Stabile Einstein-Rosen-Brücke

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Peter_S

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Hallo,

mich würde bitte Eure Meinung zu folgender Thematik interessieren:

Laut der Allgemeinen Relativitätstheorie sollte eine Einstein-Rosen-Brücke (ERB) singulär und somit instabil sein.
Der Grund ist entsprechend der Gleichungen der ART, dass eine stabile ERB in ihrer unmittelbaren Umgebung eine hohes Maß an negativer Raumkrümmung benötigt. Das Fehlen dieser negativen Raumkrümmung im uns umgebenden Kosmos führt jedoch zu Instabilität.

Ich bin dabei zu folgender Schlussfolgerung gelangt:

Wenn Einstein-Rosen-Brücken im Verbund auftreten, dann stabilisieren sie sich gegenseitig.
Mit anderen Worten, wenn sich beispielsweise drei ERB in unmittelbarer Nachbarschaft zu einander befinden, dann wird jeder einzelnen ERB von den jeweils zwei benachbarten ERB soviel negative Raumkrümmung zur Verfügung gestellt, dass ein stabiler Zustand erreicht werden sollte.


Was meint ihr dazu?
Schon mal Danke für eurer Feedback.
 

Herr Senf

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Was passiert dabei eigentlich mit "rechts" und "links"? Können die konform transformieren?

Wie sieht die Penrose-Rechnung aus -Dip
 

Bernhard

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Hallo Peter,

Laut der Allgemeinen Relativitätstheorie sollte eine Einstein-Rosen-Brücke (ERB) singulär und somit instabil sein.
mir ist diese Schlussfolgerung neu. Warum sollte eine ERB überhaupt instabil sein. Das Problem mit der ERB ist doch vielmehr, dass es bisher keine experimentellen Hinweise auf die Existenz von ERBs gibt.
 

TomS

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Laut der Allgemeinen Relativitätstheorie sollte eine Einstein-Rosen-Brücke (ERB) singulär und somit instabil sein. Der Grund ist entsprechend der Gleichungen der ART, dass eine stabile ERB in ihrer unmittelbaren Umgebung eine hohes Maß an negativer Raumkrümmung benötigt. Das Fehlen dieser negativen Raumkrümmung im uns umgebenden Kosmos führt jedoch zu Instabilität.
Die ART alleine sagt dazu nichts.

Man benötigt das Verhalten des Energie-Impuls-Tensors weiterer Felder, um diese Frage beantworten zu können (und dabei stößt man letztlich immer auf exotische Materieformen oder Effekt)

https://en.m.wikipedia.org/wiki/Wormhole#Traversable_wormholes


 

Bernhard

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Bei den "Notes" von dieser Version: https://en.wikipedia.org/wiki/Wormhole wird die Referenz 12 falsch zitiert.

Lesenswert ist aber diese Arbeit: Wormholes in spacetime and their use for interstellar travel: A tool for teaching general relativity von M. Morris und K. Thorne. Dort werden durchquerbare Wurmlöcher und Möglichkeiten zu dessen Stabilisierung diskutiert. Es werden dabei auch Möglichkeiten zur Stabilisierung mit Hilfe von elektromagnetischen Feldern und gequetschten Quantenzuständen ewähnt.
 

Peter_S

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Hallo TomS,

Man benötigt das Verhalten des Energie-Impuls-Tensors weiterer Felder, um diese Frage beantworten zu können (und dabei stößt man letztlich immer auf exotische Materieformen oder Effekt)


du hast recht, beim Thema „stabile ERB“ spielt mehr oder weniger immer die sogenannte „exotische Materie“ eine stabilisierende Rolle.

Wenn ich die Definition „exotischer Materie“ richtig verstanden habe, dann krümmt diese hypothetische Materieform den Raum negativ - im Gegensatz zur „konventionellen Materie“, die den Raum positiv krümmt.
Dies wiederum würde aber bedeuten, dass eine ERB per se nichts anderes als „exotische Materie“ ist, da sie den Raum sehr stark negativ krümmt.

Das jedoch würde wiederum meine anfängliche Aussage bestätigen.
Ich formuliere meine Hypothese daher einmal unter diesem Aspekt:

Wenn sich drei Einstein-Rosen-Brücken (ERBs) im Verbund befinden, dann sollte jeder ERB von den jeweils zwei benachbarten ERBs hinreichend viel „exotische Materie“ zur Verfügung gestellt werden, um einen stabilen Zustand zu erreichen.

