Hi Chimi,
wie sieht es denn mit dem Ambitionen des Beschenkten aus? Hat derjenige überhaupt schon mal durch ein Teleskop geguckt? Falls ja, wo war das? In einer Sternwarte? Bei einem Beobachtungsabend von anderen Hobbysternguckern im Garten/auf dem freien Feld? Wo ihm also andere die entsprechenden Motive am Himmel eingestellt haben?
Kennt sich derjenige denn überhaupt am Himmel aus?
Mit nem Teleskop (400 Euro ausgeben) ist es nicht getan.
So ein Teleskop muß transportiert und dann aufgebaut werden. Wenn ein Balkon, eine Terasse oder ein Garten vorhanden ist, geht das recht problemlos. Wenn man aber erstmal aus einer hell erleuchteten Stadt raus aufs Feld an einen dunklen Ort fahren muß, braucht man ein Auto. Dann ist es dort dunkel und ein Stadtmensch hat manchmal so seine Probleme mit den Geräuschen Nachts in der Natur.![]()
Dann (besonders im Herbst/Winter/Frühling) ist man nach dem Beobachtungsabend müde, durchgefrohren und mit klammen Fingern alles wieder abbauen, bruchsicher verstauen und heim fahren ist nicht zu unterschätzen.
Ich bin Mitarbeiterin einer Sternwarte, wo wir für unsere Besucher die Objekte am Himmel mit dem Teleskop einstellen und wir sie dann durchgucken lassen. Dabei erzählen mir unsere Besucher oft, daß sie sich ein Einsteigerteleskop (in Deinem Budgetrahmen) gekauft haben und nicht damit klarkommen. Sie finden am Himmel nicht die Objekte, die wir ihnen zeigen und sind etwas enttäuscht über ihr Teleskop.
Auch, weil sie durch die Werbung in Prospekten und auf der Verpackung vom Teleskop völlig falsche und überzogene Erwartungen haben, was ihr Teleskop denn so leisten können soll. Da sind bunte Bilder von Nebeln und Galaxien abgebildet, Planeten mit fantastischen Details und völlig sinnfreie Vergrößerungen angegeben.
Ehe Du also Geld in die Hand nimmst und etwas kaufst, solltest Du mit dem zu Beschenkenden erstmal zu einer Sternwarte gehen und gemeinsam durch ein Teleskop schauen. Damit Ihr beide live erlebt, was so ein Blick durch ein Teleskop prinzipiell zeigen kann.
Galaxien, Planetarische Nebel, Orionnebel... sind in einem Teleskop in Deinem Preisrahmen immer nur fluffige "graue Etwasse". Wie Zigarettenrauch vor dem Hintergrund aus bunten Sternen. Schwarzweiß, nicht in Farbe! Spiralarme in Galaxien wirst Du nicht erkennen können. Die gibt es entweder in deutlich teureren Teleskopen unter richtig dunklem (Alpen-)Himmel oder auf Fotografien. Nur an Sternen (die immer winzige Pünktchen bleiben, auch im größten Teleskop) und an Planeten wirst Du Farbe erkennen können. Zahrte Pastelltöne bei Jupiters Wolkenbändern, ein blendend weißer Ring an Saturn (zahrtgelbe Kugel) oder den orangeroten Mars mit einem kleinen weißen Sahnehäubchen (Polkappe) und dunkelgrauen Strukturen auf einer winzigen Planetenkugel.
Dann muß sich das Teleskop an die Außentemperatur angleichen können. Solange das Teleskop nicht wirklich genauso kalt ist wie die Umgebungstemperatur, hast Du eine fürchterliche Abbildung im Okular. Weil von der Linse oder dem Spiegel warme Luft aufsteigt und sich mit der kalten Nachtluft vermischt. Diese Verwirbelungen werden dann beim durchgucken vergrößert und alles zittert und schwabbelt und man kann nicht scharf stellen. Je nachdem, wie groß der Spiegel des Teleskopes ausfällt, kann das 30 Minuten oder mehrere Stunden dauern.
Also Teleskop aus dem warmen Wohnzimmer auf den Balkon stellen, sofort durchgucken und mal eben für 5 oder 10 Minuten Mond genießen is net. Dir und Deinem Freund muß klar sein, daß man immer die Zeit fürs Auskühlen mit einrechnen muß. Astronomie ist ein Hobby für geduldige Menschen.
Dann sollte auch die Bereitschaft da sein, sich mit Theorie zu beschäftigen. Ein paar Sernbilder und die Position der Hauptsterne auswendig lernen. Denn auch ein Goto-Teleskop findet die Objekte nur, wenn man es vorher korrekt eingenordet hat.
Dazu sollte man freie Sicht auf den Polarstern haben. Und nach der Ausrichtung der Montierung nach Norden und der Einstellung der Polhöhe (muß man nur 1x machen, wenn man immer vom gleichen Fleck aus beobachtet), muß man ein paar Sterne am Himmel sicher kennen. Denn beim sogenannten Alignment wird man als Teleskopbesitzer aufgefordert, den Stern xy genau in die Mitte vom Okular zu stellen. Sodele, da oben gibt es 5.000 Sterne, die man unter dunklem Himmel sehen kann. Wenn man also von der Teleskopsteuerung aufgefordert wird, den Stern Vega zu zentrieren, dann muß man wissen, welcher Stern da oben Vega ist...
