Belege zur Problematik des Atheismus im persönlichen Leben

Bynaus

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Das musste ja kommen. Wenn jemand einen Thread zum Thema "Problematik des Atheismus im persönlichen Leben" eröffnet, dann hat das natürlich ein ganz anderes, viel höheres Niveau, als wenn man sagt, dass gewisse bärtige Männer (einschliesslich, aber nicht zwingend ausschliesslich dem Nikolaus) inexistent sind...
 

Major Tom

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Meiner Meinung nach ist der Grund, warum sich Menschen auch ohne starke religiöse Verankerung einigermaßen zivilisiert verhalten der soziale Druck. Die Angst vor Ächtung sozusagen. Zu einem gewissen Grad ist moralisches Verhalten auch durchaus durch den Zeitgeist geprägt. Macht die Verführbarkeit der Massen ja so gefährlich.
Trotzdem wäre eine Gesetzgebung ohne Strafandrohung wohl ziemlich wirkungslos.
 

Alex74

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MajorTom, das ist Unsinn.
Ich bin totaler und kompletter Atheist.
Auch als Atheist weiß man was richtig und falsch ist.
Und richtig von falsch zu unterscheiden hat nichts mit Religion zu tun.
Genauso wie Altruismus nichts mit Religion zu tun hat.
Das ist eine Frage der Erziehung und der Anlage des Gehirns selbst.
 

Major Tom

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Hallo Alex,
es sind wohl schon mehr Menschen für Gott und Vaterland ermordet worden als für kriminelle Motive – daher würde ich nie erlauben zu behaupten, Atheisten wären amoralisch.
Aber es ist meine Meinung, daß Erziehung und Lebensumfeld prägend auf die Moralvorstellungen des jeweiligen Zeitalters wirken.
 

ralfkannenberg

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Das musste ja kommen. Wenn jemand einen Thread zum Thema "Problematik des Atheismus im persönlichen Leben" eröffnet, dann hat das natürlich ein ganz anderes, viel höheres Niveau, als wenn man sagt, dass gewisse bärtige Männer (einschliesslich, aber nicht zwingend ausschliesslich dem Nikolaus) inexistent sind...
Hallo Bynaus,

ja, dem kann ich in dieser Form vorbehaltlos zustimmen. Zumal die zweite Aussage trivial ist, auch wenn sie von Dir vermutlich nicht trivial gemeint war; allerdings habe ich keinerlei Bedarf, das jetzt zu vertiefen.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Bynaus

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Ralf, du weisst schon, dass diese Aussage ironisch gemeint war?

@MajorTom: Der soziale Druck spielt eine gewisse Rolle, aber bei den wichtigsten moralischen Fragen ist er meiner Ansicht nach völlig irrelevant. Es gibt eine Reihe von illegalen Dingen, die ich ganz grundsätzlich nie tun würde, ganz egal ob es jemals rauskommt oder nicht. Ganz einfach weil es falsch ist. Leute, die dieselben Dinge angeblich nur darum nicht tun, weil sie Angst vor der Strafe eines bärtigen alten Mannes haben, sind mir eher unheimlich.
 

Major Tom

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Hallo Bynaus,
Gott erhalte dir deinen Glauben an das Gute im Menschen.;)
Was denkst du wie die Auswirkung auf eine Kriminalstatistik wäre, würde man jede Strafandrohung abschaffen ?
 

Mahananda

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Hallo Tom,

Strafandrohung ist das eine, aber das Wissen darum, was falsch und was richtig ist, sowie der angemessene Umgang mit diesem Wissen ist etwas, was zuvor erworben wird bzw. erworben werden sollte, bevor die Notwendigkeit besteht, dass das Strafrecht angedroht bzw. angewandt werden muss.

Hier ist das soziale Umfeld von entscheidender Relevanz, um ein Unrechtsbewusstsein überhaupt erst einmal entstehen zu lassen. Und wenn man das verinnerlicht hat, hat man zugleich eine innere Hemmschwelle, die einen davon abhält, Verbrechen zu begehen - eben weil man weiß, dass es falsch ist.

