Mars: Keine Chance für Terraforming?

astronews.com Redaktion

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Es ist der Traum vieler Science-Fiction-Fans: das sogenannte Terraforming des Mars, also die "Bewohnbarmachung" des Roten Planeten. Neue Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass ein solches Vorhaben mit der uns zur Verfügung stehenden Technologie nicht realisierbar ist. Dem Mars fehlen vor allem ausreichende Mengen an zugänglichem Kohlendioxid. (1. August 2018)

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Bynaus

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Interessanter Artikel. Inhaltlich macht alles Sinn, was die Autoren da schreiben, aber natürlich müssen sie mit einigen Unsicherheiten operieren, z.B., dass sich die Klathrate oder die tiefen Kohlenstoff-Reservoire nicht vernünftig quantifizieren lassen. Sie schliessen zwar "Supertreibhausgase" aus, aber wenn man das tut, dann ist ihre Diskussion darüber, dass das verfügbare CO2 nur zu ca. 10 K Erwärmung führen würde, auch etwas überflüssig. Solche Treibhausgase könnten die Temperaturen weiter erhöhen, das Adsorption-Desorptions-Gleichgewicht im Regolith weiter in Richtung Gasaustritt schieben, den Wasser-Anteil der Atmosphäre erhöhen, etc. Natürlich müssten sie ständig nachproduziert werden, aber die Autoren diskutieren ja auch das Freilassen von CO2 aus regionalen Karbonat-Ablagerungen via Tagebau. Weiter gehen die Autoren davon aus, dass 1 bar Druck notwendig wäre, das scheint mir etwas übertrieben. Irgendwo in den Bereich von 0.3 - 0.5 bar müssten wir aber schon kommen, damit man auf dem Mars zumindest ohne Druckanzug herumgehen kann. Ich würde sagen, das letzte Wort ist sicher nicht gesprochen, aber insgesamt muss man die Chance, dass der Mars dereinst terrageformt werden könnte, etwas kritischer betrachten als bisher.
 

Protuberanz

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Selbst wenn man eine nennenswerte Atmosphäre generieren könnte, müßte man zusätzlich auch noch etwas tun, um das fehlende Magnetfeld zu kompensieren. Sonst ist wohl bald wieder Schicht im Schacht, mit der Atmosphäre.
Möglicherweise ist es "einfacher", von einem zu viel etwas zu entfernen, als nicht vorhandenes hinzuzufügen. Soll heißen, ich vermute, die Venus ist auf lange Sicht gesehen als Siedlungsprojekt das sinnvollere Ziel.
Wenngleich der Mars aller Wahrscheinlichkeit nach der Planet sein wird, auf den Menschen zuerst ihren Fuß setzen werden. Letzteres wird sicher innerhalb der nächsten 50-100 Jahre stattfinden. Mögliche Siedlungsprojekte liegen da wohl eher im mehrstelligen 1000er Bereich.
 

Bynaus

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@pauli: natürlich. ;) Aber hier geht es weniger darum, ob Terraforming SciFi ist, sondern darum, ob auf dem Mars überhaupt die Bedingungen gegeben sind, dass man ein solches versuchen könnte.

Protuberanz schrieb:
Selbst wenn man eine nennenswerte Atmosphäre generieren könnte, müßte man zusätzlich auch noch etwas tun, um das fehlende Magnetfeld zu kompensieren. Sonst ist wohl bald wieder Schicht im Schacht, mit der Atmosphäre.

Ja, wobei der Effekt ist schon recht klein - im Moment verliert der Mars ca. 1.5 kg Sauerstoff pro Sekunde. Das dauert sehr lange, bis eine temporär aufgestockte Atmosphäre wieder verloren geht.

Möglicherweise ist es "einfacher", von einem zu viel etwas zu entfernen, als nicht vorhandenes hinzuzufügen. Soll heißen, ich vermute, die Venus ist auf lange Sicht gesehen als Siedlungsprojekt das sinnvollere Ziel.

Entfernen scheint mir genauso aufwändig wie hinzufügen, wenn nicht sogar noch mehr. Zumindest energetisch scheint es mir viel einfacher, ein paar Kometen zum Mars abzulenken, statt riesige Mengen CO2 von der Venus wegzukarren...

Es bleibt zu hoffen, dass die Venus einen zweiten stabilen Zustand hat, der lebensfreundlicher ist und in den wir sie mit etwas Technologie überführen könnten. Ich befürchte allerdings, es wäre ein sehr trockener Zustand.
 
