Bostroms Simulations-Hypothese

void

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Hallo Forum,

hat einer von euch eine Idee, warum sich Nick Bostrom in seiner Simulation Hypothesis exklusiv auf Ancestor Simulation fokussiert?

https://de.wikipedia.org/wiki/Simulationshypothese
https://en.wikipedia.org/wiki/Simulation_hypothesis
https://www.youtube.com/watch?v=nnl6nY8YKHs&t=583s

Wenn eine [posthumane] Zivilisation fähig ist, die beschriebenen Simulationen durchzuführen, warum sollte sie kein Interesse daran haben, völlig artfremde Wesen mit Bewußtsein "digital" entstehen zu lassen,
statt ständig ihren eigenen virtuellen Vorfahren zusehen zu müssen?

Meines Erachtens ändert dieses Detail im Ergebnis der Hypothese nichts, aber halt mal so gefragt...

Grüße
void
 
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void

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Das deutsche Wiki muss man vorsichtig lesen, z.B.
Annahmen 1. Die menschliche Zivilisation... ist natürlich Unsinn. Es geht um human-level civilizations
 

Bynaus

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Nun, wenn wir in einer Simulation sind, die von einer posthumanen Zivilisation betrieben wird, dann sind wir - relativ zu dieser Zivilisation - eben in deren Vergangenheit. Die Simulationshypothese schliesst nicht aus, dass experimentell auch ganz andere Arten von Bewusstsein simuliert würden (wobei ich mir das schwierig vorstelle: wie soll man etwas derart komplexes simulieren wenn man keine Vorlage hat?). Die Simulationshypothese erfordert nur, dass die überwiegende Mehrheit der Simulationen "Ancestor simulations" sind.
 

zabki

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wenn eine Simulation wie die beschriebene möglich wäre, müßte dann nicht noch viel leichter die Simulation eines "einsamen Bewußtseins" (mit sozusagen "fast nichts drumrum") möglich sein, bevor man ein ganzes Universum simuliert? Müßte dann die Existenz solcher einsamer Bewußtseine nicht viel wahrscheinlicher sein, als die Situation, in der wir uns vorfinden? Man könnte einwenden, die Simulation eines solchen "einsamen Bewußseins" sei unethisch. Aber wie will man den technischen Fortschritt zur Simulation eines Universums durchführen, ohne die Zwischenstufe "einsames Bewußtsein"? Zudem, wenn das "einsame Bewußtsein" simuliert ist, wird man die Simulation doch wohl so einrichten können, daß dieses nicht darunter leidet.
 

void

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Ja, so eine Simulation nur eines Gehirns ("Boltzmann Gehirn") würde natürlich weitaus weniger Ressourcen benötigen.
Für den Betrachter/Spieler/Wissenschaftler wäre dies halt ein anderes Experiment als die Simulation einer Kultur.

Ein komplettes Universum mit sämtlichen Teilchen zu simulieren, wäre ohnehin nicht effizient. Es müssen immer nur die Impressionen
aller simulierten Instanzen simuliert werden, egal um wie viele es sich handelt.

Bei der Simulation einer Menge von Individuen müssen die Impressionen mehrerer Bewußtseine synchronisiert und in Konsistenz gehalten werden.
D.h. wenn alle eine Vorstellung vom Mond haben, muss das Mond-Abbild unter allen Beteiligten synchronisiert werden. Wenn nur ich meinen Kühlschrank zur Kenntnis nehme,
ist dieses Objekt nur im Bewußtsein einer Instanz konsistent zu halten.

Gruß
void
 

Bynaus

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Eine einzelne Simulation würde aber gerade dadurch, dass sie kaum Beobachter hat, auch kaum beobachtet werden. Wenn es eine Million Universen gibt mit einem einzigen Beobachter, und ein einziges Universum mit 10 Milliarden Beobachtern, dann ist es für einen zufällig gezogenen Beobachter immer noch 10'000 Mal wahrscheinlicher, dass er sich in dem einen, dicht bevölkerten Universum befindet verglichen mit allen anderen.

Insofern tut selbst ein Übergang mit simulierten Universen, die nur ein paar einzelne Bewusstseine enthalten, der Simulationshypothese keinen Abbruch.

PS:

void schrieb:
Ja, so eine Simulation nur eines Gehirns ("Boltzmann Gehirn")

Boltzmann-Gehirne sind nicht einzelne simulierte Gehirne, sondern zufällige Anordnungen von Materie und/oder Energie, die für einen kurzen Moment ein Bewusstsein erlangen. Boltzmann hat sie eingeführt um zu demonstrieren, dass das Universum nicht beliebig alt werden kann, weil es sonst vor allem von ebensolchen Boltzmann-Gehirnen bevölkert sein müsste.
 
