Was ist Zeit?

Bernhard Kletzenbauer

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Wenn ein Bildschirmpixel seinen Zustand von weiß auf blau ändert, ohne seine räumliche Position zu ändern, ist doch auch Zeit verstrichen, ohne Bewegung...
Oder?

Zitat von Dgoe
Bewegung besteht aus Zustandsänderungen, oder?

Zumindest in Bezug auf die räumliche Position und damit auch der möglichen Wechselwirkungen mit anderen Objekten.

Gruß,
Klaus
 
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Bernhard Kletzenbauer

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Ich definiere die Zeit immer als Abstand zwischen Zuständen oder Ereignissen.
Beispiel: einatmen - ausatmen. Dazwischen liegt ein Zeitabstand von n Sekunden.


"Zustände" wäre wohl etwas exakter als "Vorgänge", auch wenn die Zeitmessung selbst ein Vorgang ist.
Andererseits sind Vorgänge, d.h. Zustandsänderungen, die Grundvoraussetzung dafür,
das es überhaupt so etwas wie Zeit gibt ...
 

Bernhard Kletzenbauer

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Sorry, ich hatte keine Zeit um nach Antworten nachzuschauen. Jetzt, nach der Urlaubsreise habe ich wieder mal im Forum nachgesehen.
Entfernungsmessung ist der Vergleich einer willkürlich festgelegten Entfernungseinheit mit einem Objekt.
Zeitmessung ist aber der Vergleich eines willkürlich festgelegten, gleichmäßigen Ablaufs mit einem zu messenden Ablauf.
Aber, auch wenn wir gleichmäßige Abläufe zum Vergleich nutzen, ändern sich diese Abläufe an verschiedenen Orten.
In Gravitationsfeldern oder bei Beschleunigung ändert sich der Takt für einen außenstehenden Beobachter. Derjenige Beobachter, der sich mit dem Taktgeber im selben Bezugssystem befindet wird aber keine Änderung feststellen können.
Weil Raum und Zeit relativ sind, ist die Lichtgeschwindigkeit immer die selbe.

Hallo Bernhard,
...Was ist, wenn es weltweit (universumsweit) nur ein Klicken gäbe. Das Klicken könnte gleichmäßig vor sich hin klicken oder auch unregelmäßig, beides wäre identisch, da es keine Relation gibt. Also wieviel Zeit zwischen 2 Klicks vergeht, kann nur relativ, mit einem Bezug beantwortet werden. Darauf wollte ich hinaus.

Gruß,
Dgoe
 

Dgoe

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@Klaus,

Eine Bewegung muss nicht unbedingt mit einer räumlichen Positionsänderung einhergehen.

@ B. K.,

In Deinem Pixel findet natürlich jede Menge auch räumliche Bewegung statt. Aber schönes Beispiel ansonsten. Eine reine Farbänderung ist auch Bewegung -ohne räumliche Änderung. Andererseits, das Licht, welches die Änderung verkündet, bewegt sich ja auch im Raum.

Nur ohne Zeit, keine Bewegung. Findet Bewegung statt, vergeht Zeit. Was war zuerst da?

Gruß,
Dgoe
 
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Klaus

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Nur ohne Zeit, keine Bewegung. Findet Bewegung statt, vergeht Zeit. Was war zuerst da?
Definiere mal, was Du mit 'zuerst' bei fehlendem Vorhandensein von Zeit meinst. ;)

PS: Um die Frage zu beantworten: Seit Anbeginn der Zeit gab es Veränderung und dies wird bis zum Ende aller Zeit so bleiben. (Klingt irgendwie fürchterlich philosophisch.)
 
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Dgoe

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Vielen Dank für die Antworten.

Zusammenfassend würde ich sagen, dass es Zeit erst gibt, wenn sich etwas bewegt oder verändert. Dies unmittelbar gleichzeitig, untrennbar verknüpft. Oder sogar identisch, nur unsere Anschauung trennt es sprachlich, je nach dem.

Einverstanden?

Gruß,
Dgoe
 

Skorpid

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Ich kam jetzt leider nicht dazu alle Seiten zu lesen, aber interessante Frage und interessante Gedankengänge.