Was meinst du dazu?
 

Bernhard

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Hallo Peter,

Wenn ich die Definition „exotischer Materie“ richtig verstanden habe, dann krümmt diese hypothetische Materieform den Raum negativ - im Gegensatz zur „konventionellen Materie“, die den Raum positiv krümmt.
das stimmt so nicht ganz:
WP schrieb:
Im Jahr 1924 veröffentlichte Friedmann wiederum in der Zeitschrift für Physik den Aufsatz Über die Möglichkeit einer Welt mit konstanter negativer Krümmung des Raumes als dritten Fall für ein relativistisches Weltmodell und schrieb darin: „Die Möglichkeit, aus den Weltgleichungen eine Welt konstanter positiver räumlicher Krümmung abzuleiten, steht aber mit der Frage nach der Endlichkeit des Raumes im Zusammenhange.
von hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_Alexandrowitsch_Friedmann. Die Unterscheidung dieser drei Weltmodelle hängt bei verschwindender kosmologischer Konstante nur von der Materiedichte ab, wobei diese in allen drei Fällen größer gleich Null angenommen wird. Man kennt die negative Raumkrümmung also auch von herkömmlicher Materie.

Zudem darf man das "exotisch" bei "exotischer Materie" auch nicht überinterpretieren. In der verlinkten Arbeit von Morris und Thorne wird damit AFAIK und z.B. auch die Materie in Neutronensternen bezeichnet.
 

Peter_S

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Hallo Bernhard,

Man kennt die negative Raumkrümmung also auch von herkömmlicher Materie..

Da könntest du recht haben.

Aber für mich ist vor allem interessant, dass in bisherigen physikalischen Theorien bezüglich stabiler ERBs sehr oft „exotische Materie“ (negative Raumkrümmung) als Lösungsansatz vorgeschlagen wird.

Ich denke aber, dass mein Ansatz viel eleganter ist, da ich nicht weiter versuchen muss, irgendwelche zusätzlich komplexen Rahmenbedingungen in der Nähe der ERB zu „kreieren“ (exotische Materie oder sonstige andere Theorien).
Denn niemandem ist bisher aufgefallen, dass zwar eine einzelne ERB ein Stabilitäts-Problem hat, dass aber wiederum mehrere ERBs im Verbund dieses ursprüngliche Problem lösen könnten.

Oder salopp mit anderen Worten: Einstein-Rosen-Brücken könnten sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen …
 

mac

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Hallo Bernhard,

Man kennt die negative Raumkrümmung also auch von herkömmlicher Materie.
ist das nicht eher der Tatsache geschuldet, daß eine Abbremsung der Ausdehnung (ohne deren auslösende Ursache (der Ausdehnung) wirklich zu kennen) davon abhängt, wie hoch die beobachtete Ausdehnungsgeschwindigkeit und wie hoch die (damals noch viel weniger beobachtbare) Materiedichte im Universum ist?


Herzliche Grüße


MAC
 

Bernhard

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Hallo MAC,

ist das nicht eher der Tatsache geschuldet, daß eine Abbremsung der Ausdehnung (ohne deren auslösende Ursache (der Ausdehnung) wirklich zu kennen) davon abhängt, wie hoch die beobachtete Ausdehnungsgeschwindigkeit und wie hoch die (damals noch viel weniger beobachtbare) Materiedichte im Universum ist?
die Ausdehnungsgeschwindigkeit hängt bei Vernachlässigung der kosmologischen Konstante AFAIK nur noch von der Materiedichte als einzigem freien Parameter des Friedmann-Universums ab. Diese entscheidet auch darüber ob die zugehörige Raumzeit flach oder negativ oder positiv gekrümmt ist.

Ich wollte Peter auch nur klar machen, dass eine negative Krümmung des Raumes nur bedeutet, dass in diesem Raumbereich die Winkelsumme eines Dreiecks kleiner als 180°C ist.

AFAIK ist der Begriff ERB für Wurmlöcher auch nicht ganz zutreffend. Eine ERB ist vielmehr ein geometrisches Modell mit einer physikalischen Singularität bei r=0 und einem Weißen Loch. Insofern ist eine Diskussion über ERBs eher eine Diskussion über das zugehörige mathematische Modell. Exotische Materie wird dagegen für die erwähnten Wurmlöcher benötigt.
 

mac

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Hallo Bernhard,

die Ausdehnungsgeschwindigkeit hängt bei Vernachlässigung der kosmologischen Konstante AFAIK nur noch von der Materiedichte als einzigem freien Parameter des Friedmann-Universums ab.
Das verstehe ich nicht.

