Exomonde

Bynaus

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Hallo alle,

Das Thema Exomonde wurde bisher ja noch nicht so breit diskutiert, und natürlich gibt es jetzt erstes konkretes Diskussions-Futter:

Zum Beispiel hier: https://phys.org/news/2018-10-astronomers-compelling-evidence-moon-solar.html
(ich habe auch das Gefühl, dass wir schon bald einen Astronews-Artikel sehen werden)

Der Original-Artikel auf Science Advances ist OpenAccess: http://advances.sciencemag.org/content/4/10/eaav1784

Das ist das erste Objekt, bei dem eine Exomond-Erklärung plausibel erscheint: Kepler-1625 b-I. Es handelt sich allerdings - wie damals bei 51 Pegasi - um ein extremes, so nicht erwartetes Objekt: Ein Neptun (ca. 4 Erdradien / 15 Erdmassen), der einen Super-Jupiter (11 Erdradien / 1000 Erdmassen) in etwa 40 Planetenradien Distanz (ca. 3 Mio km) umkreist (Massenverhältnis 1.5%). Es gibt sogar (schwache) Hinweise darauf, dass seine Bahn stark (ca. 45°) gegen die Bahn des Planeten geneigt sein könnte. Im Sonnensystem gibt es nur einen Mond, der sehr entfernt vergleichbar ist, das ist Triton. Die Autoren schreiben auch, dass sie eine retrograde Bahn des Mondes nicht ausschliessen können. Wurde der neptungrosse Mond also eingefangen? Das müsste durch eine Kollision geschehen sein, denn ein Einfangen über das Auswerfen eines dritt-Objekts (d.h., ein Mond des Neptuns, als er noch um seinen Stern kreiste) würde gemäss dem Paper erfordern, dass das dritt-Objekt selbst eine Supererde war, was ebenfalls ziemlich unplausibel erscheint. Auf jeden Fall eine spannende (plausible) Entdeckung, die jetzt aber erst nochmals solide bestätigt werden muss. Was denkt ihr?
 

Protuberanz

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Sollten die 45° Bahnneigung stimmen, dann wird's wohl schwierig das mit 'ner Lassonummer zu erklären.
Andernfalls könnte man jedoch auch von anderen Möglichkeiten ausgehen.
Da es sich bei beiden Objekten um Gasplanet/-Mond zu handeln scheint, kann man wohl davon ausgehen, das sie nicht in dieser relativ nahen Entfernung um ihren Stern entstanden sind. Möglicherweise sind beide jeweils einzeln etwas weiter außerhalb entstanden. Der Exojupiter begann dann irgendwann seine Wanderung in Richtung Zentralstern, so wie unser Großer seinerzeit auch. Auf seiner Kamikazetour ins Innere ist im dann der Exoneptun über den Weg gelaufen. Anders als bei Protoerde und Theia gab's jedoch keinen Streifschuß, sondern ein Fangmich-IchWillDeinMondSein (Das könnte auch einen retrograden Umlauf erklären). Möglicherweise hat die daraus resultierende Vergrößerung der Gesamtmasse des neuen Doppelplaneten (oder eben jetzt Planet/Mond)-Systems, bei angepaßter Orbitgeschwindigkeit dann zur Stabilisierung der Bahn an der jetzigen Position geführt. Bei unserem Großen hat Saturn das Jupiterharakiri verhindert und bei dem Exojupiter war's dann wohl der Exoneptun.
 
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Bynaus

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Anders als bei Protoerde und Theia gab's jedoch keinen Streifschuß, sondern ein Fangmich-IchWillDeinMondSein (Das könnte auch einen retrograden Umlauf erklären)

Das Problem ist, dass zwei Himmelskörper, die einen Stern umkreisen, sich nicht einfach so "einfangen" können (sonst müsste die Umkehrung auch möglich sein, der Mond z.B. müsste "einfach so" die Erdumlaufbahn verlassen können). Genauso wie es Energie braucht, um einen Mond aus dem Orbit eines Planeten zu schubsen, braucht es Energie, um ihn in einen Orbit einzubremsen.