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zabki

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Eine einzelne Simulation würde aber gerade dadurch, dass sie kaum Beobachter hat, auch kaum beobachtet werden. Wenn es eine Million Universen gibt mit einem einzigen Beobachter, und ein einziges Universum mit 10 Milliarden Beobachtern, dann ist es für einen zufällig gezogenen Beobachter immer noch 10'000 Mal wahrscheinlicher, dass er sich in dem einen, dicht bevölkerten Universum befindet verglichen mit allen anderen.
Von dem jeweils einen Beobachter würde es beobachtet. Warum sollte es nicht Milliarden von simulierten Beobachtern mit
Minimal-Universum geben, u.U. viel mehr als simulierte Beobachter in einem furchtbar komplizierten, gemeinsamen Universum?

(die wesentliche Komplikation eines solchen Universums läge ja gerade in der großen Zahl seiner Beobachter).
 
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Wolverine79

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Wenn das gesamte Universum tatsächlich nur eine Simulation wäre, wäre es doch sinnvoll, dass man dem Computer nur das zum Berechnen vorliegt, was auch relevant ist. Sprich, alles, was gerade einen Beobachter hat. Dinge, die gerade nicht beobachtet werden, müssen auch nicht exakt berechnet werden.
Aber ist Universum nicht genau so beschaffen? Teilchen "entscheiden" sich erst dann für einen Zustand, wenn sie beobachtet werden? Solange ein Teilchen nicht beobachtet wird, verharrt es in einer Superposition?
Wäre das dann nicht eine Art Hinweis auf eine Simulation?
 

void

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Hallo,

das Boltzmann-Gehirn hatte ich falsch zugeordnet, sorry.

Hiernach leben wir nicht in einer Simulation.
"that storing the information required to simulate certain behaviors of even a couple hundred electrons would take more atoms than exist in the universe"

Es wird soweit ich weiß auch von Bostrom nicht behauptet, daß eine Simulation bis auf atomare Ebene detailliert sein muss, das wäre auch sensationell verschwenderisch.
Bei einem Computerspiel reicht es auch, Gegenstände und Abläufe so zu modellieren, daß ein Spieler eine hinreichend genaue Illusion erfährt - wie auch hier schon gesagt wird:
Dinge, die gerade nicht beobachtet werden, müssen auch nicht exakt berechnet werden.

Das zitierte Argument gilt also nicht für den Allgemeinfall.


Warum sollte es nicht Milliarden von simulierten Beobachtern mit Minimal-Universum geben, u.U. viel mehr als simulierte Beobachter in einem furchtbar komplizierten, gemeinsamen Universum?
Das hinge wohl von den Absichten der Simulierenden ab. Vielleicht ist es einfach interessanter, eine Kultur bewußter Individuen zu studieren als nur eines.

Aber eine sinnvolle Variante einer Single-Simulation gibt es doch: du selbst bist in Wirklichkeit ein Angehöriger der Spezies, welche diese Simulationen
durchführt. Du hast dir vor kurzem erst die neueste Sim-Station gekauft, dich angeschlossen und im Menu hast du "Mensch", "Erde 21.Jh" und noch ein paar Details
ausgewählt und dann den Start-Knopf gedrückt.

Deine echten Alien-Erinnerungen werden blockiert, und du befindest dich in der Ego-Simulation, und führst deine Mensch-Leben-Illusion. Natürlich alles irgendwie
zeitlich gedehnt, denn nach Lebens- äh -- Spiel-Ende, wenn du dich wieder ausgestöpselt hast, sind erst ein paar Alien-Stunden vergangen.

Grüße
void
 

joeydee

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ist diese Simulation nicht auch Thema des SciFi-Films „Total Recall“ (der mit Arnold)?
Nein, da geht es thematisch um künstlich eingepflanzte Erinnerung. Damit es als Film funktioniert wird dem Zuschauer zwar das Live-Erleben einer Art Simulation/Traum suggeriert, aber eigentlich geht es nur um das Herstellen eines bestimmten Endzustands im Gehirn, zeitlich eher punktuell anzusiedeln. Ich glaube, in der Originalstory ist das auch eher so gelagert.

