Hallo SFF-TWRiker,
Für die Existenz von Leben ist wichtig, dass bei Molekülen effektive Energiebillanzen vorliegen und dass die chemischen Eigenschaften passen.
Völlig richtig. Die Stellung im Periodensystem ist wichtig, weil sich daraus Ableitungen für den Atombau ergeben. Grundsätzlich gilt, dass Makromoleküle, die als Biokatalysatoren geeignet sind, nicht mit Metallbindungen oder Ionenbindungen zu bekommen sind. Diese beiden Bindungsarten führen zu Kristallen, die dreidimensional wachsen, indem Gitterpositionen mit Ionen besetzt werden. Notwendig ist jedoch ein lineares Wachstum, um ggf. Seitengruppen mit unterschiedlichen chemischen Eigenschaften integrieren zu können. Das ist wichtig, damit enzymatische Aktivitäten ablaufen können, die den Stoffwechsel ermöglichen und in Gang halten.
Lineares Wachstum ist jedoch nur zu bekommen, wenn Atombindungen auftreten. Atombindungen wiederum entstehen, wenn Nichtmetalle sich mit Nichtmetallen über Elektronenpaare miteinander verbinden. Die Details zu Oktettregel und Edelgaskonfiguration lasse ich hier mal weg. Jedenfalls ergibt sich aus der Stellung im Periodensystem, wie stark der Metallcharakter eines Elements ist. Generell gilt, dass der Metallcharakter von links (1. Hauptgruppe) nach rechts (8. Hauptgruppe) abnimmt und von oben (1. bzw. 2. Periode) nach unten (3. bis 7. Periode) zunimmt. Die Elemente der Nebengruppen sind durchweg Metalle und scheiden daher als Grundlage für eine Biochemie komplett aus. Zur Auswahl stehen also Elemente, die möglichst weit rechts und möglichst weit oben im Periodensystem stehen.
Das allein reicht jedoch nicht aus. Wichtig ist zudem die Auswahl an Bindungsmöglichkeiten. Diese ergeben sich aus der Anzahl der Außenelektronen. Die Zahl der Hauptgruppe entspricht der Anzahl der Elektronen auf der äußersten Elektronenschale. Für die Elemente der 2. Periode ergibt sich folglich:
Lithium = 1 Außenelektron (Lithium ist ein Metall)
Beryllium = 2 Außenelektronen (Beryllium ist ein Halbmetall)
Bor = 3 Außenelektronen (Bor ist ein Halbmetall)
Kohlenstoff = 4 Außenelektronen (Kohlenstoff ist ein Nichtmetall)
Stickstoff = 5 Außenelektronen (Stickstoff ist ein Nichtmetall)
Sauerstoff = 6 Außenelektronen (Sauerstoff ist ein Nichtmetall)
Fluor = 7 Außenelektronen (Fluor ist ein Nichtmetall)
Neon = 8 Außenelektronen (Neon ist ein Edelgas)
Bei Edelgasen ist die Außenschale komplett mit Elektronen gefüllt, so dass sie keinerlei chemische Bindungen eingehen können (Nur mit speziellen chemischen Tricks und nur mit Fluor konnte das bisher im Labor mit Krypton und Xenon gelingen, aber von Natur aus eben nicht.). Elemente mit wenigen Außenelektronen sind eher bereit, Elektronen abzugeben, wenn sie eine Bindung eingehen. Also neigen Lithium, Beryllium und Bor eher zur Elektronenabgabe, so dass dann Ionen (Atomrümpfe) entstehen, die wegen der Unterzahl an Elektronen positiv geladen sind. Man findet diese Elemente daher bevorzugt in Ionenbindungen (z.B. Salze).
Elemente mit vielen Außenelektronen neigen dazu, weitere Elektronen aufzunehmen, um ihre Außenschale auf 8 Elektronen aufzufüllen. Dieses Bestreben, weitere Elektronen anzuziehen, wird als Elektronegativität bezeichnet. Fluor besitzt mit dem Wert 4,0 die größte Elektronegativität und ist daher besonders reaktiv. Fluor und die sich nach unten anschließenden Halogene (Salzbildner) Chlor, Brom und Iod bindet sich daher besonders mit Elementen, die zur Elektronenabgabe neigen, also insbesondere Alkalimetalle (Lithium, Natrium, Kalium, Rubidium und Cäsium) sowie Erdalkalimetalle (Beryllium, Magnesium, Calcium, Strontium und Barium). Aufgrund dieser Affinität scheiden die Halogene als Grundlage einer Biochemie ebenfalls komplett aus.
