Was passiert mit einem Neutronenstern am Ende seiner Lebensdauer?

ralfkannenberg

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Interessant, die Sache mit den He-WDs in Neutronenstern-Paaren wusste ich nicht...
Hallo Bynaus,

Beispiele für Weiße Zwerge als Partnersterne von Millisekunden-Pulsaren sind B1855+09 mit einem Auskühlalter von 10 Milliarden Jahren, J2145-0750 mit einem Auskühlalter von 3.6 Milliarden Jahren, J0751+1807 mit einem Auskühlalter von knapp 0.8 Milliarden Jahren sowie J1012+5307 mit einem Auskühlalter von 0.3 Milliarden Jahren. Zwar dauert der Absaugprozess über 1 Milliarde Jahre, aber da der Weiße Zwerg erst am Ende dieser Absaugphase fertig gebildet ist, kann sein Auskühlalter auch kleiner sein. Der Weiße Zwerg von J2145-0750 ist ein mittelschwerer Weißer Zwerg, die drei anderen sind leichte Weiße Zwerge.


Im Jahre 2010 wurde ein Doppelstern entdeckt, der aus einem leichten und einem mittelschweren Weißen Zwerg besteht. Das Sternsystem heißt NLTT 11748 und von der Erde aus gesehen können sich beide Komponenten gegenseitig bedecken, so dass man ihre Durchmesser bestimmen konnte: der leichte Weiße Zwerg ist knapp fünfmal so groß wie die Erde, während der mittelschwere Weiße Zwerg, obgleich massereicher, nur geringfügig größer als die Erde ist.

Das hat übrigens zur Folge, dass man den leichten Weißen Zwerg deutlich besser beobachten kann als den mittelschweren, aber eben viel kleineren Weißen Zwerg, obgleich dieser fast 0.8 Sonnenmassen hat, während der leichte nur knapp 0.2 Sonnenmassen hat.


Freundliche Grüsse, Ralf


P.S. Ja, den Text habe ich aus dem Jugendforum Mithila, Sternenhimmel Februar 2011 abgekupfert, aber das darf ich, denn ich bin der Autor besagten Monatsthemas.
 
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Bernhard

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Energie ist nicht gleich Temperatur.
Dieser Satz ist für sich alleine ziemlicher Unsinn, weil das bei idealen Gasen eben genau so ist (E = 3/2*k*T). Wesentlich ist vielmehr, dass ein NS eben nicht mehr durch ein ideales Gas beschrieben wird, sondern wie ein ideales Fermigas. Man müsste sich jetzt mal die Spektren von NS ansehen. Dann könnte man über das wiensche Verschiebungsgesetz wieder Temperaturen zuordnen:

EDIT: Siehe dazu: Blatt 13 einer Präsentation. Ein Maximum von knapp 300 eV entspricht einer Temperatur von ca. 1 Mio. Kelvin. Würde man den Wärmeinhalt des Neutronensterns bei dieser Temperatur kennen, könnte man über die absolute Leuchtkraft auch eine Auskühlkurve bestimmen.
 
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ralfkannenberg

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da Ralfs erste Referenz nicht mehr im www erhältlich ist, habe ich neu gesucht
Hallo Bernhard,

das ist aber äusserst bedauerlich. Da diese Arbeit frei erhältlich war, habe ich mir nie die Mühe gemacht, sie sicherzustellen; vermutlich hatte ich sie zwar lokal auf meinem Büro-Rechner abgespeichert, doch wurde der seitdem zweimal ausgetauscht und somit ist auch mein Download weg.

Schade - das war eine der besten Beschreibungen dieses Kapitels, die ich kannte, und enthielt auch zahlreiche Formeln. Ich habe nun herumgegooglet, kann die Arbeit aber im Netz nicht finden. Das wäre auch ein jederzeit Lehrbuch der 100 Euro-Klasse wert.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Bernhard

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das ist aber äusserst bedauerlich.
Hallo Ralf,

ich habe gestern auch per Suchmaschine gesucht aber nichts gefunden. Es könnte also sein, dass der Autor entweder mittlerweile emeritiert ist (was ja durchaus mal vorkommen kann) oder die Texte für ein Lehrbuch o.ä selbst verwenden will. So muss man sich halt mit Alternativen behelfen.
MfG
 

Bernhard

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Nur eine Frage stellt sich mir: es muss doch möglich sein, dass ein absorbierender Neutronenstern genügend Masse aufnimmt, um zu einem Schwarzen Loch zu werden, nicht?
Dazu hatte Galileo im AC-Forum mal geschrieben, dass NS keine Materie akkretieren, weil die Materie vor dem Erreichen der Oberfläche oder dort (?) durch irgendwelche kernphysikalischen Prozesse "verarbeitet" und wieder abgestrahlt wird. Ich habe mir das in der Art von kleineren Nova-Explosionen gemerkt. Genauer bekomme ich es momentan leider nicht hin.