"that storing the information required to simulate certain behaviors of even a couple hundred electrons would take more atoms than exist in the universe"
Prinzipiell muss das simulierende Universum nichts mit dem simulierten Universum gemein haben.
Ich denke mal, dass die Umgebung, in welcher eine Simulation läuft, in der Regel größer/komplexer sein wird (wahrscheinlich sein muss) als die Umgebung, die simuliert wird.
 

Wolverine79

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Aber eine sinnvolle Variante einer Single-Simulation gibt es doch: du selbst bist in Wirklichkeit ein Angehöriger der Spezies, welche diese Simulationen
durchführt. Du hast dir vor kurzem erst die neueste Sim-Station gekauft, dich angeschlossen und im Menu hast du "Mensch", "Erde 21.Jh" und noch ein paar Details
ausgewählt und dann den Start-Knopf gedrückt.

Dann scheine ich den "Easy-Mode" wohl übersehen zu haben :D
Ok, zugegeben, die Wahrscheinlichkeit als Deutscher geboren zu werden, war ziemlich klein. War dann wohl doch der "Easy-Mode". Aber der "Very-Easy-Mode" als Milliardärssohn auf die Welt zu kommen, scheint mir dann doch zu anspruchslos gewesen zu sein ;)
 

TomS

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Wobei ich mir das schwierig vorstelle: wie soll man etwas derart komplexes simulieren wenn man keine Vorlage hat?
Das kommt darauf an, welchen Startpunkt man ansetzt und welche Rechenkapazitäten zur Verfügung stehen. Man könnte ohne weiteres von zellulären Automation und genetischen Algorithmen ausgehen. Die Intelligenz einer Zivilisation zeigt sich letztlich in ihrer Fähigkeit, zu überleben und sich zu reproduzieren. Varianten entstehen durch Mutation.

Dabei können durchaus komplexe Muster entstehen, die sozusagen emergentes Verhalten aufweisen. Bereits Conway's Game of Life ist äquivalent zu einer universellen Turingmaschine, die offensichtlich nicht in die fundamentalen Regeln hineinimplementiert wurde. Damit resultiert sozusagen ein Zoo von Zivilisationen (die man bei Bedarf auch voneinander isolieren könnte).

Offen bleibt lediglich die Definition der Sinneswahrnehmung eines Individuums und die Frage, ob der Betreiber der Simulation überhaupt in der Lage ist, diese zu erkennen und zu verstehen.
 

Wolverine79

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Im Wiki-Artikel zu dieser Hypthoese (https://de.wikipedia.org/wiki/Simulationshypothese) wird gesagt, dass man davon ausgehen könne, dass jede Simulation, so gut sie auch sein mag, Schwachstellen haben muss und man diese Schwachstellen durch präzise Messungen evtl. aufdecken könnte.
Aus dem Wikipedia-Artikel: "Bisherige Resultate deuten auf solche Abweichungen hin. Man fand eine Anisotropie in der Verteilung ultra-hoher energiereicher kosmischer Strahlung".

Ist da was dran? Und kann jemand bitte laienverständlich beschreiben, was genau da gefunden wurde? Bei der Erklärung von Wikipedia bin ich nicht ganz durchgestiegen (zu viele Fachbegriffe).
 

Bynaus

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Das generelle Problem der "Schwachstellen"-Argumentation ist, dass wir das Universum nicht wirklich verstehen. Wir wissen also quasi nicht, ob eine seltsame Beobachtung ein Bug oder ein Feature ist. Zu einer Zeit, als man dachte, die Erde sei eine Scheibe, hätte man vielleicht am Horizont verschwindende Schiffe als "Schwachstelle" identifiziert. Das Universum könnte z.B. auch dann Raumeinheiten enthalten, wenn es keine Simulation ist. Das wäre also nur eine (vermutlich) notwendige, aber nicht hinreichende Eigenschaft einer Simulation.
 

FrankSpecht

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Das generelle Problem der "Schwachstellen"-Argumentation ist, dass wir
die Instanzen, die eine uns vertraute Realität schaffen können, in immer höheren Dimensionen positionieren müssen.

Ich denke, dass wir Menschen mit den 4 Raumzeitdimensionen bereits überfordert sind (siehe die Kritik an der Relativitätstheorie).

Wir können diese Frage, ob wir Teil einer Simulation sind, nur nach oben offen beantworten: Ja, wir sind Bestandteil, aber wovon ist der Simulierende Bestandteil?
Irgendwo müsste es einen Ursprung der Simulation geben, die keiner weiteren Ursprünglichkeit bedarf.
 