Erst wenn man diese Hemmschwelle überwunden hat - sei es, weil sie bei manchen sehr niedrig ist (was verschiedene Ursachen haben kann) oder weil die äußeren Umstände dazu zwingen (z.B. in Dilemma-Situationen) - greift die Wirkung der Strafandrohung über den Gesetzgeber. Aber dann ist in der Regel schon sehr viel im Vorfeld falsch gelaufen.
 

Bynaus

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@MajorTom: es gibt unzählige Dinge, die falsch sind, aber nicht illegal. Und die meisten Menschen halten sich meistens daran. Das hat dann nichts mit einer Strafandrohung zu tun, sondern entweder mit sozialer Kontrolle (wie du schon erwähnt hast) und/oder mit "Anstand", also dem erlernten Empfinden von richtig und falsch und einem diesem Empfinden entsprechendem Handeln.

Würdest du, sagen wir, deinem eigenen Kind in einem unbeobachteten Moment das Sparschwein leeren (in deine eigenen Taschen) und danach irgend eine plausible Geschichte erfinden, was damit geschehen ist? Warum - oder warum nicht? Es wäre weder wirklich illegal, noch gibt es eine soziale Kontrolle.
 

ralfkannenberg

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weil sie Angst vor der Strafe eines bärtigen alten Mannes haben, sind mir eher unheimlich.
Hallo Bynaus,

hast Du ihn denn gesehen ? Ich kenne keinen alten bärtigen Mann, vor dem ich Angst haben müsste. Unter Anwendung des Rateverfahrens rate ich einmal, dass Du Dich auf Gottvater beziehst; ich habe hier allerdings eine Darstellung, in der ich keinen alten bärtigen Mann erkennen kann.

Kurz und gut, Du scheinst da über Informationen zu verfügen, die ich nicht kenne.


Was anderes, hier völlig off-topic: hast Du eine Idee, warum es 25 (!!) Jahre dauerte, ehe die (15760) Albion einen offiziellen Namen erhalten hat ?


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Protuberanz

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Und richtig von falsch zu unterscheiden hat nichts mit Religion zu tun.
...
Das ist eine Frage der Erziehung und der Anlage des Gehirns selbst.
Absolute und vollständige Zustimmung Alex. Es gibt überall und in jeder Weltanschauung solche und solche Menschen.
Eine klitzekleine Ausnahme möchte ich allerdings machen. Meine Erfahrung sagt mir, das unter den Buddhisten, prozentual die wenigsten verkorksten Menschen zu finden sind. Das sind sozusagen die Bonobos unserer Rasse. ;-)
Mahananda hat es in Post #29 noch einmal etwas ausführlicher dargelegt. Aber grundsätzlich ist die Basis identisch.
 
Zuletzt bearbeitet:

Protuberanz

Registriertes Mitglied
Hallo Bynaus,

hast Du ihn denn gesehen ? Ich kenne keinen alten bärtigen Mann, vor dem ich Angst haben müsste. Unter Anwendung des Rateverfahrens rate ich einmal, dass Du Dich auf Gottvater beziehst; ich habe hier allerdings eine Darstellung, in der ich keinen alten bärtigen Mann erkennen kann.

Kurz und gut, Du scheinst da über Informationen zu verfügen, die ich nicht kenne.


Was anderes, hier völlig off-topic: hast Du eine Idee, warum es 25 (!!) Jahre dauerte, ehe die (15760) Albion einen offiziellen Namen erhalten hat ?


Freundliche Grüsse, Ralf
Ähm ..., ich denke Bynaus spricht immer noch von Nikolaus. Der wird in der Bebilderung sehr oft als bärtiger, weißhaariger Mann dargestellt. Bynaus hat wohl die weißen Haare auf das Alter projiziert. Allerdings ist es fraglich, ob Nikolaus seine Taten tatsächlich erst im Alter vollbrachte, oder nicht schon in deutlich jüngeren Jahren. Denn noch vor Vollendung des 20 Lebensjahres wurde er Priester. Die Geschichte mit dem weißen Bart kann stimmen, muß aber nicht. Wie so häufig, ist leider kein Zeitzeuge mehr aufzutreiben.
 

