Frage zu Alter und Größe des Universums

pgzh

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Hallo zusammen,

vor kurzem habe ich auf N24 eine Dokumentation gesehen, in der die Größe und das Alter des Universums zur Sprache kamen. Meiner Meinung nach passten die genannten Zahlen einfach nicht zueinander bzw. widersprachen sich. Als ich die Zahlen im Internet nachschaute, fand ich dieselben scheinbar widersprüchlichen Werte. Eine Erklärung, wie der Widerspruch aufzulösen ist, konnte ich aber leider nicht finden.
Folgende Daten wurden genannt:

1. Das Alter des Universums soll ca. 14 Mrd. Jahre betragen.
2. Die Größe des Universums soll ca. 45 Mrd. Lichtjahre (Radius) betragen.
Quelle hierfür: http://de.wikipedia.org/wiki/Universum

Wie kommt man auf diese Zahlen, denn (für mich) stehen diese Aussagen in folgendem Widerspruch zueinander:
Geht man davon aus, dass das Universum bei seiner Entstehung auf einen sehr kleinen Raum begrenzt war (sagen wir vereinfachend einfach 0 Lichtjahre), hätte es sich, wenn es 14 Mrd. Jahre alt ist, bis heute auf maximal 14 Mrd. Lichtjahre (Durchmesser, also Radius nur 7 Mrd. Lichtjahre) ausdehenen können, da sich sonst das Universum schneller als das Licht ausgedehnt hätte.
Andererseits müsste das Universum 45 Mrd. Jahre alt sein, wenn es sich exakt mit Lichtgeschwindigkeit ausdehenen würde.

Da sich nichts schneller als das Licht bewegen kann, hieße das im Umkehrschluss, dass wenn beide Aussagen zutreffen sollen, das Universum bei seiner Entstehung bereits einen Radius von mindestens 31 Mrd. Lichtjahren gehabt haben müsste. Allerdings soll das Universum beim Urknall extrem dicht mit Materie gefüllt gewesen sein, sodass extreme Temperaturen dadurch entstanden. Würde man das heutige Universum um grob ein Viertel verkleinern, wäre der Abstand zwischen Sternen und Galaxien immer noch so groß, dass man nicht von extrem dichter oder gar zusammenhängender Materie sprechen könnte.
Außerdem ist es für uns schlichtweg unmöglich, irgendetwas zu sehen, was mehr als 14 Mrd. Lichtjahre von uns entfernt ist - wie will man Aussagen über einen möglichen Raum treffen, der weiter von uns entfernt ist?

Wie passen die beiden Aussagen zusammen? Woran habe ich nicht gedacht?

Gruß,
Peter
 
Zuletzt bearbeitet:

Kibo

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Hallo pgzh und willkommen im Forum,

Nach dem Standard-Modell, ist das Universum unendlich groß, wir können aber nur einen Teil davon Wahrnehmen. Das Universum selber dehnt sich nicht in einem Raum aus, sondern ist selber der Raum, das bedeutet, es ist selber nicht auf die Lichtgeschwindigkeit begrenzt. Hinzu kommt, dass das Universum momentan beschleunigt expandiert, das war aber nicht immer so, das hat einige Auswirkungen darauf wie weit was entfernt ist, das liest du am besten in Wikipedia und A.Müller nach.

mfg
 

SFF-TWRiker

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Hallo Peter, auch von mir ein herzliches Willkommen!

Ich möchte hinzufügen, dass in der berühmten Formel von Einstein E=mc² die Grenze der Lichtgeschwindigkeit eben für die ineinander verwandelbaren Energie und Materie gilt, aber eben nicht für Raum.
Du hast sicher schon von Sternen/Galaxien gelesen, die >13 Milliarden Lichtjahre entfernt sind. Diese Entfernungsangaben gelten für den Zeitpunkt der Aussendung des Lichts. Der Raum zwischen uns und diesen Objekten hat sich in der Zwischenzeit weiter ca mit c ausgedehnt und zwar durchschnittlich mit dem Hubble-Perimeter (Konstante ist ein falscher Begriff, der leider meistens benutzt wird) von ca 70 km/s pro MegaParsec ~ 3,26 Millionen Lichjahren. Das bedeutet, nach und nach wird ein immer größerer Teil des Universums aufgrund der wachsenden Ausdehnung und c aus jedem Blickwinkel des Universums unsichtbar werden (es gibt keinen räumlich privilegierten Punkt im Universum).

Ich hoffe, für die Kopfschmerzen ist genug Aspirin im Haus.
Weiterhin interessante Fragen!

MfG
 

Bynaus

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Wie erwähnt, können wir uns bei Grössenangaben nur auf das "sichtbare" Universum beziehen. Das wahre Universum dahinter könnte auch unendlich gross sein.