Wir kamen ja jetzt dazu, dass es zur Existenz der Zeit einer Zustandsänderung in irgendeiner Form bedarf. Da habe ich doch als richtiger Laie auch Verständnisfragen (verzeiht meine Unwissenheit aber ich finde das Thema spannend):

a) Ist die Zeit in einem Zustand von sowohl existent als auch nichtexistent? Wenn ich den jetzigen Istzustand nehme und mit dem selbigen Istzustand vergleiche, hat sich nichts bewegt, es existiert also im Vergleich zweier Istzustände keine Zeit, erst wenn ich einen Ist- und War- oder Seinzustand vergleiche existiert die Größe Zeit. Es ist sozusagen nicht nur keine Zeit zwischen zwei Istzuständen verstrichen sondern es existierte keine Zeit?

b) Angenommen eine nichtfassbare göttliche Entität käme auf die Idee für unser Universum auf die Pausetaste zu drücken, sämtliche Bewegung aller Kräfte anzuhalten und nach ein paar Zeiteinheiten (gemessen aus einem Paralleluniversum das keinerlei Wechselwirkung mit unserem hat, ihr wisst wie ich es meine) wieder auf Play zu drücken, wir könnten diese Pause nicht messen oder gar wahrnehmen, oder? Vielleicht hält unser Universum ständig an (z.B. wenn in jedem Moment eine Alternativwelt entsteht)?

c) Verging vor dem Urknall unendlich viel Zeit da die Energie die in der Singularität steckte in (symetrischer?) Bewegung war oder verging Nichtzeit, da die gebundene Energie in keiner Bewegung war (wobei, dann hätte es ja keinen Urknall gegeben, wenn sich nichts bewegt hätte?)
 

Bernhard Kletzenbauer

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a) ..., erst wenn ich einen Ist- und War- oder Seinzustand vergleiche existiert die Größe Zeit. Es ist sozusagen nicht nur keine Zeit zwischen zwei Istzuständen verstrichen sondern es existierte keine Zeit?
Ja, ohne Änderung keine Zeit (siehe b).
Wenn der Ist- und War- oder Wird-Zustand identisch ist, gibt es ebenfalls keine feststellbare Zeit (und die Begriffe ergeben dann keinen Sinn).
Aber denkbar wäre, daß sich in einem begrenzten Bereich keine Zustände ändern und keine Ereignisse stattfinden. Doch rings um diesen Bereich herum ändert sich weiterhin das Universum. Dann vergeht innerhalb der unveränderten Zone keine Zeit, aber für diese Zone als Gesamtheit kann man trotzdem ein Alter angeben - nämlich in Bezug auf das drumherum sich ändernde Universum.

b) Angenommen eine nichtfassbare göttliche Entität käme auf die Idee für unser Universum auf die Pausetaste zu drücken, ... und nach ein paar Zeiteinheiten ... wieder auf Play zu drücken, wir könnten diese Pause nicht messen oder gar wahrnehmen, oder?
Nein, die Pause könnten wir nicht wahrnehmen. Wie sollte das ohne feststellbare Veränderung gehen?
 

Dgoe

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Da habe ich doch als richtiger Laie auch Verständnisfragen
Hallo Skorpid,

Ich kann Dir auch nur als Laie antworten, aber zu a) erst einige Gegenfragen:
Was ist ein Zustand, Istzustand, War- oder Seinzustand genau?

b) (...) gemessen aus einem Paralleluniversum das keinerlei Wechselwirkung mit unserem hat
Wie soll das gehen? Messen ohne messen zu können. Außerdem lassen sich alle Bewegungen sowieso nicht anhalten.

Stell Dir ein unzerstörbares Haus vor, das für alle Zeiten verriegelt ist, keiner weiß, was sich darin befindet. Es könnte mit Goldbarren vollgestapelt sein oder mit riesigen Diamanten oder eine Bibliothek haben, die alle großen Fragen beantwortet, oder leer sein. Es wäre egal. Man wird es nie erfahren.

Davon unabhängig, ein Tipp: google mal nach Relativitätsprinzip.

c) Verging vor dem Urknall unendlich viel Zeit da die Energie die in der Singularität steckte in (symetrischer?) Bewegung war oder verging Nichtzeit, da die gebundene Energie in keiner Bewegung war (wobei, dann hätte es ja keinen Urknall gegeben, wenn sich nichts bewegt hätte?)
Genau darüber habe ich mir hier auch Gedanken gemacht.

Gruß,
Dgoe
 

TomS

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Wir kamen ja jetzt dazu, dass es zur Existenz der Zeit einer Zustandsänderung in irgendeiner Form bedarf.
Siehe oben:
Es gibt verschiedene Zeitbegriffe; mir fallen schonmal drei ein: Koordinatenzeit, Eigenzeit, "Prozesszeit" im Sinne einer typischen Zeitskala einen physikalischen Systems. Auf welchen beziehst du dich?
Ich würde sagen, dass dein Satz nur auf die Prozesszeit zutrifft. Wenn wir die Raumzeit der ART als reine Geometrie voraussetzen, dann existieren bereits die ersten beiden geometrische Zeitbegriffe.

a) Ist die Zeit in einem Zustand von sowohl existent als auch nichtexistent?
Was ist ein Zustand? Was bedeutet es, dass "Zeit in einem Zustand existiert"?