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Protuberanz

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Ja, wobei der Effekt ist schon recht klein - im Moment verliert der Mars ca. 1.5 kg Sauerstoff pro Sekunde. Das dauert sehr lange, bis eine temporär aufgestockte Atmosphäre wieder verloren geht.
Fragt sich eben, wie aufwändig die Atmosphäre hingebastelt wurde und ob es günstiger ist, sie zu halten, oder nachzuproduzieren.

Entfernen scheint mir genauso aufwändig wie hinzufügen, wenn nicht sogar noch mehr. Zumindest energetisch scheint es mir viel einfacher, ein paar Kometen zum Mars abzulenken, statt riesige Mengen CO2 von der Venus wegzukarren...
Das ist schwer zu sagen. Um die Kometen einzufangen und umzulenken brauchst Du jede Menge Sonden und Treibstoff. Ob man das CO² wegbringen muß, sei dahingestellt. Vielleicht kann man mit dem Kohlenstoff ja auch noch irgendwas sinnvolles anfangen. zB bei JensU's Freunden mit dem planetengroßen Raumschiff gegen Wasserstoff eintauschen. Den können die beim Tanken von der Sonne mitbringen. Und den Sauerstoff, der nicht für die Atmosphäre benötigt wird, kann mit dem Tauschwasserstoff zusammengebastelt werden und schon haben wir eine größe Pfütze. Oder wir pusten es einseitig von der Venus weg, um die Rotationsgeschwindigkeit zu erhöhen.
Bis das in ein paar tausend Jahren mal soweit ist, wird schon irgendwer eine sinnvolle Idee haben.
 

Bynaus

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Fragt sich eben, wie aufwändig die Atmosphäre hingebastelt wurde und ob es günstiger ist, sie zu halten, oder nachzuproduzieren.

1.5 kg / sec sind etwa 47'000 t Sauerstoff pro Jahr oder etwa 53'000 t Wasser(eis). Wenn wir annehmen, dass wir Asteroiden mit 5% Wasser-Anteil nehmen, brauchen wir pro Jahr also einen Einschlag mit 1 Mio t, das entspricht bei einer typischen Dichte von 2 g/cc ein Objekt mit einem Durchmesser von 100 m, das man jährlich zum Mars hin umlenken müsste (ich merke gerade: es könnte gut sein, dass der Sauerstoff-Verlust in etwa im Gleichgewicht mit der vom Mars akkretierten Materie aus dem Asteroidengürtel steht - hm...). Oder aber, wenn wir einen Kometen mit 50% Wasser nehmen (1 cc/g), reicht ein Objekt von 1 km Durchmesser alle 10'000 Jahre.

Vielleicht kann man mit dem Kohlenstoff ja auch noch irgendwas sinnvolles anfangen.

Ja. Ich hab mir schon mal überlegt, ob man daraus einfach Diamant pressen könnte. Der Sauerstoff müsste dann aber natürlich mit importiertem Wasserstoff reagieren können, aber das wiederum dürfte für einen ziemlich massiven Ozean sorgen (müsste ich noch nachrechnen).

Oder wir pusten es einseitig von der Venus weg, um die Rotationsgeschwindigkeit zu erhöhen.

Neuere Arbeiten deuten darauf hin, dass eine langsame Rotation besser ist als eine schnelle, bzw., langsam rotierende Planeten bleiben noch bei höheren Strahlungsintensitäten bewohnbar als schnell rotierende.

Bis das in ein paar tausend Jahren mal soweit ist, wird schon irgendwer eine sinnvolle Idee haben.

Ich vermute, dass es viel weniger lange dauern wird, oder dann gar nie versucht wird.
 

LaHa

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Wann erklärt jemand den Politikern, dass ohne einem der Erde vergleichbaren Magnetfeld alles Streben sinnlos ist. Die Siedler müssen stahlenresistent, Höhlenmenschen, Veganer, Autisten und sonstwas sein, um auf dem Mars bleiben zu können. Der Sonnenwind wird auf absehbare Zeit der auch noch schwächeren Gravitation die entstehende Marsathmosspäre abrasiv entfernen. Irgendwie passt die Marsdiskussion saugend ins Sommerloch.
 

Ionit

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Und man muss dazu erwähnen, dass praktisch alle Bodenproben auf dem Mars hohe Konzentrationen Perchlorate enthielten, die durch die (teils planetenweiten) Stürme überall verteilt sind. Selbst wenn man unterirdische Wasservorkommen finden sollte, dürften die mit Perchloraten verseucht sein.

Bei allen schon angesprochenen Problemen müsste man also zusätzlich den Boden und das Wasser auf dem Mars von Perchloraten säubern, was aber praktisch unmöglich wäre, da es für den Einsatz von Mikroben (zum Abbau) zu kalt und trocken ist und die Stürme immer wieder neue Perchlorate "anliefern".