Die Elektronik, die in einer solchen Goto-Steuerung verbaut ist, macht dann das Finden und Beobachten sehr angenehm. Aber sie kostet halt Geld. Bei einem Budget von 400 Euro bleibt dann abgesehen vom notwendigen Stativ, der Montierung, den Motoren und der Elektronik nicht mehr viel Geld für das eigentliche Teleskop übrig. Daher wird Einsteigern gerne ein Dobson empfohlen. Das ist ein Newton Teleskop in einem Holzrahmen, da muß man die Objekte selber finden und das Geld geht hauptsächlich in die Optik, also das Teleskop selber...
Eventuell wäre die Mitgliedschaft in einem Sternwartenverein oder einer losen Beobachtergruppe für den Einstieg besser? Da könnte man zusammen mit anderen die vorhandenen Teleskope nutzen, man lernt automatisch in der Beobachtergruppe, wie man Objekte am Himmel findet und kann sich für den Anfang erstmal aufs schauen konzentrieren. Hat man dann nach einiger Zeit etwas Erfahrung gesammelt, weiß man auch, was einem persönlich mehr Freude macht. Parallaktisch montiertes Teleskop oder "Dobson schubsen". Und mit der Erfahrung kann man dann genau das Teleskop kaufen, was einem die Objekte am besten zeigt, die man am liebsten beobachtet...
das erste Teleskop ist ein "rundum sorglos Teleskop" für den Einstieg zur Sonnen-, Mond- und Planetenbeobachtung. Durch seine kurze Brennweite kann man auch ausgedehntere Deepsky-Objekte beobachten, falls man an einem dunklen Beobachtungsplatz ist. Allerdings braucht man dann teurere Okulare mit größerem scheinbaren Gesichtsfeld als die mitgelieferten. Wirklich schnell und einfach aufgebaut, nach 40 Minuten ausgekühlt und zur Beobachtung bereit. Aber Du kannst später kein größeres Teleskop draufsetzen, das packt die Einarmgabel nicht. Die Mondkrater sind damit klasse. Du erkennst viele Details. Aber die Planeten sind bei der maximal sinnvollen Vergrößerung von 150-200 fach nur winzig kleine Murmeln. Bei Jupiter erkennst Du mit etwas Übung 2 Bänder, bei Saturn den Ring. Es ist auf Grund seiner azimutalen Montierung nicht für die Fotografie von Deepsky-Objekten wie Nebeln, Sternhaufen oder Galaxien geeignet. Webcamaufnahmen von Planeten oder Mondkratern sind machbar, eine DSLR wird an dem 1 1/4" Okularauszug schwer zu adaptieren sein und neben Fokusproblemen gibt es durch den engen Okularauszug auch deutliche Vignetierung.
Das zweite Teleskop ist ein Spezialteleskop für Mond und Planeten. Deepsky ist entgegen der Beschreibung nur sehr eingeschränkt machbar, weil seine Brennweite viel höher ist und es somit einen viel kleineren Himmelsausschnitt zeigt als das erste Teleskop. Seine kompakte Bauform erleichtert den Transport, aber es braucht viel länger als das erste Teleskop zum Auskühlen, weil es ein geschlossenes System ist. Im Winter mußt Du mit 2 Stunden rechnen. Und Du benötigst zwingend noch eine Tauschutzkappe, sonst beschlägt Dir die Meniskuslinse vorne am Teleskop. Auch dieses Teleskop ist nicht für die Fotografie von Deepsky-Objekten wie Nebeln, Sternhaufen oder Galaxien geeignet. Webcamaufnahmen von Planeten oder Mondkratern sind machbar, eine DSLR wird an dem 1 1/4" Okularauszug schwer zu adaptieren sein und neben Fokusproblemen gibt es durch den engen Okularauszug auch deutliche Vignetierung.
die Montierung unter dem 3. Teleskop muß von Hand nachgeführt werden. Dazu dreht man an Knöpfen für die Achsenbewegung. Dabei wird aber Zittern der Hand mit auf die Montierung übertragen und das merkt man am Bild im Okular. Da kann man später Motoren anbauen und eine Steuerung für die Nachführung nachrüßten. Aber für das ausgesuchte Teleskop ist die Montierung grenzwertig. Das Teleskop ist zu schwer und zu lang. Sobald man das Teleskop berührt, oder gaaanz leichter Wind herrscht, beginnt alles zu schwingen. Eigentlich gehört dieses Teleskop auf eine EQ-5. Eine EQ-5 läßt sich auch mit Elektromotoren für die Nachführung aufrüßten. Dann hätte man ein System, bei dem man später auch mal an (einfache) Fotografie denken könnte...
Bessere Okulare kann man zu allen ausgesuchten Teleskopen nachkaufen, Filter und Barlow-Linsen auch. Einen Filter für die Sonnenbeobachtung bastelt man sich am besten nach Anleitung auf der Baaderfolienpackung. Aber ich würde ein Teleskop mit 2" Okularauszug bevorzugen, weil man dann mehr Auswahlmöglichkeiten beim Zubehör hat und auch mal ne DSLR statt eines Okulars in den Okularauszug schieben könnte für Schnappschüsse vom Mond...
Du kannst bei jedem Teleskophändler auch andere Kombinationen als die von Dir verlinkten Einsteigergeräte anfragen. Denn die "Einsteigergeräte" als Paket haben immer eine zu schwach dimensionierte Montierung unten drunter. An der Montierung sollte man nicht sparen. Die muß so stabil wie bezahlbar sein!
Neben dem Teleskop samt Stativ und Montierung benötigt man unbedingt noch eine Rotlichttaschenlampe und ein Buch mit Aufsuchkarten, wenn man kein Goto-Teleskop will. Egal, ob azimutal oder parallaktisch montiert, denn dann muß man die Objekte per Starhopping aufsuchen.
Grüße
Sissy
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