Ich

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MajorTom, das ist Unsinn.
Ich bin totaler und kompletter Atheist.
Auch als Atheist weiß man was richtig und falsch ist.
Und richtig von falsch zu unterscheiden hat nichts mit Religion zu tun.
Genauso wie Altruismus nichts mit Religion zu tun hat.
Das ist eine Frage der Erziehung und der Anlage des Gehirns selbst.
Absolute und vollständige Zustimmung Alex. Es gibt überall und in jeder Weltanschauung solche und solche Menschen.
Eine klitzekleine Ausnahme möchte ich allerdings machen. Meine Erfahrung sagt mir, das unter den Buddhisten, prozentual die wenigsten verkorksten Menschen zu finden sind. Das sind sozusagen die Bonobos unserer Rasse. ;-)
Mahananda hat es in Post #29 noch einmal etwas ausführlicher dargelegt. Aber grundsätzlich ist die Basis identisch.
Hört sich toll an, ist aber Käse. Natürlich hat Religion etwas damit zu tun, ob jemand "gut" oder "böse" ist. Ehrenmorde werden nicht von besonders bösen Menschen ausgeführt, sondern von besonders guten. Allerdings "gut" in einem völlig anderem Moralsystem wie dem unseren. Und die Moralsysteme sind massiv von der jeweiligen Religion geprägt.
Deswegen machst du auch eine Ausnahme für Buddhisten. Weil die am ehesten mit dem säkularen Humanismus konform gehen, den wir im Westen seit einiger Zeit pflegen. Auch unser Moralsystem ist nur eines von mehreren, und es ist weder von der Natur noch von Gott gegeben. Es ist äußerst naiv, anzunehmen, dass sich schon alles in unsere "gute" Richtung entwickeln wird, weil das irgendwie "natürlich" wäre. Man sieht momentan sehr deutlich, dass diese Werte keineswegs von allen geteilt werden.
Unsere Werte kommen aus bestimmten Prämissen, die viele von uns für vernünftig halten. Und es war sicher hilfreich für die Entstehung dieses Systems, dass man nicht absoluten, übernatürlichen moralischen Kompassen folgt. Trotzdem sind sie auch in diesem atheisitschen Kontext nicht selbstverständlich. Man hatte (und hat) totalitäre Systeme, die in der Wissenschaft begründet sind, wie Nationalsozialismus (Sozialdarwinismus) oder Kommunismus (Sozialkonstruktivismus).
Nein, unser gut und böse - System ist beileibe nicht das einzige, und es ist nicht naturgegeben. Es ist verfehlt, alle Menschen danach zu beurteilen. Das führt zu einer kognitiven Dissonanz, wie wir sie heute spüren.
Man muss anerkennen, dass es konkurrierende, gegensätzliche Systeme gibt. Dass ein IS-Mitglied sich durchaus mit einiger Konsistenz als "gut" sieht und uns als "böse".
Das heiißt nicht, dass man jedem sein Moralsystem lassen muss. Wir dürfen (und sollten meiner Meinung nach) durchaus solche Systeme bekämpfen, die wir für falsch halten. Aber wir tun das weder im Auftrag Gottes noch mit Beründung durch die Wissenschaft. Sondern, weil wir es für richtig halten.
 

Mahananda

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Hallo Ich,

Wir dürfen (und sollten meiner Meinung nach) durchaus solche Systeme bekämpfen, die wir für falsch halten. Aber wir tun das weder im Auftrag Gottes noch mit Beründung durch die Wissenschaft. Sondern, weil wir es für richtig halten.