Wenn nur die Materiedichte ein freier Parameter ist, was ist dann die Ursache für die Ausdehnungsgeschwindigkeit? Ist die nur deshalb kein freier Parameter, weil man sie messen kann?

Diese entscheidet auch darüber ob die zugehörige Raumzeit flach oder negativ oder positiv gekrümmt ist.
sind damit Ursache und Wirkung festgelegt? Oder könnte auch die Materiedichte Ursache für die Ausdehnungsgeschwindigkeit sein? Also in dem Sinne: Wenn die Materiedichte höher wäre, wäre auch die Ausdehnungsgeschwindigkeit höher. Also die Materiedichte kein freier Parameter, sondern überhaupt erst die Ursache für die Ausdehnung? Oder ohne Materie (Energie) keine Ausdehnung? Oder, egal wie groß die Materiedichte – zusammen mit der Ausdehnungsgeschwindigkeit, immer ein flaches Universum?

Beschreibt das Friedmann-Universum den Grund, oder beschreibt es die Beobachtung?

Herzliche Grüße

MAC
 

TomS

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Beschreibt das Friedmann-Universum den Grund, oder beschreibt es die Beobachtung?
Die Friedmann-Universen sind spezielle Lösungen der Einstein-Gleichungen. Man erhält diese Lösungen durch den Ansatz eines homogenen und isotropen Universums, das mit einer „idealen Flüssigkeit“ - d.h. verschwindender innere Reibung und Viskosität - mit Dichte rho und Druck p und Vierergeschwindigkeit u gefüllt ist. Der Energie-Impuls-Tensor hat dann die Form

$$ T^{\mu\nu} = (\rho + p) u^\mu u^\nu - p g^{\mu\nu} \to \text{diag} \, (\rho, p, p, p) $$

wobei zuletzt die spezielle Form im mitbewegten bzw. Ruhesystem der Flüssigkeit angegeben ist.

Der Zusammenhang

$$ p = w \rho $$

zwischen Dichte und Druck wird Zustandsgleichung gebannt; der w-Parameter charakterisiert verschiedene Eigenschaften der „Flüssigkeit“, z.B. w = 0 für drucklosen Staub, w = 1/3 für Strahlung, w = -1 für eine kosmologische Konstante (wenn man sie als spezielle Materieform und nicht als rein geometrische Größe auffassen möchte) oder für die Phase des inflationären Universums. Mischungen aus derartigen Materieformen sind möglich.

Die Friedmann-Universen lösen die Einstein-Gleichungen sowie die Gleichungen zur Erhaltung der Energie-Impuls-Dichte

$$ \nabla_\mu T^{\mu\nu} = 0 $$

für derartige Materieformen im homogenen und isotropen Fall.

Die Materieform ist dabei sozusagen der Input in diese Gleichungen.
 
Zuletzt bearbeitet:

mac

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Hallo TomS,

vielen Dank für Deine ausführliche (zeitaufwändige) Antwort! :)

Ich bin allerdings mit der Mathematik dazu ziemlich überfordert. Trotzdem hilft mir Deine Antwort bei der Einordnung der friedmannschen Beschreibungen. Vielleicht hab' ich die Konsequenzen aus dieser Beschreibung nicht richtig verstanden und meine folgenden Gedanken dazu sind bereits durch diese Lösung der Feldgleichungen erledigt? Ich wollte auf etwas anderes hinaus.


@Bernhard
Bernhard schrieb:
Die Dynamik (zeitliche Entwicklung) folgt der Gravitation(skraft), die wiederum aus der Materieverteilung folgt.
heute und seit sehr langer Zeit ja. Wenn ich das aber richtig verstanden habe, dann beschreiben die friedmannschen Lösungen der Feldgleichungen nicht die Inflation. Die hat sich, wenn ich es richtig verstanden habe, exakt genau so lange gehalten, bis ein flaches Universum gegeben war. Anders ausgedrückt. Die Inflation ist so lange langsamer geworden, bis das Universum flach war und mit der daraus resultierenden Dynamik weiter expandieren konnte.


