Hallo Dgoe,
wenn das mit den 400 Tonnen radioaktiv verseuchtem Wasser wahr ist, ...
...
... Jedenfalls bringt mir das nicht mehr, als das Gefühl, über den Tisch gezogen zu werden, wie schon bei manchen Atomkraftgegnern.
Die Aussage: 400 Tonnen radioaktiv verseuchtes Wasser ... Ist völlig nichtssagend und wie man an Deiner Reaktion deutlich erkennen kann, erfolgreich irreführend.
Die Wahrheit wirst Du bei solchen Pressemeldungen auch kaum finden, weil sie nicht in eine Schlagzeile passt und sich auch nicht in einem 20-Zeilenblock so vermitteln läßt, daß jeder lesefähige Laie sie begreift.
Um Dir ein ganz winzig kleines Fensterchen auf das Ausmaß der Insuffizienzen solch einer Meldung zu öffnen:
unter
http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/strlschv_2001/gesamt.pdf
findest Du auf Seite 100 in der Zeile für Jod131 (I-131) in der Spalte 5 die Angabe 2 Bq/g oder umgerechnet 2000 Bq/Liter unbeschränkte Freigabe.
Du könntest also im Extremfall Wasser, welches 4000 Bq/l I131 enthält, als verseucht bezeichnen.
Nach kurzer Suche habe ich einen Focus-Artikel gefunden, der wenigstens ein paar Angaben macht, die aber überhaupt nicht repräsentativ sein müssen zu Deinen obigen 400 Tonnen Wasser pro Tag. Bei diesem Wasser kann die Aktivitätskonzentration extrem weit drüber aber auch extrem weit drunter liegen und auch alles dazwischen – es ist also noch gar keine Aussage möglich.
April 2011
Am letzten Samstag meldete Tepco einen Messwert für Jod-131, der 7,5 Millionen mal höher war als die gesetzliche Höchstgrenze von 40 Becquerel (Bq) pro Liter und folglich circa 300 Millionen Becquerel pro Liter erreichte. Hundert Meter weiter südlich maß der Betreiber am vergangenen Montag noch eine Jodbelastung von rund 5000 Bq/Liter und rund 1500 Bq/Liter Cäsium 137. Der gesetzliche Grenzwert dafür liegt bei 90 Bq/Liter.
aus
http://www.focus.de/wissen/natur/ka...fukushima-der-weg-des-wassers_aid_615971.html
Die Angaben zu den gesetzlichen Höchstgrenzen sind Stuß. Ob das die Annahme berechtigt, daß die restlichen Angaben ebenso Stuß sind, kann ich nicht beurteilen. Aber nehmen wir einfach mal an, daß der Faktor 7,5 Millionen stimmt, dann wären das, wenn Japan die gleichen Grenzwerte hat wie Deutschland, 15 Milliarden Bq I-131 pro Liter.
So, nun schau Dir mal hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Halbwertszeit#Radioaktive_Halbwertszeit
Die Tabelle ‚ Zusammenhang zwischen Halbwertszeit und spezifischer Aktivität‘ an! Gleich in der ersten Zeile findest Du für I-131 4,6E12 Bq/mg. Das bedeutet, daß Du für die oben genannte Aktivität von 15 Milliarden Bq pro Liter, gut 3 Mikrogramm I-131 pro Liter haben mußt.
Wenn nun jemand schreiben würde, daß pro Tag 1,2 g I-131 ins Meer ‚geleitet‘ werden, dann würde sich das (für den Laien) überhaupt nicht erwähnenswert anhören, obwohl es, ganz anders als dies 400t pro Tag, eine tatsächliche quantitative Angabe wäre.
So, nun aber zu dem Eigentlichen Sinn meines Beitrages.
Ich kann nicht wirklich abschätzen, was Fukushima für Konsequenzen vor Ort und weltweit haben wird, weil das Ganze auch z.B. für Fachleute im Bereich Kerntechnik nicht vollständig überschaubar ist. Nahrungskette, wäre da z.B. solch ein Bereich, von dem ich kaum mehr weiß, als daß es dadurch zu überraschend hohen Konzentrationen mancher chemischer Elemente kommen kann. Die ‚berühmten‘ Pilze.
https://publikationen.sachsen.de/bdb/artikel/11724/documents/12316
In solchen Fällen versuche ich es 'einfach' mal mit einer ‚Worst Case‘ Rechnung. Sie wird mir zumindest auf einen Faktor von vielleicht 1000 bis 10000 (nach Unten) eine Abschätzung ermöglichen, was daraus maximal werden könnte.
Wieviel ‚Brennstoff‘ steckt eigentlich in solch einem Reaktor? Nach etwas suchen hab‘ ich das
1.In dem Kernkraftwerk Biblis (Druckwasserreaktor) befinden sich in einem Reaktor 193 Brennelemente, von denen jedes aus 236 Brennstäben besteht. Jedes Brennelement hat eine Länge von 4905 mm, einen Querschnitt von 230 mm mal 230 mm und ein Gewicht von 830 kg
gefunden. Aus:
http://de.wikipedia.org/wiki/Brennelement#Siedewasserreaktoren
Ich denke es lohnt sich nicht hier rauszufinden, wieviel in den dortigen Reaktorblöken war, ich nehme einfach mal die gut 10-fache Menge, also 10000 kg.
Es wird zwar mit Sicherheit nicht so sein, daß der gesamte Reaktorinhalt sich im Meer auflöst und es ist auch nur ein sehr kleiner Bruchteil der Gesamtmasse potentiell radioaktiv, aber auch das lasse ich mal unter den Tisch fallen und rechne so, als wären diese 10 Tonnen komplett I-131.
Ich habe hier I-131 deshalb gewählt, weil es durch seine relativ kurze Halbwertzeit eine relativ hohe spezifische Aktivität hat und nicht etwa wegen seiner kurzen Halbwertzeit, die ich bei meiner Rechnung gar nicht berücksichtige, also auch hier alles Schlechte in einen Topf und alles Gute fällt weg.
Hier finde ich eine Angabe zur Gesamtwassermenge auf der Erde.
http://de.wikipedia.org/wiki/Wasser#Vorkommen_auf_der_Erde
1,4 Milliarden Kubikkilometer
Das sind 1,4E21 Liter
Die spezifische Aktivität von I-131 betragt 4,6E12 Bq/mg (Quelle, sieh oben)
Wir verteilen nun im Geiste unsere Worst Case Annahme von 10 t I-131 auf diese 1,4E21 Liter und erhalten damit 7E-18 kg/l oder auch 7E-12 mg/l. Multipliziert mit der spezifischen Aktivität kommen wir dann auf 33 Bq pro l.
Du erinnerst Dich an die gesetzliche Freigrenze, von 2000 Bq pro Liter?
Das ändert nichts daran, daß das was dort passiert ist, eine richtig schlimme Katastrophe war und ist, aber es ermöglicht Dir vielleicht auch ein wenig besser, das Ganze nicht als eine Biosphärenapokalypse wahrzunehmen.
Und es ermöglicht Dir vielleicht auch, Bynaus‘ Posts dazu, als das zu sehen, was sie sind.
Herzliche Grüße
MAC