Ja, und daraus ergibt sich die Frage, wie wir begründen, warum wir es für richtig halten, z.B. fundamentalreligiöse Moralsysteme, wie sie sich als IS repräsentieren, zu bekämpfen. Wir müssen also dem Grundgedanken der Freiheit, die die Partizipation über demokratische Regelwerke einschließt, einen Wert beimessen, der schwerer wiegt als der Wert der Unterwerfung unter ein Glaubenssystem (hier eben dem sunnitischen Islam in seiner extremistischen Auslegung). Und hierbei würde man Äpfel mit Birnen vergleichen, denn der Wert der individuellen Freiheit ist im Diesseits verortet, während der Wert der religiösen Unterwerfung im Jenseits verortet ist. Das Argument, dass das Jenseits dem Glaubenssystem entspringt, unter das man sich unterwerfen soll, verweist zwar auf den zirkulären Charakter der Jenseitsbegründung, kann sie aber nicht widerlegen. Und damit hätte man ein Patt, weil hier antagonistische Wertvorstellungen gegenüber stehen.

Es läuft daher letztlich auf eine Entscheidung hinaus, die man treffen muss. Und hier spielen dann wieder soziale Rahmenbedingungen eine Rolle, die sich als Politik manifestieren. Die Entscheidungsfreiheit pro oder contra religiöser Moralvorstellung ist nun mal nicht überall gegeben, weil die politischen Verhältnisse diese nicht zulassen. Das macht den Wert der westlichen Demokratien aus. Sie garantieren per Verfassung diese Entscheidungsfreiheit und fixieren sie als einklagbares Recht, so dass sich religiöser Fundamentalismus nicht auf die Verfassung berufen kann, wenn er seine Moralvorstellung als maßgebliche durchsetzen möchte. In nicht säkularen Staaten sieht das ganz anders aus. Dort ist es u.U. lebensgefährlich, sich gegen Religion zu positionieren.

Der Wert der Freiheit zeigt sich also über die Verwirklichung derselben in Gestalt freiheitlicher Verfassungen, die politisch als Rechtsstaat durchgesetzt werden. Die Freiheit trägt ihren Wert in sich und bedarf daher keiner Begründung, die außerhalb ihrer selbst liegt. Es ist dann die Pflicht der Staatsbürger, die gesetzlich garantierte Freiheit zu bewahren, weil sie als Wert begriffen worden ist. Diese Pflicht schließt folglich notwendigerweise den Widerstand gegen alle Konzepte ein, die bei Umsetzung geeignet sind, diese Freiheit zu beschränken bzw. abzuschaffen zugunsten von ideologisch begründeten Moralvorschriften, die die Lebensweise der Individuen auf unhinterfragbare und folglich uneinklagbare Weise normativ festschreiben.
 

Protuberanz

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Hallo Protuberanz,



Aber auch Buddhisten schrecken nicht vor Gewalttaten zurück ...
Das ist korrekt. Ich sagte ja auch diese prozentual am wenigsten... Das schließt nicht aus, das einzelne Individuen abseits des Mainstreams agieren. Ich bin auch nur von meinem Dunstkreis ausgegangen. Ich muß allerdings gestehen, das die Gesamtzahl der Buddhisten in meinem Umfeld im Vergleich zu Christen, Atheisten und Muslimen eher unbedeutend erscheint. Aber von den wenigen mir bekannten, sind das in der Tat die entspanntesten Menschen. Das kann ich allerdings auch über einen Hindu sagen, aber das wiederum ist ein Einzelfall. Die Anzahl der mir bekannten jüdisch geprägten Personen ist leider ebenfalls gering. Allerdings sind die meisten von denen eher von der Mentalität eines Jakob5. Umso erfrischender fand ich deshalb Bernhards Video.
 

Protuberanz

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... ob jemand "gut" oder "böse" ist.
ich habe bewußt vermieden diese Attribute zu verwenden und dem Leser die Interpretation überlassen. Da Du sie in Hochkomma setzt, sagt mir das, das Du auch kein gutes Gefühl bei dieser Wortwahl hast.