Wenn das so war, dann legt das den Schluß nahe, daß jedes Universum, egal mit welchen Startbedingungen, am Ende seiner Inflation flach ist. Sozusagen in Konkurrenz zu der Auffassung, daß unser Universum mit seiner Dynamik, ein extremer Zufall ist. Wie gesagt, vielleicht ist diese Idee schon ausgeschlossen und ich hab' das nur noch nicht verstanden.

Herzliche Grüße

MAC

PS Das Ganze ist hier vielleicht etwas off Topic, war und ist aber eine Reaktion auf Bernhards Post zur negativen Krümmung durch normaler Materie. Denn die würde dann, wenn ich das richtig verstehe, eben nicht eine lokale negative Krümmung verursachen können, wie man sie für eine ERB benötigen würde.
 

Ich

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Nein, die Friedmanngleichungen ohne Lambda haben drei freie Parameter: Dichte, Druck und Hubblekonstante. Festlegen von Druck und Dichte reicht nicht, man muss zusätzlich die "Geschwindigkeit", also den Hubbleparameter angeben.
Ferner sind auch in den Friedmannlösungen alls Schnittkrümmungen positiv, das ist tatsächlich unmittelbar verknüpft mit positiver Energiedichte. Die negative Krümmung des "FRW-Raums" kommt nur durch das expandierende Koordinatensystem zustande.
 

Peter_S

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Hallo Mac,

Das Ganze ist hier vielleicht etwas off Topic, war und ist aber eine Reaktion auf Bernhards Post zur negativen Krümmung durch normaler Materie. Denn die würde dann, wenn ich das richtig verstehe, eben nicht eine lokale negative Krümmung verursachen können, wie man sie für eine ERB benötigen würde.

Das sehe ähnlich. Lokale negative Krümmung (wie sie zur Stabilisierung einer ERB notwendig wäre) ist mit Bernhards Ansatz wahrscheinlich nicht realisierbar.
Von daher erscheint mir mein Ansatz (lokale negative Krümmung durch benachbarte ERBs zu generieren) nach wie vor erfolgsversprechender?
 

TomS

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vielen Dank für Deine ausführliche (zeitaufwändige) Antwort!
Gerne - das war noch nicht zeitaufwändig.

Wenn ich das aber richtig verstanden habe, dann beschreiben die Friedmannschen Lösungen der Feldgleichungen nicht die Inflation.
Mit einer Ausnahme bzw. einem Problem zu sie das schon.

Die Inflation wurde u.a. erdacht, um das Problem der Homogenität und Isotropie zu lösen: wie kann ein i.A. inhomogenes und anistropes Universum, m.a.W. ein Universum, für das wir keine speziellen Anfangsbedingungen wie Homogenität und Isotropie ansetzen wollen, aufgrund eines generischen Mechanismus homogen und isotrop werden.

Die Friedmann-Lösungen sind dazu deswegen nicht ausreichend, weil sie ja diese Homogenität und Isotropie voraussetzen.

Sobald das Universum im Zuge der Inflation jedoch in genügend guter Näherung homogen und isotrop geworden ist, kann der weitere Verlauf wieder mittels der Friedmann-Lösungen berechnet werden.

Die hat sich, wenn ich es richtig verstanden habe, exakt genau so lange gehalten, bis ein flaches Universum gegeben war. Anders ausgedrückt. Die Inflation ist so lange langsamer geworden, bis das Universum flach war und mit der daraus resultierenden Dynamik weiter expandieren konnte.
Die Inflation läuft IMHO nach den gängigen Modellen deutlich länger als die Homogenisierung.

Wenn das so war, dann legt das den Schluß nahe, daß jedes Universum, egal mit welchen Startbedingungen, am Ende seiner Inflation flach ist. Sozusagen in Konkurrenz zu der Auffassung, daß unser Universum mit seiner Dynamik, ein extremer Zufall ist. Wie gesagt, vielleicht ist diese Idee schon ausgeschlossen und ich hab' das nur noch nicht verstanden.
So wie ich das verstehe ist das immer noch die Idee der Anhänger der Inflation. Gegebene seien einigermaßen generische Modelle - das Ergebnis ist immer ein homogenes, isotropes und flaches Universum.

Ich sehe, dass da seit einiger Zeit Kritik laut wird, ich kann das jedoch nicht abschließend bewerten.

https://www.cfa.harvard.edu/~loeb/sciam3.pdf
https://www.scientificamerican.com/article/cosmic-inflation-theory-faces-challenges/
https://blogs.scientificamerican.com/observations/a-cosmic-controversy/
 
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