Der feine Mars-Staub (mit Perchloraten) würde über kurz-oder-lang sogar in die geschlossenen Unterkünfte eindringen und bei den dort Lebenden schwerste gesundheitliche Probleme verursachen. Die ersten Menschen/Siedler müssten also selbst in geschlossenen Unterkünften Schutzanzüge tragen.
 
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Bynaus

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Das Magnetfeld ist wichtig, damit ein Planet eine dünne Atmosphäre über sehr lange Zeiträume behalten kann. Aber beachtet z.B. dass die Venus kein planetares Magnetfeld hat, einem doppelt so starken Sonnenwind wie did Erde ausgesetzt ist, und trotzdem ihre Atmosphäre übef Jahrmilliarden behalten hat.

Über die Zeiträume, die für Terraforming wichtig sind (übrigens, Politiker sprechen eigentlich nie über Terraforming, zumindest kenne ich keinen - da sind höchstens die Tech-Enthusiasten), spielt das Magnetfeld keine grosse Rolle.

Auch spielt das Magnetfeld für den Strahlenschutz nur eine untergeordnete Rolle. Die Atmosphäre ist unser eigentlicher Schutzschild, sie wirkt wie rund 10 m Wasser. Deshalb ist die kosmische Strahlung auf der ISS (und nur schon in einem Verkehrsflugzeug) deutlich höher, obwohl sie nur 400 km über dem Boden fliegt. Das Magnetfeld ist viel grösser.

Perchlorate lassen sich auswaschen, "verseuchte" Böden lassen sich reinigen (dazu gibts bereits Experimente). Am Anfang wird man Nahrung ohnehin nur in Gewächshäusern anbauen können - und bei den Kosten dafür spielt die Frage, ob man die "Marserde" jetzt noch aufbereiten muss, keine grosse Rolle. Im Gewächshaus entgeht der Boden natürlich auch einer erneuten Verseuchung, weil er nicht mehr mit der Atmosphäre in Kontakt ist.

Im Gegensatz zum Mondstaub ist jener auf dem Mars nicht so extrem scharfkantig (weil es da eben doch Winderosion gibt) und sollte deshalb kein unüberwindliches Problem sein. Auch auf der Erde gibt es partikelfreie Reinräume, dh, es kommen wohl einfach Partikelfilter zum Einsatz. Die resultierende Luft dürfte gesünder sein als manche Stadtluft.
 

Wotan

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Hallo,

Das Magnetfeld ist wichtig, damit ein Planet eine dünne Atmosphäre über sehr lange Zeiträume behalten kann. Aber beachtet z.B. dass die Venus kein planetares Magnetfeld hat, einem doppelt so starken Sonnenwind wie did Erde ausgesetzt ist, und trotzdem ihre Atmosphäre übef Jahrmilliarden behalten hat. ...


aber nicht den Wasserstoff, der verschwindet.
Wohin verschwand das Wasser der Venus?
 

Bynaus

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@Wotan, korrekt. Wasserstoff ist aber auch leicht genug, dass er über "Jeans-Escape" entkommen kann, ganz ohne Hilfe des Sonnenwindes. Das heisst, die mittlere Teilchengeschwindigkeit von Wasserstoff an der Obergrenze der Venus-Atmosphäre (hängt v.a. von der Temperatur ab) liegt nahe genug an der Fluchtgeschwindigkeit der Venus, dass über geologische Zeiträume ein grosser Teil davon entweichen kann.

Die Venus verliert allerdings ebenfalls Sauerstoff und Kohlenstoff. Aber die Verlustrate ist gering gegenüber der totalen Menge, selbst über geologische Zeiträume. Beim Mars ist bzw. war das anders. Umgekehrt bedeutet das aber auch, dass wenn wir die Mars-Atmosphären über ein paar Jahrhunderte auf erdähnliche Werte anfüttern, wird der Verlust an den Sonnenwind gegenüber diesem Anfüttern sehr gering ausfallen. Man sollte als Marsianer dann einfach nicht die "Anfütter-Fähigkeit" verlieren, wenn man plant, wirklich langfristig (Mio bis Mrd Jahre) auf dem Mars zu bleiben.

@Major Tom: wenn ich könnte, würde ich hier jetzt einen Picard'schen facepalm posten... aber vielleicht sollte ich mich stattdessen freuen, dass CBS eine neue Picard-Star-Trek-Serie angekündigt hat! ;)
 
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Bynaus

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Zumindest bei nasaspaceflight würden dir viele beipflichten. Hat wohl jedes grössere Forum seinen "JensU".
 
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