Deswegen machst du auch eine Ausnahme für Buddhisten. Weil die am ehesten mit dem säkularen Humanismus konform gehen, den wir im Westen seit einiger Zeit pflegen.
Nein, diese Ausnahme mache ich in der Tat deshalb, weil die wenigen mir bekannten Buddhisten genau diesen Humanismus wirklich leben und dies nach meinem Verständnis einen sehr hohen Wert darstellt. Ganz nebenbei beeindruckt mich der aktuelle Dalai Lama sehr oft mit vielen seiner Aussagen zu allen möglichen Themen unseres Daseins.

Dem Rest Deiner Ausführungen kann und will ich nicht widersprechen. Oder anders gesagt, ich stimme Dir zu.
 

Ich

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Ja, und daraus ergibt sich die Frage, wie wir begründen, warum wir es für richtig halten, z.B. fundamentalreligiöse Moralsysteme, wie sie sich als IS repräsentieren, zu bekämpfen. Wir müssen also dem Grundgedanken der Freiheit, die die Partizipation über demokratische Regelwerke einschließt, einen Wert beimessen, der schwerer wiegt als der Wert der Unterwerfung unter ein Glaubenssystem (hier eben dem sunnitischen Islam in seiner extremistischen Auslegung). Und hierbei würde man Äpfel mit Birnen vergleichen, denn der Wert der individuellen Freiheit ist im Diesseits verortet, während der Wert der religiösen Unterwerfung im Jenseits verortet ist.
Im Sinne der Wissenschaftlichkeit kann (und muss) man durchaus argumentieren, dass aus dem Jenseits kommende Moralvorstellungen ungültig sind. Es gibt keinen Beweis für sie.
Allerdings gibt es auch keinen Beweis für den Wert unseres Moralsystems. Das ist genau mein Punkt. Dem Universum ist es schnurz, ob wir gut oder böse sind.
Es gibt keinen irgendwo verorteten Wert der individuellen Freiheit außer dem, den wir ihr beimessen. Ich gebe gern zu, dass wir diesen Wert aus eher säkularen, logisch unter bestimmten Annahmen begründbaren Gründen anerkennen. Aber, wie an den Gegenbeispielen gezeigt, ist dieser Wert keineswegs absolut begründbar und wird auch nicht von allen säkularen Ideologien geteilt. Eigentlich von den wenigsten.
Wir haben also durch den Atheismus (oder besser: die säkulare Haltung) keine Moral gewonnen. Aber wenigstens erkannt, dass wir uns keiner Moral unterordnen müssen, die wir nicht selbst verhandelt haben. Das ist auch sehr, sehr wertvoll (meines Erachtens, natürlich :D).
Es läuft daher letztlich auf eine Entscheidung hinaus, die man treffen muss. Und hier spielen dann wieder soziale Rahmenbedingungen eine Rolle, die sich als Politik manifestieren. Die Entscheidungsfreiheit pro oder contra religiöser Moralvorstellung ist nun mal nicht überall gegeben, weil die politischen Verhältnisse diese nicht zulassen. Das macht den Wert der westlichen Demokratien aus. Sie garantieren per Verfassung diese Entscheidungsfreiheit und fixieren sie als einklagbares Recht, so dass sich religiöser Fundamentalismus nicht auf die Verfassung berufen kann, wenn er seine Moralvorstellung als maßgebliche durchsetzen möchte. In nicht säkularen Staaten sieht das ganz anders aus. Dort ist es u.U. lebensgefährlich, sich gegen Religion zu positionieren.
Das ist sicher im Grundsatz richtig. Ich würde es aber wieder nicht auf den Gegensatz säkular-religiös reduzieren. Der Wert der westlichen Demokratien liegt in der Entscheidungs- und Redefreiheit, die es erlaubt, Moral immer wieder neu zu verhandeln, statt totalitären Systemen von inks, rechts oder oben diese Hoheit zu überlassen.
Der Wert der Freiheit zeigt sich also über die Verwirklichung derselben in Gestalt freiheitlicher Verfassungen, die politisch als Rechtsstaat durchgesetzt werden. Die Freiheit trägt ihren Wert in sich und bedarf daher keiner Begründung, die außerhalb ihrer selbst liegt. Es ist dann die Pflicht der Staatsbürger, die gesetzlich garantierte Freiheit zu bewahren, weil sie als Wert begriffen worden ist. Diese Pflicht schließt folglich notwendigerweise den Widerstand gegen alle Konzepte ein, die bei Umsetzung geeignet sind, diese Freiheit zu beschränken bzw. abzuschaffen zugunsten von ideologisch begründeten Moralvorschriften, die die Lebensweise der Individuen auf unhinterfragbare und folglich uneinklagbare Weise normativ festschreiben.
Ich bin da in allen Punkten bei dir - außer in einem: Die Freiheit trägt keinen Wert in sich. Das Konzept der individuellen Freiheit muss genauso begründet werden wie das Konzept des Überlebens der stärkeren Rasse oder das Konzept des Kommunismus unter Zerschlagung des Individuums. Das ist alles eine Frage der Optimierung unterschiedlicher Nutzenfunktionen. Die man sich aus den Fingern saugt.
Die große Mehrheit der Weltbevölkerung - religiös oder nicht - sieht individuelle Freiheit keineswegs als oberstes Ziel. Und nicht einmal wir tun das, auch wir beschränken sie da, wo unserer Meinung nach das Wohlbefinden anderer unzulässig gestört würde. Mach da keine so große Fackel daraus von wegen "bedarf keiner Begründung". Du und ich, wir sehen ihren Wert, und ein paar hundert Millionen andere. Und ich bin sofort dabei, sie zu verteidigen oder gar offensiv zu vertreten, weil ich ihren Nutzen sehe. Andere sehen ihn nicht so, und wir haben a priori keine moralische Überlegenheit denen gegenüber. Und sie sind in der Überzahl.
 

