklich einer ist) durch den gleichen Prozess gebildet hat wie die Monde in unserem Sonnensystem. Am ehesten kann ich mir einen Prozess wie bei unserem Mond vorstellen, also eine Kollision zwischen zwei Gasriesen, wobei die überschüssige Energie bei der Annäherung durch eine Streifkollision der äusseren Atmosphärenbereiche abgebaut wird. Vielleicht wanderte der grosse Planet auf seiner Bahn nach innen und holte da einen langsamer migrierenden Neptun ein. Diese Begegnung kann nun folgendermassen ausgehen: der Neptun stürzt in den Stern oder wird aus dem System (oder zumindest auf eine ganz andere Bahn) geschleudert, oder die beiden Planeten kollidieren und verschmelzen (was wohl dem Uranus irgendwann geschehen ist), oder es kommt eben zu einem "Streif-Einfang". Hier ist allerdings zu sagen, dass das reine Vermutung ist - soviel ich weiss, gibt es kaum Arbeiten zum Thema, wie ein Neptun einen Jupiter umkreisen könnte.

Übrigens hat der Neptungrosse Mond eine Hill-Sphäre von einer halben Million km - es könnte also sein, dass es hier sogar "Mondesmonde" gibt...
 

Aries

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Übrigens hat der Neptungrosse Mond eine Hill-Sphäre von einer halben Million km - es könnte also sein, dass es hier sogar "Mondesmonde" gibt...
Ja, das ganze System überrascht mich auch nicht so sehr. Da der Planet größer als Jupiter ist, ist das ganze System fast ein Doppelsternsystem, nur dass der zweite Stern etwas zu klein geraten ist, und Planeten dadurch zu Monden und Monde zu Mondesmonden werden.
 

Bynaus

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Wobei, mit 3 Jupitermassen ist der Planet zu klein, um wie ein Brauner Zwerg durch direkten Kollaps aus der Wolke gebildet zu werden (diese Grenze wird sonst bei ca. 4 bis 10 Jupitermassen angesetzt)...
 

Protuberanz

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...Der Exomond kreist um den Planeten Kepler-1625b, der rund 8000 Lichtjahre von der Erde entfernt ist...Weiterlesen...
Ist das wirklich korrekt? Damit wäre der Kepler 1625b noch mal rund 4000Lj weiter entfernt, als sein Zentralstern Kepler 1625. Dieser wird in den meisten Quellen mit rund 4000Lj Enfernung angegeben. Eine der beiden Entfernungsangaben scheint mir da nicht ganz richtig zu sein. Bei einer Rotationsperiode von ~287 Tagen käme alternativ natürlich auch Überlichtgeschwindigkeit in Frage.
 

Gelko

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Wir haben bei den Exomonden das gleiche Problem,wie bei den Exoplaneten am Anfang.Im Augenblick können wir nur Riesenmonde entdecken.Das ist ähnlich wie bei den Hot Juppitern,die auch keiner auf dem Schirm hatte aufgrund unseres Sonnensystemes.Oder die Klasse der Supererden.Anhand dieses einen Mondes,falls er verifiziert wird,läßt sich nicht viel sagen.Ausgehend vom Sonnensystem hat die „Kollisionsthese“ etwas.Interessanter ist es,ob derartige Konstellationen öfters beobachtet werden.Und ob in späteren Jahren auch grosse Gesteinsmonde in Erd und Marsgrösse oder Supererden als Monde um diese Super-Iuppiter entdeckt werden.Laut der Berechnungen ausgehend vom Masseverhältnis Planet Mond sollte es ja eher selten sein.Aber man hatte ja auch ausgerechnet,dass es um Doppelsterne keine stabile Planetenumläufe geben könne.Spannend ist es jedenfalls,den die Möglichkeit von grossen Gesteinsmonden um Gasriesen wäre auch für die Astrobiologie sehr interessant.Darum geht es letzendlich und die Frage,wie repräsentativ ist unser Sonnensystem?
 

TomTom333

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Das wären 2460 Parsec oder gut 8000 Lichtjahre.

So steht es auch bei http://exoplanet.eu/ .......
Doch wenn du dir nochmal das Kepplerfeld in Erinnerung rufst sind ca. 80-90% der Sterne in einer Entfernung von etwa 4000 Lj......
Das soll jetzt nicht heißen das es so sein muss.
Bei Spektrum.de habe ich Gestern auch 4000 Lj gelesen....... aber das mal nur so

Gruß in die Schweiz !
 

SFF-TWRiker

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Wobei, mit 3 Jupitermassen ist der Planet zu klein, um wie ein Brauner Zwerg durch direkten Kollaps aus der Wolke gebildet zu werden (diese Grenze wird sonst bei ca. 4 bis 10 Jupitermassen angesetzt)...

Laut exoplanet.eu hat der Planet 1 Jupiterradius und 10 Jupitermassen, der Mond 4 Erdradien und 20 Erdmassen (Das Massenverhältnis wäre dann ca 150:1) in einer Entfernung vom sonnenähnlichen Stern von 0,98 AU.

Sollen Exomonde jetzt nach römischen Ziffern bezeichnet werden?
 

Protuberanz

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...Bei Spektrum.de habe ich Gestern auch 4000 Lj gelesen.......
Nicht nur die behaupten das. Der weise Klekih Petra behauptet das ebenalls. Sollte das falsch sein, dann bitte ich Ralf da mal Hand anzulegen. Auf einigen anderen Seiten haben ich das ebenfalls gelesen. Bis hin zu der absolutistischen Behauptung von 3900 und irgendetwas in die 50 LJ, sogar mit Kommaangabe. Leider weiß ich nicht mehr wo das war.
 

ralfkannenberg

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Sollte das falsch sein, dann bitte ich Ralf da mal Hand anzulegen.
Hallo Protuberanz,

man muss sich einfach dessen bewusst sein, dass auch heutzutage Entfernungsangaben jenseits der ~1000 Lichtjahr-Marke mit grossen Fehlern behaftet sind. Man versucht da manchmal etwas zu korrigieren, aber das muss nicht immer erfolgreich sein; oftmals ist es auch nur statistisch erfolgreich, d.h. dass zahlreiche der korrigierten Angaben dann tatsächlich besser werden, aber einige eben völlig falsch bleiben.