Deshalb die Vermutung mit dem Streifschuss - eine Möglichkeit, um überschüssige Energie abzubauen.

Vielleicht noch eine allgemeine Bemerkung zu diesem Thread: ich habe mir das so gedacht, dass man hier Exomonde im Allgemeinen diskutieren kann. Es wird in Zukunft sicher immer wieder neue Entdeckungen geben, sei das nun bei Kepler-1625-b oder anderswo.
 

Protuberanz

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Ich habe es heute Morgen versäumt, deshalb hole ich das jetzt nach.
Vielen Dank für die Eröffnung dieses Threads, Bynaus. Ich halte das für ein extrem spannendes Thema.

Niemand sagt, das es einfach ist, einen anderen Himmelskörper einzufangen, erst recht nicht mit der Größe/Masse eines Neptun.
Der Eine oder Andere würde jedoch sagen, das sogar unmittelbar vor unserer Haustür fragwürdige Satellitenkonstellationen bestehen, die eben dies implizieren. Wie ist Triton auf die schiefe Bahn geraten? Was sind das für eigenartige Brocken, die unseren roten Nachbarn umkreisen? Die Einfangtheorie ist bei den Beiden IMHO noch nicht vom Tisch.
Und auch mißglückte Einfangversuche scheint es reichlich gegeben zu haben. Bei Merkur, Venus, Erde, Mars, Uranus zumindest naheliegend.

Grundsätzlich kann man sagen, alles was geschehen kann, geschieht auch, irgendwie, irgendwo und irgendwann.
Wenn Du also den Lassotrick nicht zu 100% verneinen kannst, dann ist er möglich. Warum also nicht bei K1625b?
Natürlich muß da eine ganze Menge zusammen kommen, damit das möglich wird.
Zum einen dürfen wir nicht vergessen, was der Konterpart zu bieten hat. Der Bursche kann schon mal mit der Gravikeule ausholen und wenn der andere langsam genug ist, dann sagt er, Du bleibst jetzt mal bei mir, mein Freund.
Zu nahe darf der Exoneptun dem Exojupiter beim Bremsmanöver sicher nicht. Ein Airbraking hätte das Kügelchen mit dem Dreizack wohl komplett zerissen, und/oder verbrannt. Wahrscheinlich wäre sogar schon deutlich davor die Romanze der Beiden geendet, denn die Gravitation des Großen wäre dem tete a tete sicher nicht sehr zuträglich gewesen.
Also ist möglicherweise der ganze Spaß wie das Satelliten-Swingbybraking einer Sonde am Merkur abgelaufen. Nur eben in ein paar Nummern größer.
BTW, natürlich könnte auch Airbraking eine Variante darstellen. Dabei hat es Nummer 2 komplett zerissen, aber auf Grund zu hoher Geschwindigkeit konnte sich Kandidat 1 die Trümmerstücke nicht einverleiben und wir haben ein ähnliches Szenario wie bei dem Streifschuß Theia/Erde. Das Trümmerkonvolut war dann der Legobaukasten für den neuen Mond. Mit 3Mio KM hat es dann wohl auch genug Abstand gegeben, damit ist nicht in einem überdimensionalen Ringplaneten endet.

Natürlich kannst Du den ganzen Spaß umkehren. Wenn Du davon ausgehst, das der Mond sich pro Jahr 4cm von der Erde entfernt, dann wird er irgendwann den Orbit verlassen. Das ist natürlich eine sehr feingliedrige Spirale, eine orbitale Rennschnecke sozusagen, aber er tut es.
Ein Einfangzyklus funktioniert wohl eher auch nicht von jetzt auf gleich.
 

Bynaus

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Wie ist Triton auf die schiefe Bahn geraten?

Triton hatte wohl einen Begleiter, den er beim Einfang durch Neptun losgeworden ist. Dieser hat die überschüssige Energie mitgenommen. Man kann ziemlich gut zeigen, dass das dynamisch möglich ist und Sinn macht.