Der Rand des sichtbaren Universums ist heute mehr als 13.7 Mrd Lichtjahre entfernt, weil sich das Universum seit der Aussendung dieses Lichtes ausgedehnt hat. Eine Galaxie, deren Licht uns heute erreicht, ist deshalb heute weiter entfernt als Lichtlaufzeit * Lichtgeschwindigkeit vermuten lässt. Dem wäre nur so, wenn das Universum statisch wäre bzw. die Expansionsbewegung vernachlässigbar klein gegenüber der Distanz (wie das z.B. bei Sternen der Fall ist).

Es gibt zudem keinen Grund, warum das Universum sich, über grosse Distanzen addiert, nicht mit Überlichtgeschwindigkeit ausdehen könnte. Die Hubble-Konstante von 70 km/s pro Megaparsec (oben erwähnt) addiert sich über ~14 Mrd Lichtjahre auf eine totale Relativgeschwindigkeit > c. Das ist kein Problem, denn es ist ja keine Bewegung DURCH den Raum, sondern eine Bewegung, die durch die Raumausdehnung selbst zustande kommt.
 

Herr Senf

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Hallo Bynaus, das ist mir zu "mißverständlich erklärt" .
Der Rand des sichtbaren Universums ist heute mehr als 13.7 Mrd Lichtjahre entfernt, weil sich das Universum seit der Aussendung dieses Lichtes ausgedehnt hat.
Es ist der Hubble-Radius 14,2 Mrd Lichtjahre entfernt, dort beträgt die Zurückweichgeschwindigkeit der Galaxien Vz=c, also Lichtgeschwindigkeit, Rotverschiebung ist z=1,46.
Die Rotverschiebung der Hintergrundstrahlung "von vor" 13,7 Mrd jahren ist z=1089, die Geschwindigkeit gegenüber dem Bezug CMB ist etwa 370 km/s.
Der Beobachtungshorizont ist etwa 47 Mrd Lichtjahre entfernt und gibt an, wie weit die Objekte heute maximal sind, deren Licht uns heute noch erreichen kann.
Die Hubble-Konstante von 70 km/s pro Megaparsec ... addiert sich über ~14 Mrd Lichtjahre auf eine totale Relativgeschwindigkeit > c
Der Begriff "Relativgeschwindigkeit" ist die Konvention für die Bewegung von Objekten im momentanen (stillstehenden) Raum - also ein "Schnappschuß".
Gemeint war die Zunahme der räumlichen Ausdehnung des Universums, die ist über die Zunahme der Entfernung weit voneinander entfernter Objekte im Raum definiert, ist aber keine Geschwindigkeit im üblichen Verständnis, sondern eine Expansionsrate "pro". Diese "Raumausdehnungsgeschwindigkeit Vz" führt auch bei Vz>c zu keinen relativistischen Effekten wie die Relativgeschwindigkeit Vr zwischen Objekten bei Vr~c. Bei großen Entfernungen, also großen Vz ist immer Vr<<Vz und läßt sich praktisch im Gegensatz zum Bezug CMB zwischen zwei Objekten nicht bestimmen, weil sie nur einige 100 oder 1000 km/s erreicht.

Grüße Senf
 

julian apostata

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Okay ich rechne mal mit dem aktuellen Wert der Planck-Mission.

H=67,11 km/s/Megaparsec=6,8634*10^-11/Jahr

Für den Hubblekradius gilt dann c/r=H ergo

r=c/H=c/(6,8634*10^-11/Jahr)=14,57 Mrd Lichtjahre.

Eine ganz einfache Rechnung also, wenn man diese vollkommen überflüssigen Längeneinheiten km und parsec aus dem Hubbleparameter raus kürzt.

Nach den Gleichungen, die ich hier präsentiert habe, ist das letzte Wort allerdings noch nicht gesprochen.

http://astronews.com/forum/showthread.php?6100-Dunkle-Energie-kosmologische-Konstante

Aus (6) geht hervor dass dieser Radius sich noch bis

c/(5,6701*10^-11/Jahr)= 17,64 Mrd Lichtjahre

ausweitet.

Irgendwo dazwischen liegt also dann der “Rand der Erkenntnis”.
 

pgzh

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Zuerst einmal möchte ich mich für die freundliche Begrüßung hier im Forum und die fülle an Information, die ich als Antwort auf meine Frage bekommen habe, herzlichst bedanken!

Da ich kein Physiker bin und mich für Astronomie und -physik nur "nebenbei" Interessiere, sind folgende neue Fragen aufgekommen:

Es ist der Hubble-Radius 14,2 Mrd Lichtjahre entfernt, dort beträgt die Zurückweichgeschwindigkeit der Galaxien Vz=c, also Lichtgeschwindigkeit, Rotverschiebung ist z=1,46
Was genau bezeichnet die "Zurückweichgeschwindigkeit der Galaxien" und auf welchen Ort bezieht sich diese Geschwindigkeit?



Nach den Gleichungen, die ich hier präsentiert habe, ist das letzte Wort allerdings noch nicht gesprochen.

http://astronews.com/forum/showthread.php?6100-Dunkle-Energie-kosmologische-Konstante

Aus (6) geht hervor dass dieser Radius sich noch bis

c/(5,6701*10^-11/Jahr)= 17,64 Mrd Lichtjahre

ausweitet.