Ich

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ich habe bewußt vermieden diese Attribute zu verwenden und dem Leser die Interpretation überlassen. Da Du sie in Hochkomma setzt, sagt mir das, das Du auch kein gutes Gefühl bei dieser Wortwahl hast.
Nein, die Hochkommata signalisieren, dass ich diese Begriffe quasi zitiere. Diese Worte sind zwar nicht gefallen, aber Alex sprach von "Richtig und Falsch", und du von "solchen und solchen Menschen". Ich habe mir erlaubt, beides auf "gut und böse" zu projizieren. Bei einer Moraldiskussion ist das für "richtig und falsch" sowieso klar, und bei "solchen und solchen Menschen" nehme ich auch an, dass du sie nicht nach Ohrwaschlgröße unterscheidest, sondern nach Moral.
Es hat auch keinen Sinn, diese Attribute "bewusst zu vermeiden", wenn sie das sind, was du meinst. Dein ungutes Gefühl rührt m. E. eher daher, dass du nicht andere verurteilen willst, die ihr Gut und Böse in anderen Wertesystemen finden. Obwohl du der festen Überzeugung bist, dass es böse ist, seine Tochter wegen außerehelichem Sex steinigen zu lassen. Die erwähnte kognitive Dissonanz eben.

Nein, diese Ausnahme mache ich in der Tat deshalb, weil die wenigen mir bekannten Buddhisten genau diesen Humanismus wirklich leben und dies nach meinem Verständnis einen sehr hohen Wert darstellt.
Alles richtig, außer dem "Nein" am Anfang. Genau das habe ich nämlich gesagt. Guckstu, so ergibt es Sinn:
Ich schrieb:
Deswegen machst du auch eine Ausnahme für Buddhisten. Weil die am ehesten mit dem säkularen Humanismus konform gehen, den wir im Westen seit einiger Zeit pflegen.
Ja, diese Ausnahme mache ich in der Tat deshalb, weil die wenigen mir bekannten Buddhisten genau diesen Humanismus wirklich leben und dies nach meinem Verständnis einen sehr hohen Wert darstellt.
 
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