Verging vor dem Urknall unendlich viel Zeit ...
s.o.

Gemäß der ART ist der Urknall gleichzusetzen mit der Entstehung der Raumzeit, also auch der geometrischen Zeitbegriffe. "Vor dem Urknall" ist also eine sinnlose Formulierung, so ähnlich wie "nördlich des Nordpols".
 

Dgoe

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Wenn wir die Raumzeit der ART als reine Geometrie voraussetzen, dann existieren bereits die ersten beiden geometrische Zeitbegriffe.
Hm,

angenommen im ganzen Universum gäbe es nur 2 Staubkörner, die 1 Millarde Lj. voneinander entfernt sind.
Gäbe es dann z. B. 45 Milliarden Lj. von denen entfernt auch Raumzeit und damit Zeit? Obwohl dort keinerlei Krümmung zu erwarten ist? Ich kann mir vorstellen, dass man gemäß der Theorie antwortet: ja. Obwohl da nix ist...

Gruß,
Dgoe


Edit:
Andereseits musste ich gerade über die Reichweite der Gravitation der beiden Staubkörner nachdenken, ohne befiedigendes Ergebnis.
 
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Bernhard

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angenommen im ganzen Universum gäbe es nur 2 Staubkörner, die 1 Millarde Lj. voneinander entfernt sind.
Da ähnelt die zugehörige Raumzeit extrem genau der Minkowski-Raumzeit. Da expandiert nix. Die Geometrie ist (pseudo-)euklidisch. Der Raum ist damit unendlich groß und euklidisch. In gewisser Weise ist da alles maximal simpel und entsprechend öde.
 

TomS

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Gemäß der ART gibt es absolut leere Raumzeit = Vakuumlösungen, z.B. die o.g. Minkowski-RZ sowie die deSitter-RZ, die Schwarzschildlösung für ein schwarzes Loch mit punktförmiger Singularität, materiefreien Raum mit Gravitationswellen, ... In deinem Fall läge so eine Lösung vor, wobei wir dann noch die zwei als masselos angenommenen Staubkörner hinzufügen; alternativ z.B. zwei stabile, nicht zerfallende Elementarteilchen.

Damit existiert rein geometrisch:
- eine 4-dim. RZ-Mannigfaltigkeit
- in der Umgebung jedes Punktes der RZ diverse Koordinatensystem (unendlich viele), und in jedem Koordinatensystem eine Koordinatenzeit
- entlang der Weltlinie jedes Staubkörnchens eine Eigenzeit des Staubkörnchens

Es findet jedoch kein Prozess statt = es geschieht nichts. Damit existiert keine Prozesszeit, keine tickende Uhr, kein Pendel, kein radioaktives Präparat, kein Schwingungsvorgang, ... der irgendwie ein Zeitnormal definieren würde und der es uns erlaubt, eine physikalische Zeit mittels Vergleich zu messen. Auch die o.g. Eigenzeit des Staubkörnchens ist nicht messbar, denn in unserem gedachten Staubkörnchen findet kein Prozess statt, der als Zeitnormal dienen könnte.
 

Klaus

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Die Geometrie ist (pseudo-)euklidisch. Der Raum ist damit unendlich groß und euklidisch.

Hallo Bernhard,
ohne daß endgültig geklärt ist, was Raum an sich physikalisch ist, läßt sich wohl nicht wirklich eine zuverlässige Aussage dazu machen.
Die Gleichberechtigung unterschiedlicher Inertialsysteme, das Verschwinden der euklidischen Geometrie bei Transformationen zwischen den
Inertialsystemen und der Einfluß der Gravitation auf den Zeitverlauf sprechen meines Erachtens nach dagegen, daß es im postulierten
Fall etwas wie einen globalen flachen und euklidischen Raum gäbe.
Persönlich würde ich vermuten, daß physikalischer Raum und der Zeitverlauf eher eine Art an Masse gekoppelte feldartige Verringerung der
Wechselwirkungswahrscheinlichkeit von Materie darstellen und beides nicht losgelöst von Masse existiert und bei inhomogener
Materieverteilung im Universum global ebenfalls entsprechend inhomogen wäre.
Wenn die Teilchen wie von Tom beschrieben als stabil angenommen werden würden, stellt sich die Frage ob sie physikalisch miteinander
reagieren könnten. Die Wechselwirkungswahrscheinlichkeit der Teilchen wäre jedenfalls 1, solange die Aufenthaltswahrscheinlichkeit
innerhalb des für die Reaktion notwendigen Radius nicht wirklich absolut 0 wäre.

Gruß, Klaus
 
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