Was es im www so alles gibt :) . Danke für's Suchen.
MfG
 

ralfkannenberg

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Dazu hatte Galileo im AC-Forum mal geschrieben, dass NS keine Materie akkretieren, weil die Materie vor dem Erreichen der Oberfläche oder dort (?) durch irgendwelche kernphysikalischen Prozesse "verarbeitet" und wieder abgestrahlt wird.
Hallo Bernhard,

das muss etwas anderes gewesen sein, denn wenn dem so wäre, so gäbe es keine Millisekundenpulsare.

Was Du meinst sind vermutlich hochenergetische geladene Teilchen der kosmischen Strahlung, die wie Solkar damals festgestellt hatte nicht den Neutronenstern erreichen können und somit dort auch keine Mini-Schwarzen Löcher erzeugen können, was das "astronomische Argument" widerlegt hätte.

Hier ist es aber so, dass Neutronensterne genügend oft in Doppelsternsystemen vorkommen, und beim Durchfliegen dieser Partnersterne verlieren sie ihre Ladung und bleiben dann in Neutronensternen stecken.

Irgend so etwas; das wurde hier und ein Jahr zuvor auch hier diskutiert.

Ich erinnere mich deswegen so gut daran, weil ich wegen dieser Antwort von mir damals die 1.Stunde meiner Kirchenchorprobe in Basel verpasst habe; leider hatte ich bei meiner Antwort allerdings nicht bedacht, dass es mit Hilfe der Partnersterne auch leichter und vor allen Dingen roboster geht.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

TomS

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Ich bin mir mit der Schwarzkörperstrahlung nicht sicher. Ein "idealer" Neutronenstern kann keine Schwarzkörperstrahlung abgeben, da in ihm keine elektromagnetische Wechselwirkung vorliegt.
 

Bernhard

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Ein "idealer" Neutronenstern kann keine Schwarzkörperstrahlung abgeben, da in ihm keine elektromagnetische Wechselwirkung vorliegt.
Hallo Tom,

ich erkläre mir den Entstehungsprozess der Schwarzkörperstrahlung momentan durch Übergänge von Neutronen von höherenergetischen zu niederenergetischen Zuständen. Über die Besetzungszahlen dieser Zustände kann man auch eine Temperatur berechnen, allerdings gibt es ja schon die verlinkten Messungen der Schwarzkörperstrahlung.

Zusätzlich kann man sich auch fragen, welches Spektrum das sichtbare Licht von NS hat und man wird hier ja hoffentlich nicht auch noch anzweifeln, dass NS über mehr als ein Jahr elektromagnetische Strahlung von sich geben. Und irgendeinen Grund für diese Strahlung müsste es eigentlich auch geben.
MfG
 
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Herr Senf

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Bernhard schrieb:
Dazu hatte Galileo im AC-Forum mal geschrieben, dass NS keine Materie akkretieren, weil die Materie vor dem Erreichen der Oberfläche oder dort (?) durch irgendwelche kernphysikalischen Prozesse "verarbeitet" und wieder abgestrahlt wird. Ich habe mir das in der Art von kleineren Nova-Explosionen gemerkt. Genauer bekomme ich es momentan leider nicht hin.

auf Anfrage von Bynaus: "es muss doch möglich sein, dass ein absorbierender Neutronenstern genügend Masse aufnimmt, um zu einem Schwarzen Loch zu werden, nicht?"
Wir beobachten "einsame" Neutronensterne in der quasistationären Neutrino- oder späteren Photonenabkühlungsphase, hier können sie nicht akkretieren.
Dieser Prozess dauert > 100.000 Jahre, es sind dann noch keine "idealen" Neutronensterne, wären die überhaupt beobachtbar?
Die Effekte an der Oberfläche, in der Atmosphäre oder im Magnetfeld verhindern das und machen den Neutronenstern durch das "Restematerial" erst sichtbar.
NS des Typs "Propeller" mit geringer Rotation sind nicht beobachtbar, weil sie nicht Ejektieren, sind aber schnell genug, um im Magnetfeld nicht zu Akkretieren.
Röntgenpulsare mit geringerer Rotation sind "Akkretore", aber nur in den beiden > 10 Mio Grad heißen Flecken an den Polen mit nur 100 m Durchmesser.
Ich meine, daß es bei Einzelgängern nicht zum SL reicht, bestünde die unbekannte Kernzone aber aus Pionen/Kaonen, gäbe es einen sekundären Kernkollaps.

Meine Frage wäre dann, bleibt der nach außen unbemerkt? Es würde sich ein SL im NS verstecken, oder wird der NS instabil und bricht zusammen?
Ich würde also sagen, daß ein schwarzes Loch nur in einem Mehrfachsystem durch Verschmelzen der Komponenten entstehen kann.

Grüße Senf
 
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TomS

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ich erkläre mir den Entstehungsprozess der Schwarzkörperstrahlung momentan durch Übergänge von Neutronen von höherenergetischen zu niederenergetischen Zuständen. Über die Besetzungszahlen dieser Zustände kann man auch eine Temperatur berechnen, allerdings gibt es ja schon die verlinkten Messungen der Schwarzkörperstrahlung.
In was für einem Potential sollen diese Zustände existieren? Nochmal, ohne el.-mag. WW kann keine el.-mag. Strahlung entstehen; also müssen die Neutronen bzgl. Betazerfall instabil sein oder es müssen virtuelle Zwischenzustände entstehen.
 