Bei 1625 b-I ist das nicht ohne weiteres möglich, der Begleiter müsste eine Supererde sein - und Supererden sollten sich nicht als Monde von Neptunen bilden (natürlich könnte dann die Supererde selbst wieder vom Neptun eingefangen worden sein... aber irgendwann wirds ein bisschen kompliziert und absurd).

Was sind das für eigenartige Brocken, die unseren roten Nachbarn umkreisen?

Es müsste ein irrsinniger Zufall am Werk sein, wenn sie eingefangen wären, sie hätten fast exakt in der Äquatorebene des Planeten eingefangen werden sollen (im Gegensatz zu einem Gasriesen ist Mars viel zu massearm, um die Monde in die Äquatorebene zu "zwingen"). Nein, sie sind vermutlich bei einer Kollision entstanden.

Wenn Du also den Lassotrick nicht zu 100% verneinen kannst, dann ist er möglich. Warum also nicht bei K1625b?

So lange die Energieerhaltung gilt, ist eine Einfangen ohne irgendwie gearteten Energieabbau unmöglich. :)

Der Bursche kann schon mal mit der Gravikeule ausholen und wenn der andere langsam genug ist, dann sagt er, Du bleibst jetzt mal bei mir, mein Freund.

Dann sagt der andere, nee du, heute nicht, und fliegt mit derselben Geschwindigkeit, mit der er sich angenähert hat, wieder weg.

Deshalb braucht es sowas wie ein "Aerobraking". Ich denke, dass sollte nicht allzu abwegig sein, aber es gibt nicht viele Arbeiten dazu (ich erinnere mich allerdings sehr genau, dass ich als Post-Doc in Lund die Astronomen - SPH-Modellierer - genau danach gefragt habe, also ob Kollisionen zwischen Gasriesen zu Gasriesenmonden - analog zum Mond der Erde - führen könnten. Es hiess dann sinngemäss, das sei schon eine spassige Vorstellung, aber da man das ja nicht aus der Realität kenne... Ha! Nehmt das, Lund-Astronomen!).

Also ist möglicherweise der ganze Spaß wie das Satelliten-Swingbybraking einer Sonde am Merkur abgelaufen.

Messenger musste für den Orbit auch nochmals das Triebwerk zünden. Mit Swingby allein kannst du nicht in einen Orbit einbremsen (ok, das ist nicht 100% korrekt, du könntest durch einen Swingby an einem Mond eines Planeten in den Orbit um den Planeten einbremsen).

Mit 3Mio KM hat es dann wohl auch genug Abstand gegeben, damit ist nicht in einem überdimensionalen Ringplaneten endet.

Man darf nicht vergessen, dass da eine starke Gezeitenevolution stattgefunden haben muss - der Stern ist mit 9 Mrd Jahren sehr alt. Das heisst, der Jupiter hat den eingefangenen Neptun (wie die Erde ihren Mond) über die Jahrmilliarden nach aussen abgewickelt. Wie nahe er ursprünglich war, hängt von den genauen Parametern des Systems ab.

Wenn Du davon ausgehst, das der Mond sich pro Jahr 4cm von der Erde entfernt, dann wird er irgendwann den Orbit verlassen.

Nur theoretisch. Praktisch rotiert die Erde dafür zu langsam (selbst wenn die Sonne ihr genügend Zeit gäbe). In etwa 40 Mrd Jahren wäre Schluss, weil sich dann Erde und Mond gegenseitig immer die gleiche Seite zeigen. Entsprechend ist auch die Gezeitenevolution zu Ende. Oder nicht ganz: die Sonne würde die Erde mit ihren Gezeiten weiter bremsen, um sie in eine gebundene Rotation zu zwingen. Dadurch würde die Erde den Mond sogar wieder herunter holen, bis er am Ende im tiefen Erdorbit zerrissen wird. Aber dieser ganze schöne Plan wird ja von der Roten Riesenphase der Sonne zunichte gemacht.
 

Bynaus

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Danke Ralf fürs Heraussuchen! Das war der Artikel, den ich im Sinn hatte. Danke auch UMa für den Link.
 
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