Aber auch die Elemente der 6. Hauptgruppe Sauerstoff, Schwefel, Selen und Tellur besitzen ihren Namen Chalkogene (Erzbildner) nicht umsonst. Sie bilden ebenfalls bevorzugt mit Metallen der ersten beiden Hauptgruppen Verbindungen auf Ionenbasis. Somit verbleiben noch die Hauptgruppen 3 bis 5 und die obersten beiden Perioden 2 und 3, um für eine funktionierende Biochemie geeignete Elemente bereitzustellen. In der 3. Hauptgruppe befindet sich dort Bor und Aluminium. Bor als Halbmetall neigt dazu, sich eher mit seinesgleichen oder aber mit Halogenen und Chalkogenen zu verbinden. Immerhin gibt es aber mit Borazenen einige interessante Verbindungen, die komplexer sind als das, was das darunter stehende Aluminium hervorbringen kann. Aluminium als Metall scheidet von vornherein aus.
In der 4. Hauptgruppe haben wir Kohlenstoff und Silizium. Dass Kohlenstoff geeignet ist, wissen wir ohnehin, aber warum läuft es dem Silizium den Rang ab, obwohl es doch auf der Erdoberfläche erheblich mehr Silizium als Kohlenstoff gibt? Silizium hat aufgrund seines Atombaus erhebliche Nachteile. Es verfügt über eine weitere voll besetzte Elektronenschale, so dass der Atomradius größer ist als der von Kohlenstoff. Das verhindert wirksam die Bildung von Doppelbindungen oder Dreifachbindungen mit sich selbst, weil sich die vorhandenen Elektronenorbitale nicht wie beim Kohlenstoff überlagern können. Damit entfallen eine Reihe von Reaktionsmöglichkeiten, weil solche Mehrfachbindungen zugleich energiereich sind. Bindungen mit Silizium sind folglich stets Einfachbindungen. Das hat wiederum Folgen für die Bindung mit Sauerstoff. Da es nur Einfachbindungen gibt, muss sich Silizium mit vier Sauerstoffatomen verbinden, um seine Außenschale zu komplettieren. Sauerstoff kann jedoch stets zwei Elektronen aufnehmen, muss sich folglich mit einem weiteren Siliziumatom verbinden, das wiederum mit vier Sauerstoffatomen verbunden ist usw. Das Resultat ist ein Kristallgitter, wo beliebig viele SiO4-Tetraeder diamantähnlich angeordnet sind.
Aus diesem Grund ist Quarz fest, hart und wasserunlöslich. Das wiederum ist schlecht für eine Biochemie, weil Silizium als Oxid für weitere Syntheseprozesse nicht mehr verfügbar ist. Hinzu kommt, dass die Bindungsaffinität zu Sauerstoff erheblich größer ist als zu anderen Nichtmetallen. Falls bei der Planetenentstehung größere Mengen an Silan vorhanden gewesen sein sollten, so würden sie binnen kurzer Zeit mit Wasser zu Quarz bzw. Kieselsäure und Wasserstoff reagieren. Aus diesen Gründen scheidet Silizium als Baustoff für Polymere aus.
In der 5. Hauptgruppe befinden sich Stickstoff und Phosphor, die in den Makromolekülen, aber auch als Energiequelle in die Biochemie integriert werden. Die beiden Elemente der 6. Hauptgruppe, Sauerstoff und Schwefel, werden ebenfalls als Baustoff für die Herstellung von Makromolekülen, aber auch für reaktive Seitengruppen in Biokatalysatoren verwendet. (Beispiel: Di-Sulfid-Brücken in Proteinen mit Hilfe der Aminosäure Cystein, die eine SH-Seitengruppe aufweist) Alles andere, also Halogene (insbesondere Chlor) und Metall-Ionen, haben die Funktion von Beiwerk, um z.B. Proteine spezifisch funktionieren zu lassen (in Gestalt prosthetischer Gruppen) oder andere chemische Prozesse zu kanalisieren (Sauerstofftransport, Photosynthese, Nervenerregungsweiterleitung u.a.), aber stellen nicht das materielle Fundament für Makromoleküle dar. Sie sind daher Spurenelemente bzw. Mikroelemente, aber eben keine Bioelemente. Aus rein chemischen Gründen ist die Auswahl auf Kohlenstoff, im Verbund mit Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff sowie Schwefel und Phosphor eingeschränkt. Auch auf anderen Planeten ist daher nichts anderes zu erwarten, egal für wie beschränkt man den sogenannten "Kohlenstoff-Chauvinismus" halten mag ...
Viele Grüße!