Bernhard

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In was für einem Potential sollen diese Zustände existieren?
Zuerst mal natürlich im Gravitationspotential des NS.
ohne el.-mag. WW kann keine el.-mag. Strahlung entstehen
Die Neutronen könnten überschüssige Bewegungsenergie durch elastische Stöße an die Elektronen der äußeren Kruste abgeben. Diese Elektronen könnten dann diese Energie in Form vom Bremsstrahlung an die Umgebung abgeben.
 
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Bernhard

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Dieser Prozess dauert > 100.000 Jahre
Woher stammt diese Zahl?

Sollte ein isolierter NS in dieser Zeitspanne auf die Temperatur des Universums (2,7 K) abkühlen (mit 0 K kann ich mich irgendwie so gar nicht anfreunden), würde das bedeuten, dass ein sichtbarer NS mit einem Alter im Bereich von Milliarden Jahren (Millisekundenpulsare) durch das Absaugen von Materie von seinem Begleitstern auch immer wieder neu aufgeheizt wird.
MfG
 

Herr Senf

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Woher stammt diese Zahl?
Ich lese ab und an auch im ru.wiki nach, steht häufig mehr drin als woanders, außerdem gibt's links auf russische Fachzeitschriften.
Also die "Zahl" stammt von Potekhin Dez. 2010 UFN 180 Nr.12 S. 1279-1304 http://ufn.ru/ufn10/ufn10_12/Russian/r1012b.pdf

Der Übersicht halber: bekannt sind ~ 2.000 NS, davon 90% isolierte, geschätzt werden in der Milchstraße 10^8 bis 10^9, einer auf 1.000 Sterne.
Von den isolierten können wir nur die "jungen" sehen, solange sie wechselwirken - optisch wird etwa 0,003% der Energie abgestrahlt abs 10mag.

Auf S.1279 im Pkt.7.1 unten schreibt Potekhin zum Abkühlungsverlauf
1. Neutrinophase mit einer Dauer von ~ 100.000 Jahren, erlöschen der Neutrinoproduktion
2. danach dominiert die Photonenabkühlung (aber wie lange?), auf S.1299 oben ist das Diagramm mit "log t"

Wegen der ja unbekannten Zustandsgleichung ist mMn ab 100.000 Jahre etwas Rätselraten bei den isolierten NS angesagt.
In Mehrfachsystemen haben wir Akkretion und der Neutronenstern wird von außen in Gang gehalten, bleibt über längeren Zeitraum sichtbar.

Grüße Senf
 

Bernhard

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Hallo Herr Senf,

Ich lese ab und an auch im ru.wiki nach, steht häufig mehr drin als woanders, außerdem gibt's links auf russische Fachzeitschriften.
Also die "Zahl" stammt von Potekhin Dez. 2010 UFN 180 Nr.12 S. 1279-1304 http://ufn.ru/ufn10/ufn10_12/Russian/r1012b.pdf
die Arbeit sieht ziemlich gut strukturiert aus. Sie wäre damit als Übersichtsarbeit glänzend geeignet, wenn denn die Sprache eine andere wäre :eek: . Trotzdem Danke für diese schöne Arbeit.

2. danach dominiert die Photonenabkühlung (aber wie lange?), auf S.1299 oben ist das Diagramm mit "log t"
Referenz 208 ist aus dem Jahr 2008. Es handelt sich scheinbar also um relativ neue Ergebnisse?

Wegen der ja unbekannten Zustandsgleichung ist mMn ab 100.000 Jahre etwas Rätselraten bei den isolierten NS angesagt.
Man findet im www Vorlesungsskripte zur Thermodynamik idealer und entarteter Fermi-Gase. Beim idealen Elektronengas hat man scheinbar wieder Formeln, wie bei einem idealen Gas, wie z.B. E = 3/2 N*k*T. Leider sind die detaillierteren Fragen allesamt wohl kaum noch nebenher zu beantworten, aber immerhin haben wir uns bis zur eigentlichen Theorie vorgearbeitet.
MfG
 

TomS

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Die Neutronen könnten überschüssige Bewegungsenergie durch elastische Stöße an die Elektronen der äußeren Kruste abgeben. Diese Elektronen könnten dann diese Energie in Form vom Bremsstrahlung an die Umgebung abgeben.
wenn Elektronen vorhanden sind, handelt es sich nicht mehr um einen "idealen" Neutronenstern; und eine elastische Elektron-Neutron-Streuung verläuft natürlich auch über die el.-mag. WW.
 

Herr Senf

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Ich auch noch:

ein idealer oder purer NS hat ~0,7 Sonnenmassen und ~9 km Radius, für den kann man eine Zustandsgleichung rechnen.
Die beobachtbaren isolierten aktiven NS mit ~1,4 Sonnenmassen sind nicht berechenbarer Mischmasch.
Pure nicht aktive NS sind von der Bildfläche weg wie SL, entweder Schatten finden oder Microlensing nach ART.

Grüße Senf
 
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