Alex74

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Die Hinweise deuten eigentlich eher gegen eine Simulation, zumindest von einer Simulation die die Welt so wie ist ist bereits als Startpunkt hatte;

Zum einen sind die Parameter der Natur und allem was wir beobachten derartig, dass sie eine Geschichte haben - und zwar eine Geschichte, die unglaublich exakt zusammenpasst. Von der Frage wie Sterne, Planeten und Gebirge entstehen (deren Umstände und Messwerte daraus alle hervorragend zusammenpassen) bis hin zur Frage der Evolution.
Also entweder hat jemand diese simulierte Welt von 0 an exakt so planen können dass er sich sicher war dass dieses Universum nicht nur eine Weile existieren kann, sondern auch dass es stabile Umgebungen für Leben und dann auch noch Leben, und sogar intelligentes generiert. Oder er war so genial eine fertige Welt so zu konstruieren dass er sich die Umweltparameter die wir messen können so exakt hat zurechtlegen können dass wir daraus eine (frei erfundene), völlig konsistente Geschichte ableiten können.

In beiden Fällen halte ich das Ausmaß der Intelligenz dieses Wesens für abartig. Und man merkt deutlich, dass es religiöse Züge trägt.

Nochmal für den Fall dass unsere Welt so schon als Simulation gestartet wurde, also mit Mensch, Natur und Katzen, so gibt es auch den Hinweis der Kreativität bezgl.der Lebewesen die hier leben.
Darin sind Menschen nämlich ziemlich beschissen - Wolpertinger, Zentauren und Yetis stellen der menschlichen Fantasie nun wirklich kein gutes Zeugnis aus. Nichts davon ist so originell wie ein Schnabeltier, ein Dinosaurier oder ein Huhn. Oder eine Katze.
Jemand, der so eine Welt simulieren will, hätte sicher ein ähnliches Problem, nicht unendlich kreativ sein zu können.

Es gibt noch einen weiteren Hinweis dass wir keine Simulation sind:

Der Unterschied zwischen Simulation und Wirklichkeit ist die Ebene, von der aus es aufgebaut wird.

Die Wirklichkeit baut sich von unten her auf: kleinste Teilchen haben gewisse Eigenschaften - diese Eigenschaften führen zu Wechselwirkungen, die wiederum größere Körper erschaffen, die wechselwirken, und diese Wechselwirkungskette lässt sich bis zu makroskopischen Objekten wie eben uns Menschen verfolgen.
Eine Simulation findet von oben herab statt. Wieso sollte sich ein Simulator die Mühe machen, eine solche Welt vom kleinsten auf zu definieren, was ja auch nur weitere Arbeit macht (siehe oben: nämlich das alles so arrangieren dass es funktioniert und eine Welt gebiert...). Lebewesen in einer simulierten Welt würden dagegen auf Ungereimtheiten stoßen, auf eine Ebene, in der es keine Wechselwirkung mehr gibt sondern Wirkung von außerhalb induziert wird.
Und diesen Fall gibt es nachweislich nicht - im Gegenteil, wir haben das Energieerhaltungsgesetz, in dem weder ein Gott noch ein Simulator Freiheiten hat. Die Welt erhält sich also selbst und braucht keine solche Erklärung wieso sie nun so funktioniert wie sie es tut.

Gruß Alex
 

Bynaus

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Man muss die Welt nicht erfinden um sie zu simulieren. Jedes gute Computerspiel simuliert die Welt doch auch, ohne dass der Spiel-Entwickler sich deswegen Dinge wie Dinosaurier (wenn diese im Spiel vorkommen ;) ) oder ähnlich einfallen lassen muss. Deshalb ist ja auch oft von "Ancestor-Simulations" die Rede: die machen nichts anderes, als die Welt der Vorfahren der Simulierer nachzustellen (vermutlich nach bestem Wissensstand).

Bei einer Simulation muss man auch nicht die Welt bis ins kleinste Detail simulieren (z.B., jedes Atom): die Datenmenge, die ein einzelnes Bewusststein aufnehmen kann, ist ohnehin begrenzt. Deshalb würde die Simulation wohl genau dort ansetzen: sie muss "nur" so gut sein, dass sie nicht der "Auflösung" der menschlichen Sinnesorgane scheitert.
 

Alex74

Registriertes Mitglied
An dem Punkt, an dem simulierte Wesen dann aber Apparate bauen die Experimente auf subatomarer Skala durchführen würde die Simulation aber Inkonsistenzen hervorbringen.
 
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