Irgendwo dazwischen liegt also dann der “Rand der Erkenntnis”.
Müsste der Hubbleradius nicht um die Ausdehnung des Raumes über 14-17 Lichtjahre korrigiert werden?
Falls ich jetzt nicht wieder einen Denkfehler begehe, ist die Grundaussage aller bisherigen Antworten ja, dass wir Licht, das vor rund 14 Mrd. Jahren an der (von der Erde aus gesehenen) Sichtbarkeitsgrenze des Universums beobachten können, dessen Quelle mittlerweile aber rund 45 Mrd. Lichtjahre von uns entfernt ist.
Anders herum verstehe ich die theoretische Obergrenze so, dass wir niemals Licht oder elektromagnetische Wellen empfangen können, die jetzt in einer Entfernung von mehr als rund 17 Mrd. Lichtjahren ausgesandt werden, da sich das Universum weiter ausbreitet und diese Ausbreitung dann nach 17 Mrd. Jahren dafür gesorgt hat, dass dieses Licht noch eine gegen unendlich gehende Restentfernung zu uns hat.
Ich hoffe die Sache wenigstens halbwegs verständlich erklärt zu haben.
 

julian apostata

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Müsste der Hubbleradius nicht um die Ausdehnung des Raumes über 14-17 Lichtjahre korrigiert werden?

Die Sache ist ganz einfach.

Hubbleradius=Lichtgeschwindigkeit/Hubbleparameter.

Und eigentlich beantwortet die erste Gleichung die ich hier präsentiert habe, schon alle Fragen.

http://astronews.com/forum/showthread.php?6100-Dunkle-Energie-kosmologische-Konstante

Da aber das Astronewsforum keine Uni ist und viele mit Mathe nix anfangen können hab ich mir vor 5 Jahren mal erlaubt, die Gleichung als Animation um zu setzen.

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/f/f3/Urknall2.gif

(auch hier zu sehen)

http://de.wikipedia.org/wiki/Diskussion:Hubble-Konstante

Unsere Galaxie befindet sich in der Mitte des roten Kreises. (man könnte ebenso jede andere Galaxie dort hin versetzen.

“Gebremste Expansion” hab ich rot geschrieben. Ein Autofahrer sieht also eine rote Ampel und bremst zunächst.

“Beschleunigte Expansion” hab ich grün (grüne Ampel) geschrieben.

Der Hubbleradius ist der wachsende rote Kreis. In der Animation hat er zusätzlich noch die Funktion eines Tachos.

Objekte die genau auf dem Kreis liegen bewegen sich mit c von uns weg.

Objekte mit doppelter Kreisradiusentfernung bewegen sich mit 2*c von uns weg.

Objekte mit halber Kreisradiusentfernung bewegen sich mit c/2 von uns weg.

Da der Kreisradius sich jedoch noch ein wenig ausweitet, können noch Objekte außerhalb des Kreises ins Kreisinnere gelangen und damit auch noch das Licht dieser Objekte.

Allerdings strebt dieser Radius einem Grenzwert entgegen. Und zwar

Lichtgeschwindigkeit/Omega

Wie ganz klar aus Gleichung (6) hervor geht.

Soweit klar?
 

Dgoe

Gesperrt
Hi Julian,

Chapeau, sehr anschaulich! Wirklich sehr interessant, besonders weil man optisch überhaupt nicht den Eindruck gewinnt, dass sich zwischenzeitlich die Expansion beschleunigt hat.

Gruß,
Dgoe
 

julian apostata

Registriertes Mitglied
Da der Kreisradius sich jedoch noch ein wenig ausweitet, können noch Objekte außerhalb des Kreises ins Kreisinnere gelangen und damit auch noch das Licht dieser Objekte.

Ich seh grad, obiger Satz ist natürlich Quatsch. Nicht die Objekte selbst können noch ins Kreisinnere gelangen, wohl aber noch das Licht, was von ihnen ausgeht.

Das wird klar, wenn man sich die Geschwindigkeit ansieht, mit der sich der Hubbleradius vergrößert.

Die beträgt nämlich: 1,5*c*(Parameter der anziehenden Masse)=1,5*c*0,3175=0.47625*c

besonders weil man optisch überhaupt nicht den Eindruck gewinnt, dass sich zwischenzeitlich die Expansion beschleunigt hat

Deswegen hab ich die Animation so gestaltet, dass dem Hubbleradius die Funktion eines Tachos zukommt.

Schaust du die äußeren Objekte an. Die befinden sich zunächst weit außerhalb des Kreises, sind also deutlich schneller als c. Solange die Ampel rot ist, wandern sie zum Kreisradius hin, also Geschwindigkeit c.

Wird die Ampel wieder grün, gelangen sie wieder außerhalb des Kreises, also v>c.
 
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