EDIT:
Ich habe in der SIMBAD-Datenbank geschaut und da hat der Stern eine Parallaxe von 0.4065 mas, das entspricht ~7700 Lichtjahren. - Und da man sich bei solchen Rechnungen schnell einmal verrechnet habe ich die Rechnung mit dem Sirius überprüft.


Freundliche Grüsse, Ralf
 
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Protuberanz

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Hallo Ralf,
bei einer Größenordnung von einigen 1000 (in unserem Fall 4 oder 8) ist eine Abweichung von 1, 10, oder meinetwegen vielleicht sogar noch 100 einigermaßen vertretbar. Wenn ich jedoch nicht weiß, ob es sich um 4000 oder 8000 (also je nach Startpunkt, das Doppelte, oder die Hälfte) handelt, wie will ich dann die anderen Parameter, verläßlich angeben?
Vor einer solchen Toleranz hat jedwede Diskussion ihre Grundlage verloren.
 
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ralfkannenberg

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bei einer Größenordnung von einigen 1000 (in unserem Fall 4 oder 8) ist eine Abweichung von 1, 10, oder meinetwegen vielleicht sogar noch 100 einigermaßen vertretbar.
Hallo Protuberanz,

wie kommst Du denn auf diese hoch-optimistischen Zahlen ? Was einem bei solchen Korrekturen passieren kann, ist, dass sich der Nulldurchgang der Parallaxe, also der Abstand "unendlich weit", verschiebt, so dass man nach der Korrektur eine negative (!!!) Parallaxe hat.

Das hat dann wiederum zur Folge, dass Sterne, die weiter weg sind, zumindest absolut "näher" heranrücken, allerdings mit negativem Vorzeichen. Ein Stern, der nach einer solchen Korrektur "-5000" Lichtjahre entfernt ist, ist also näher als ein Stern, der nach einer solchen Korrektur "-200" Lichtjahre entfernt ist.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Ich

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wie kommst Du denn auf diese hoch-optimistischen Zahlen ? Was einem bei solchen Korrekturen passieren kann, ist, dass sich der Nulldurchgang der Parallaxe, also der Abstand "unendlich weit", verschiebt, so dass man nach der Korrektur eine negative (!!!) Parallaxe hat.
Der Fehler ist in deinem Link angegeben und beträgt 9%, ca. 700 LJ.
 

ralfkannenberg

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Der Fehler ist in deinem Link angegeben und beträgt 9%, ca. 700 LJ.
Hallo Ich,

im vorliegenden Fall ist ja auch alles im grünen Bereich, keine negativen Parallaxen und bei der Entfernung auch wirklich gute Standardabweichungen. - Wenn Du einmal hässliche Daten sehen möchtest, so findest Du solche im Orionnebel, falls die nicht inzwischen korrigiert wurden.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Bynaus

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SIMBAD ist wohl die Referenz. Keine Ahnung, wo die 4000 herkommen... In der Pressemeldung der "Haus-Uni" der beiden Forscher steht nichts über die Entfernung: https://news.columbia.edu/exomoon

In der Wikipedia steht auch 4000 LY. Vielleicht ein alter Wert?

Laut exoplanet.eu hat der Planet 1 Jupiterradius und 10 Jupitermassen, der Mond 4 Erdradien und 20 Erdmassen (Das Massenverhältnis wäre dann ca 150:1) in einer Entfernung vom sonnenähnlichen Stern von 0,98 AU.

1 Jupiterradius, 4 Erdradien sind ok, aber das Massenverhältnis auf exoplanet.eu ist sicher falsch, es wird im Paper direkt mit 1.5% gegeben.

Im Paper steht zur Planetenmasse ("^" von mir eingefügt):

Our analysis (discussed in more detail in the Supplementary Materials) reveals that all three models have physically plausible solutions and generally converge at ~10^3 M⊕ for the planetary mass, with the exception of the quadratic model that had broader support extending down to Saturn mass.

1000 Erdmassen sind ca. 3 Jupitermassen.

Zur Mondmasse steht da:

The measured mass, including the forecaster constraints, comes in at log(MS/M⊕) = (1.2 ± 0.3), which is again compatible with Neptune or Uranus

Die Mondmasse ist also zwischen 8 und 30 Erdmassen.

EDIT:

Sollen Exomonde jetzt nach römischen Ziffern bezeichnet werden?

Jep, das ist auch im Sonnensystem Konvention. Jupiter I, Jupiter II, etc. sind mögliche Alternativnamen.
 
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ralfkannenberg

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SIMBAD ist wohl die Referenz. Keine Ahnung, wo die 4000 herkommen... In der Pressemeldung der "Haus-Uni" der beiden Forscher steht nichts über die Entfernung: https://news.columbia.edu/exomoon

In der Wikipedia steht auch 4000 LY. Vielleicht ein alter Wert?
Hallo Bynaus,

das vermute ich, denn der HIPPARCOS-Katalog hat meines Wisens auch mit Korrekturen nur bis etwa 3000 Lichtjahre hinausgereicht, und dann erst noch mit erheblichen Standardabweichungen. Inzwischen werden aber auch schon GAIA-Daten verwendet.


Freundliche Grüse, Ralf
 
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